Entscheidungsstichwort (Thema)
Reichweite der dem Betreuer eines prozessunfähigen Ehegatten erteilten vormundschaftlichen Genehmigung für die Einreichung eines Ehescheidungsantrages
Leitsatz (amtlich)
Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung des von einem Betreuer für einen prozessunfähigen Ehegatten gestellten Scheidungsantrags nach § 607 Abs. 2 S. 2 ZPO betrifft nur die Rechtssphäre dieses Ehegatten. Durch die Genehmigung wird nur das - durch die Prozessunfähigkeit beeinträchtigte - Recht des Ehegatten wieder hergestellt, seinerseits bei gescheiterter Ehe deren Auflösung herbeizuführen. Der andere Ehegatte ist nicht befugt, im eigenen Namen Rechtsmittel gegen die Genehmigung einzulegen. Seine Einwendungen gegen den Scheidungsantrag kann er nur im Scheidungsverfahren geltend machen.
Normenkette
FGG § 20 Abs. 1; ZPO § 607 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 14.03.2005; Aktenzeichen 87 T 89/05) |
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 52-XVII H 1326) |
Tenor
1. Die weitere Beschwerde wird bei einem Verfahrenswert von bis zu 1.000 EUR zurückgewiesen.
2. Unter Abänderung des Beschlusstenors zu 2) des Beschlusses des LG vom 14.3.2005 wird dem Beschwerdeführer Akteneinsicht gewährt.
Gründe
A.I. Das Rechtsmittel des Beschwerdeführers ist als weitere Beschwerde statthaft, soweit das LG seine Beschwerde gegen den Beschluss des AG Charlottenburg vom 29.11.2004 als unzulässig verworfen hat, § 27 Abs. 1 FGG. Aus dieser, für den Beschwerdeführer nachteiligen Entscheidung folgt seine Beschwerdeberechtigung (Keidel/Kuntze/Winkler/Meyer/Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 10).
II. Die weitere Beschwerde ist jedoch unbegründet. Der Beschluss des LG beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, § 27 Abs. 1 S. 1 FGG. Zutreffend hat das LG die Beschwerde mangels Beschwerdebefugnis des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen.
Da die Voraussetzungen der speziellen, im Gesetz geregelten Fälle einer Beschwerdebefugnis des Ehegatten gegen seinen Ehegatten betreffende vormundschaftsgerichtliche Entscheidungen nicht vorliegen, vgl. §§ 69g Abs. 1, 69i Abs. 1 und 3 FGG, konnte sich die Befugnis des Beschwerdeführers, die Entscheidung des AG vom 29.11.2004 anzufechten, nur aus § 20 Abs. 1 FGG ergeben. Danach steht die Beschwerde jedem zu, dessen Recht durch eine Verfügung des Gerichts der ersten Instanz beeinträchtigt ist. Vorliegend sind keine Rechte des Beschwerdeführers beeinträchtigt.
Soweit der Gesetzgeber die Wirksamkeit bestimmter Handlungen eines Betreuers von der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung abhängig gemacht hat, wird damit regelmäßig das Ziel verfolgt, den Betreuten vor Fehlentscheidungen seines Betreuers zu schützen. In der Rechtsprechung ist es seit jeher anerkannt, dass etwa die Frage der Erteilung oder Versagung von Genehmigungen nach § 1828 BGB nur das Verhältnis des VormG zu dem Vormund betrifft und daher in die Rechtssphäre eines Dritten, der auf die Erteilung der Genehmigung kein Recht hat, grundsätzlich nicht eingegriffen wird (KG KGJ 52, 46 [47]; KGJ 27, 172 [175]). Infolgedessen steht dem Dritten ein Recht zur Beschwerde gem. § 20 Abs. 1 FGG gegen die gerichtliche Genehmigung regelmäßig nicht zu (KG JFG 13, 23 [24]). Entsprechendes gilt für die Genehmigung nach § 607 Abs. 2 S. 2 ZPO. Der gesetzliche Vertreter eines geschäftsunfähigen Ehegatten soll nicht uneingeschränkt die Scheidung beantragen bzw. die Aufhebungsklage erheben können, weil dies dem höchstpersönlichen Charakter der Ehe widerspräche (Wieczorek/Schütze/Becker/Eberhard, ZPO, 3. Aufl., § 607 Rz. 1; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 21. Aufl., § 607 Rz. 1; Musielak/Borth, ZPO, 4. Aufl., § 607 Rz. 1). Seine Entscheidung hat das VormG allein danach auszurichten, ob die Genehmigung dem wohlverstandenen Interesse des geschäftsunfähigen Ehegatten entspricht (Wiczorek/Schütze/Becker/Eberhard, ZPO, 3. Aufl., § 607 Rz. 17; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 21. Aufl., § 607 Rz. 5; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 607 Rz. 9; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 63. Aufl., § 607 Rz. 5; BGH v. 7.11.2001 - XII ZR 247/00, MDR 2002, 395 = BGHReport 2002, 197 = FamRZ 2002, 316 ff.). Auf die Interessen des anderen Ehegatten kommt es dabei nicht an.
Durch die Genehmigung nach § 607 Abs. 2 S. 2 ZPO wird auch nicht das durch Art. 6 Abs. 1 GG i.V.m. § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB geschützte Recht des Beschwerdeführers zur ehelichen Lebensgemeinschaft unmittelbar beeinträchtigt, was Voraussetzung für eine Beschwerdebefugnis nach § 20 Abs. 1 FGG wäre (Jansen, FGG, 2. Aufl., § 20 Rz. 42). Die Genehmigung gewinnt für den anderen Ehegatten keine unmittelbare Bedeutung. Dabei ist es unerheblich, dass durch die Genehmigung vorliegend der Mangel der Vertretungsbefugnis des Betreuers im bereits anhängigen Scheidungsverfahren geheilt wird (OLG Hamm v. 12.6.1989 - 4 UF 221/88, FamRZ 1990, 166 [167]), so dass die Genehmigung unmittelbare Rechtswirkungen entfaltet. Diese betreffen aber - noch - nicht die durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Rechtssphäre des Beschwerdeführers. Durch die Genehmigung...