Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Räumungsurteil

 

Normenkette

ZPO § 721 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 20.03.2008; Aktenzeichen 2 O 56/08)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des LG Berlin vom 20.3.2008 - 2 O 56/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Das KG verurteilte die Antragsteller am 7.3.2007, ein von ihnen genutztes sog. Townhouse in Berlin-Tempelhof zu räumen und an die Antragsgegnerin herauszugeben. Das KG bewilligte den Antragstellern zur Suche eines angemessenen Ersatzwohnraums gem. § 721 Abs. 1 S. 1 ZPO eine Räumungsfrist bis zum 30.9.2007. Noch vor Ablauf der Frist beantragten die Antragsteller beim LG Berlin, diese Frist letztlich mindestens bis zum 31.7.2008 zu verlängern. Zur Begründung führten sie zunächst an, dass das gerichtliche Verfahren durch Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH noch nicht abgeschlossen sei. Vor einer endgültigen Entscheidung könne ihnen aber eine Räumung nicht zugemutet werden. Später ergänzten sie, dass ihnen eine Räumung nicht vor Rechtskraft des Räumungsurteils zugemutet werden könne.

Das LG hat dem Antrag mit den Antragstellern am 23.4.2008 zugestelltem Beschluss nicht stattgegeben. Die Antragsteller trügen keine "neuen Tatsachen" zur Begründung ihres Gesuches vor. Die allerdings noch ausstehende Rechtskraft des Urteils vom 7.3.2007 sei kein zureichender Grund für eine Fristverlängerung. Schließlich sei die Erfolgsaussicht der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil vom 7.3.2007 auch gar nicht hinreichend dargetan.

Gegen diesen Beschluss legten die Antragsteller mit bei Gericht per Fax am 5.5.2008 zugestelltem Schriftsatz sofortige Beschwerde ein, der das LG nicht abhalf. Zur Begründung führten die Antragsteller neben den bisherigen Gründen im Wesentlichen an, dass sich die Sachlage geändert habe. Die Antragsgegnerin habe das Grundstück veräußert und habe so durch ihre Nutzung keine wirtschaftlichen Nachteile zu befürchten. Sie stünden mit der neuen Eigentümerin in - aus ihrer Sicht - sehr Erfolg versprechenden Verhandlungen über einen Mietvertrag. Bei Bemessung der Räumungsfrist müssten im Übrigen vor allem die gegenseitigen Interessen miteinander abgewogen werden. Danach würden ihre Interessen überwiegen. Denn durch eine Räumung erlitten sie wirtschaftliche und unwiederbringliche Nachteile.

Die Antragsteller beantragen, die Räumungsfrist unter Aufhebung des Beschlusses des LG vom 20.3.2008 bis zum 31.7.2008 zu verlängern.

II. Die Beschwerde der Antragsteller vom 5.5.2008 ist nach §§ 721 Abs. 6 Nr. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und zulässig; insbesondere wurde sie frist- und formgerecht erhoben. Sie ist aber unbegründet. Die Antragsteller haben keinen Anspruch auf Verlängerung der ihnen mit Urteil vom 7.3.2007 bis zum 30.9.2007 bewilligten Räumungsfrist. Die Voraussetzungen, unter denen nach § 721 Abs. 3 S. 1 ZPO eine Räumungsfrist verlängert werden kann, liegen nicht vor.

Nach ihrem Sinn und Zweck dient die Bestimmung des § 721 ZPO nach Ansicht von einigen Stimmen vor allem dem Interesse der Allgemeinheit, Obdachlosigkeit mit all ihren unerwünschten sozialen Folgen möglichst zu vermeiden (vgl. nur Gather, DWW 1995, 5 [11]). Dass eine Obdachlosigkeit den vermögenden Antragstellern droht, ist indes nicht erkennbar. Die Antragsteller tragen diese Gefahr nicht vor. Die Antragsteller haben etwaig fehlgeschlagene Bemühungen, Ersatzwohnraum zu erhalten, ungeachtet des Hinweises des Senats vom 18.6.2008 weder dargelegt noch ist diese Gefahr angesichts des Zeitablaufs seit dem Räumungsurteil, der Wohlhabenheit der Antragsteller und des hier betroffenen oberen "Preissegments" glaubhaft. Für die Frage, ob eine Räumungsfrist zu verlängern ist, kommt es neben anderen Momenten aber im Wesentlichen darauf an, ob der Räumungsschuldner sich nach der erstmaligen Bewilligung dieser Frist hinreichend um eine Ersatzwohnung bemüht hat (BGH v. 27.6.1990 - XII ZR 73/90, NJW 1990, 2823; vgl. auch Buche, MDR 1972, 189 [194]).

Nach anderen Stimmen beruht § 721 Abs. 1 ZPO auf der Erwägung, dass die Durchsetzung des Räumungsanspruchs für den Nutzer mit einer besonderen Härte verbunden sein kann (so Blank, in: Schmidt-Futterer, 9. Aufl. 2007, § 721 ZPO Rz. 1). Danach soll die Räumung dann hinausgeschoben und die Räumungsfrist verlängert werden können, wenn den Wohnungsnutzer die Räumung unverhältnismäßig trifft. Auch eine solche unverhältnismäßige Härte ist nicht erkennbar. Bei der Bewertung der von den Antragstellern für ihre Ansicht ins Feld geführten Nachteile und Härten muss dabei in Rechnung gestellt werden, dass das Räumungsurteil bereits jetzt über ein Jahr zurückliegt. Jedenfalls in einem solchen Fall muss wegen der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG das Interesse des Gläubigers, an der Wiedererlangung seines Eigentums, was wegen § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO auch im Falle einer Veräußerung gilt, Interessen des S...

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