Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzicht auf Erstattung der bereits durch die Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts entstandenen Gebühren

 

Leitsatz (amtlich)

Sofern der Rechtsanwalt ggü. der Staatskasse auf die Erstattung der bereits durch die Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts entstandenen Gebühren verzichtet, kann er diese Gebühren nicht von seinem Mandanten verlangen.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 04.08.2003; Aktenzeichen 175 F 2057/00)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 4.8.2003 wird auf seine Kosten bei einem Wert von bis zu 300 Euro zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsgegnerin wurde in dem von ihr betriebenen Scheidungsverfahren mit Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 6.11.2000 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwälte W. bewilligt. Auf Antrag der Antragsgegnerin wurden diese Rechtsanwälte entpflichtet und der Antragsteller mit Beschluss vom 8.10.2001 beigeordnet, "allerdings nur insoweit, als noch nicht durch die Beiordnung der Rechtsanwälte Gebühren entstanden sind".

Mit Antrag vom 2.1.2002 hat der Antragsteller die Festsetzung der Prozessgebühr nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer gegen die Antragsgegnerin gem. § 19 BRAGO beantragt. Diesen Antrag hat das AG - Rechtspflegerin - mit Beschluss vom 4.8.2003 mit der Begründung zurückgewiesen, der Antragsteller könne gem. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO eine Vergütung von der Antragsgegnerin nicht verlangen. Gegen diesen ihm am 21.10.2003 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner am 24.10.2003 bei dem AG eingegangenen sofortigen Beschwerde. Er ist der Ansicht, für die streitige Prozessgebühr könne die Forderungssperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht eingreifen, da er nur insoweit beigeordnet worden sei, als für die zuvor beigeordneten Rechtsanwälte Gebühren nicht entstanden waren.

II. Das Rechtsmittel des Antragstellers ist gem. § 19 Abs. 2 S. 3 BRAGO i.V.m.§ 104 Abs. 3 ZPO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Der Antragsteller kann die Festsetzung der Prozessgebühr nicht verlangen, weil der Antragsgegnerin Prozesskostenhilfe bewilligt und der Antragsteller ihr mit Beschluss vom 8.10.2001 beigeordnet worden ist. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt, dass der beigeordnete Rechtsanwalt Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen kann, § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.

Die im Beschluss vom 8.10.2001 - mit Zustimmung des Antragstellers (Schriftsatz vom 5.9.2001) - ausgesprochene Beschränkung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Damit wird nicht etwa die - für § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO allein maßgebliche - Beiordnung eingeschränkt. Vielmehr wird damit nur ausgesprochen, dass dem Rechtsanwalt eine Prozesskostenhilfe-Vergütung nur insoweit zustehen soll, als Gebühren noch nicht durch die Beiordnung der ersten Rechtsanwälte entstanden waren.

Der Senat folgt nicht der teilweise vertretenen Auffassung, dass der Rechtsanwalt trotz § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO einen durchsetzbaren Vergütungsanspruch gegen den eigenen Mandanten hat, soweit sein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse wirksam eingeschränkt ist (so OLG Köln v. 10.1.1997 - 4 WF 152/96, OLGReport Köln 1998, 352; OLG Düsseldorf v. 23.3.1999 - 10 WF 2/99, OLGReport Düsseldorf 1999, 388). Der Hinweis auf die Rechtslage bei einer nur teilweisen Bewilligung von Prozesskostenhilfe geht fehl, da in diesem Fall der Rechtsanwalt eben nur für einen Teil des Streitgegenstandes beigeordnet wird, so dass auch die Forderungssperre nur diesen Teil erfassen kann. Das Argument, dass anderenfalls der zeitlich später beigeordnete Rechtsanwalt an Stelle seines Mandanten im wirtschaftlichen Ergebnis die Mehrkosten eines Anwaltswechsels zu tragen hätte, überzeugt nicht. Dies ist Folge des erklärten Verzichts auf Gebührenansprüche ggü. der Staatskasse. Die zu Gunsten der bedürftigen Partei getroffene, eindeutige Regelung in § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann nicht durch den Verzicht auf Gebührenansprüche ggü. der Landeskasse umgangen werden.

Ob etwas anderes anzunehmen wäre, wenn der später beigeordnete Rechtsanwalt den Mandanten vorher darauf hinweist, dass die von der Staatskasse nicht zu erstattenden Kosten von ihm, dem Mandanten, zu tragen seien (so Madert/Müller-Rabe, Kostenhandbuch Familiensachen, Rz. O 38), was im Hinblick auf die grundsätzliche Unwirksamkeit derartiger Abreden im Zusammenhang mit dem Prozesskostenhilfeantrag zweifelhaft erscheint, kann hier offen bleiben. Eine derartige Absprache wird auch von dem Beschwerdeführer nicht behauptet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde gem. §§ 19 Abs. 2 S. 2 BRAGO, 104 Abs. 3, 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu, um eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung zu ermöglichen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1255843

FamRZ 2004, 1737

NJOZ 2004, 1435

RVG-Letter 2004, 60

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