Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung der Terminsanberaumung nach Vergleich im einstweiligen Verfügungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Die Unwirksamkeit eines zur Beendigung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens ohne Widerrufsvorbehalt geschlossenen Vergleichs, der über den Verfahrensgegenstand hinausgehende Regelungen enthält, ist nicht in Fortsetzung dieses Verfahrens zu überprüfen.
2. Das Gericht kann den Antrag auf Anberaumung eines Fortsetzungstermins in dem durch Vergleich beendeten Verfügungsverfahren durch Beschluss ablehnen.
Normenkette
ZPO §§ 252, 935
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 10.10.2013; Aktenzeichen 16 O 301/13) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Berlin vom 10.10.2013 - 16 O 301/13 - wird auf seine Kosten nach einem Wert von 4.500 EUR zurückgewiesen.
Gründe
I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den seinen Antrag auf Anberaumung eines Fortsetzungstermins zurückweisenden Beschluss des LG Berlin vom 10.10.2013 ist gem. §§ 252, 567, 569 ZPO zulässig. Der sofortigen Beschwerde unterliegen gem. § 252 ZPO neben der Aussetzung alle sonstigen Maßnahmen, die in ihrer Wirkung einer Aussetzung gleichkommen (vgl. Gehrlein in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl., § 252 Rz. 13; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 252 Rz. 1, jew. m.w.N.).
Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das LG hat die Fortsetzung des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Anberaumung eines weiteren Verhandlungstermins mit Recht abgelehnt. Denn das Verfahren ist durch den in der mündlichen Verhandlung vom 16.7.2013 geschlossenen Prozessvergleich beendet worden. Die Unwirksamkeit des Vergleichs kann nicht durch Fortsetzung dieses Verfahrens geltend gemacht werden, da der Vergleich ohne Widerrufsvorbehalt geschlossen worden ist und über den Gegenstand dieses Verfahrens hinausgehende Regelungen enthält. Das LG durfte auch - wie geschehen - über die Ablehnung der Verfahrensfortsetzung durch Beschluss entscheiden.
1. Allerdings ist ein Streit über die Rechtswirksamkeit eines Prozessvergleichs auf Antrag einer Partei grundsätzlich durch Fortsetzung des bisherigen Rechtsstreits auszutragen. Maßgeblich ist dafür vor allem die Erwägung, dass ein nichtiger Prozessvergleich nicht zur Beendigung des Ursprungsverfahrens geführt hat und daher einer neuen Klage, jedenfalls soweit mit ihr das ursprüngliche Prozessziel bei unverändertem Streitgegenstand weiterverfolgt werden soll, der Einwand der Rechtshängigkeit entgegenstehen würde. Die Frage, ob ein Prozessvergleich aus sachlichrechtlichen Gründen nichtig oder anfechtbar ist, muss daher grundsätzlich durch Fortsetzung des bisherigen Rechtsstreits geklärt werden, sofern durch die Geltendmachung der Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit die Beendigung des Rechtsstreits durch den Vergleich in Frage gestellt wird (vgl. zu Vorstehendem BGH NJW 1999, 2903; Wolfsteiner in MünchKomm/ZPO, a.a.O., § 794 Rz. 73; Zöller/Stöber, a.a.O., § 794 Rz. 15a, 15b; PG/Scheuch, ZPO, 5. Aufl., § 794 Rz. 24, jew. m.w.N.). Jedoch gilt dieser Grundsatz nicht ausnahmslos. Für eine Fortsetzung des bisherigen Verfahrens ist etwa dann kein Raum, wenn im Prozessvergleich über den Verfahrensgegenstand hinausgehende Rechtsverhältnisse mitgeregelt worden sind und nur die Unwirksamkeit der darauf bezogenen Abreden geltend gemacht wird (vgl. BGHZ 87, 227; Zöller/Stöber, a.a.O., Rz. 15d; PG/Scheuch, a.a.O., Rz. 24; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 17. Aufl., § 130 Rz. 53).
Von Vorstehendem ist grundsätzlich auch bei einem im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abgeschlossenen Prozessvergleich auszugehen. Bei einem Streit um die Wirksamkeit ist daher nach dem Inhalt des Vergleichs zu differenzieren. Sofern durch den Vergleich nur die einstweilige Sicherung geregelt und das einstweilige Verfügungsverfahren beendet werden sollte oder der Vergleich unter Widerrufsvorbehalt abgeschlossen wurde, ist über die Wirksamkeit in Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden. Soweit durch den Vergleich jedoch bereits die Hauptsache oder sonstige Parteibeziehungen mitgeregelt wurden, kann der Streit über dessen Wirksamkeit nicht im bisherigen Verfahren entschieden werden, da der Gegenstand der Hauptsache nicht im Sicherungsverfahren verhandelt werden kann. Eine Überprüfung im Eilverfahren würde auch dessen auf schnellen und effektiven, aber nur einstweiligen Rechtsschutz gerichteten Zweck widersprechen. Dieser Streit ist daher in einem neuen ordentlichen Erkenntnisverfahren auszutragen (ganz herrschende Auffassung, vgl. zu Vorstehendem OLG Köln MDR 1971, 671; OLG Hamm MDR 1980, 1019; OLG Koblenz OLGReport Koblenz 2007, 313; OLG Rostock, Urt. v. 19.7.1995 - 2 U 22/95; Urt. v. 16.6.2010 - 1 U 13/10; Drescher in MünchKomm/ZPO, a.a.O., vor §§ 916 ff. Rz. 24; PG/Scheich, a.a.O., § 794 Rz. 26; Musielak/Lackmann, ZPO, 10. Aufl., § 794 Rz. 21 mit Fn. 84; Grunsky in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., vor § 916 Rz. 25; Münzberg in Stein/Jonas, a.a.O., § 794 Rz. 63; Wieczo...