Leitsatz (amtlich)
Der Wert einer auf Auflassung eines Grundstücks gerichteten Klage bemisst sich jedenfalls dann nach dem Wert streitiger Gegenforderungen, wenn jener im Vergleich zu dem Wert des Grundstücks von nur untergeordneter Bedeutung ist und die Pflicht zur Abgabe der Auflassungserklärung dem Grunde nach unstreitig besteht.
Normenkette
ZPO § 3
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 36 O 335/02) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Kläger vom 3.9.2002 wird der Streitwert unter Aufhebung der Beschlüsse des LG Berlin vom 30.7.2002 und 9.10.2002, 36 O 335/02, auf 12.541,69 Euro festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist gem. § 25 Abs. 3 GKG i.V.m. § 569 ZPO statthaft und zulässig, obwohl das LG den Streitwert mit Beschluss vom 30.7.2002 dem Wortlaut nach nur vorläufig auf 208.484,37 Euro (= Verkehrswert der Immobilie) festgesetzt hat.
Eine vorläufige Streitwertfestsetzung ist zwar nach der gesetzlichen Regelung gem. § 25 Abs. 1, § 6 GKG nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 31. Aufl., § 25 GKG Rz. 14; Markl/Meyer, Gerichtskostengesetz, 4. Aufl., § 25 Rz. 3, 8; OLG Brandenburg MDR 2000, 174), sondern nur ein Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht wird.
Der ausführlich begründete Nichtabhilfebeschluss des LG zeigt aber, dass die Streitwertfestsetzung vom 30.7.2002 inhaltlich als eine endgültige zu verstehen ist, so dass eine sofortige Beschwerde zulässig ist.
Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Der Senat teilt die Auffassung des LG im vorliegenden Fall nicht, dass der Streitwert einer auf die Erklärung einer Auflassung gerichteten Klage auch dann mit dem vollen Verkehrswert des Grundstückes anzusetzen ist, wenn die Auflassung nur wegen des Streites über einen geringen Teilbetrag des Kaufpreises verweigert wird. Dies gilt jedenfalls für den vorliegenden Fall, in welchem die Kläger bereits rechtmäßige unmittelbare Besitzer sind und hierüber kein Streit besteht.
Das LG weist zu Recht darauf hin, dass die Frage der Bemessung des Streitwertes in diesem Fall nach wie vor in Literatur und Rechtsprechung äußerst umstritten ist.
Eine noch als vorherrschende Meinung bezeichnete Auffassung vertritt den Standpunkt, dass sich der Wert einer Auflassungsklage generell gem. § 6 ZPO nach dem Verkehrswert des Grundstückes richtet (vgl. zB: BGH v. 12.9.2000 – X ZR 89/00, NJW-RR 2001, 518; OLG Stuttgart JurBüro 2002, 424 f.; OLG Celle v. 7.9.1998 – 16 W 58/98, OLGReport Celle 199, 200; OLG München v. 10.3.1997 – 28 W 2542/96, MDR 1997, 599 = NJW-RR 1998, 142: KG v. 28.1.1997 – 19 W 421/97, KGReport 1997, 57; OLG Frankfurt, OLGReport Frankfurt 1995, 238; OLG Nürnberg v. 10.3.1995 – 12 W 791/95, MDR 1995, 966; Schwertfeger, 2. Aufl., § 3 ZPO Rz. 35 m.w.N. zur FN 36).
Demgegenüber wird immer häufiger die Auffassung vertreten, dass der Streitwert gem. § 3 ZPO nach dem Interesse des Klägers festzusetzen sei, das bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise häufig mit dem Wert der alleine streitigen Gegenforderung identisch ist (BGH BauR 2002, 520: für eine Klage auf Vollzug der bereits erklärten Auflassung; KG, Beschl. v. 23.10.2001 – 27 W 329/01 [nicht veröffentlicht]; OLG Schleswig v. 19.12.1997 – 2 U 65/97, OLGReport Schleswig 1998, 156; OLG Frankfurt v. 11.10.1995 – 23 W 14/95, OLGReport Frankfurt 1996, 58 = NJW-RR 1996, 636; OLG Stuttgart IBR 1995, 141; OLG Düsseldorf OLGReport Düsseldorf 1993, 348; OLG Celle JurBüro 1983, 1391; OLG Köln ZIP 1981, 781; OLG Frankfurt JurBüro 1979, 1885; OLG Braunschweig NJW 1973, 1982; Musielak/Smid, ZPO, 3. Aufl., § 3: „Auflassung”; Wagner in Beilage 1/2002 zur ZNotP; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 342: bei minimalen Gegenforderungen).
Vereinzelt wird auch die Auffassung vertreten, der Streitwert sei i.H.d. Gegenforderung zzgl. eines Bruchteils des Verkehrswertes festzusetzen (so jetzt OLG Celle NJW-RR 2001, 712 in Abänderung der früheren eigenen Rechtsprechung, die den Streitwert nur auf einen Bruchteil des Verkehrswertes festsetzte, vgl. OLG Celle NJW-RR 1998, 141).
Welcher der dargestellten Auffassungen generell der Vorzug gebührt, kann dahinstehen. Im vorliegenden Fall bestehen jedoch Besonderheiten, die es rechtfertigen, den Streitwert gem. § 3 ZPO abweichend vom Verkehrswert des Grundstückes auf den von den Klägern angegebenen Wert von 12.541,69 Euro festzusetzen.
Hierbei handelt es sich um den höchstmöglichen Wert etwaiger Gegenforderungen der Beklagten. In dieser Höhe ist den Klägern ein Mahnbescheid zugestellt worden, der allerdings nach Einlegung eines Widerspruchs nicht mehr begründet wurde. Aus dem von den Klägern eingereichten Schreiben der Beklagten vom 23.2.2001 ergibt sich sogar, dass diese nur eine Restzahlung i.H.v. 15.893,02 DM (= 8.125,97 Euro) verlangt haben. Dies ist ein Indiz dafür, dass der Wert einer Gegenforderung bei realistischer Betrachtung nu...