Normenkette
ZPO § 3; GKG § 12 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 21.05.2002; Aktenzeichen 36 O 132/02) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Streitwert in Abänderung des Beschlusses des LG Berlin vom 21.5.2002 – 36 O 132/02 – auf 5.815,95 Euro festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gegen diesen Beschluss wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Gründe
Die gem. § 25 Abs. 3 GKG zulässige Beschwerde des Klägers hat in der Sache Erfolg.
Nach dem Vorbringen des Klägers, welches durch die eingereichte Vorkorrespondenz bestätigt wird, streiten die Parteien der Sache nach lediglich um die Frage, ob die letzte Kaufpreisrate des notariellen Grundstückskaufvertrages vom 19.12.1997 i.H.v. 3,5 % des Gesamtkaufpreises von 166.169,86 Euro (225.000 DM) durch Aufrechnung mit Gegenforderungen sowie durch Minderung erloschen ist. Es stellt sich daher die in Rspr. und Schrifttum seit langem umstrittene Rechtsfrage, ob für die Klage auf Auflassung bzw. Herausgabe eines Grundstücks auch dann dessen voller Verkehrswert maßgebend ist, wenn sich die Gegenseite lediglich mit einem Zurückbehaltungsrecht wegen einer im Vergleich zum Verkehrswert minimalen Gegenforderung verteidigt (vgl. die Nachweise bei Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 341 ff.). Nach Auffassung des Senats ist es in derartigen Fällen sachgerecht, den Gebührenstreitwert gem. § 12 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO nach der Höhe der streitigen Gegenforderung festzusetzen und nicht den vollen Verkehrswert des Grundstücks zugrunde zu legen. Die Vorschrift des § 6 ZPO steht dem nicht entgegen. Unabhängig von der Frage, ob § 6 ZPO von seinem Wortlaut her überhaupt einschlägig ist (zweifelnd OLG Frankfurt v. 11.10.1995 – 23 W 14/95, OLGReport Frankfurt 1996, 58 = NJW-RR 1996, 636), wird im Schrifttum zutreffend darauf hingewiesen, dass nach § 12 Abs. 1 GKG die Vorschriften der ZPO nur entspr. anzuwenden sind (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 344). In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der Gebührenstreitwert keinesfalls immer mit dem in den §§ 3 ff. ZPO geregelten Zuständigkeitsstreitwert gleichzusetzen ist, wie beispielsweise die Regelungen über die Widerklage (§ 5 2. Halbs. ZPO einerseits, § 19 Abs. 1 GKG andererseits) sowie über die Stufenklage (§ 5 1. Halbs. ZPO einerseits, § 18 GKG andererseits) zeigen. Eine uneingeschränkte Anwendung des § 6 ZPO würde gerade in Fällen wie dem vorliegenden zu wirtschaftlich untragbaren Ergebnissen führen (vgl. OLG Frankfurt v. 11.10.1995 – 23 W 14/95, OLGReport Frankfurt 1996, 58 = NJW-RR 1996, 636; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 343). Wollte man den Streitwert mit dem LG entspr. dem für das Grundstück vereinbarten Kaufpreis auf 166.169,86 Euro festsetzen, so würden die Kosten erster Instanz im Fall eines str. Urteils ohne vorangegangene Beweisaufnahme beinahe doppelt so hoch werden, wie die tatsächlich im Streit befindliche Forderung von 5.815,95 Euro. Für eine einschränkende Auslegung des § 6 ZPO spricht auch, dass im eigentlichen Anwendungsbereich dieser Vorschrift, nämlich bei der Berechnung des Wertes der Beschwer (vgl. § 2 ZPO), nach allgemeiner Meinung nur auf den Wert der Gegenleistung abzustellen ist, wenn sich das Rechtsmittel hierauf beschränkt (Baumbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 6 Rz. 6, 8 m.w.N.), obwohl die Interessenlage der Parteien bei wirtschaftlicher Betrachtung keine andere ist als in der ersten Instanz, für die der wesentlich höhere Streitwert gelten soll. So hat der BGH auch in der vom Kläger zitierten Entscheidung (BGH DNotZ 2002, 216 ff.) den Streitwert für eine Klage auf Zustimmung zur Eigentumsübertragung bezüglich eines Grundstücks gem. § 3 ZPO nach dem Wert der streitigen Gegenforderung geschätzt. Zwar hat er in den Gründen darauf hingewiesen, dass die Kläger im dortigen Fall weder die Übertragung des Besitzes noch eine Erklärung der Beklagten angestrebt haben, die materiell-rechtlich oder grundbuchrechtlich Voraussetzung für eine Eigentumsübertragung war. Die Interessenlage der Parteien dürfte jedoch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die gleiche gewesen sein, da es den Klägern im dortigen Fall darum ging, ein dem Vollzug der Eigentumsumschreibung noch entgegenstehendes Hindernis zu beseitigen. In einer früheren Entscheidung zum Gegenstandswert bei einer Klage auf Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft (BGH NJW 1975, 1415 ff.) hat der BGH in Abkehr von seiner früheren Rspr. eine Anwendung des § 6 ZPO abgelehnt und den Wert entspr. § 3 ZPO entspr. dem Interesse des Klägers an der Erbauseinandersetzung bestimmt. Zur Begründung hat er u.a. ausgeführt, die Anwendung des § 3 ZPO vermeide, dass die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung eines einzelnen Miterben bei der Nachlassauseinandersetzung durch einen Streitwert erschwert werde, dessen Höhe dem wirtschaftlichen Interesse des klagenden Miterben nicht gerecht werde (BGH NJW 1975, 1415 [1416]). Auch in Fällen ...