Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO: Stillschweigend erklärte Unzuständigkeit
Verfahrensgang
Tenor
Das AG Plauen wird als das örtlich zuständige Gericht bestimmt.
Gründe
I. Das AG Schöneberg und das AG Plauen streiten über die örtliche Zuständigkeit für ein Verfahren, in dem die Klägerin Vergütungsansprüche aus einem Mobilfunkvertrag geltend macht. Die Klägerin hatte zunächst den Erlass eines Mahnbescheides beim AG Hamburg beantragt und das AG Schöneberg als dasjenige Gericht bezeichnet, an das das Verfahren im Falle eines Widerspruches abzugeben sei. Der sodann erlassene Mahnbescheid wurde dem Beklagten unter einer Anschrift, die im Bezirk des AG Schöneberg liegt, zugestellt. Der Beklagte legte am 4.10.2006 Teilwiderspruch ein, was das AG Hamburg der Klägerin am selben Tage mitteilte. Die Klägerin meldete sich daraufhin beim AG Hamburg erst wieder mit dem Schriftsatz vom 19.8.2008. Hierin teile sie u.a. eine neue Wohnanschrift des Beklagten im Bezirk des AG Plauen mit und beantragte erstmals die Durchführung des streitigen Verfahrens; ferner beantragte sie die Abgabe des Verfahrens an das "AG Berlin" und beantragte - "hilfsweise vor dem AG Berlin" - den Rechtsstreit an das AG Plauen zu verweisen. Am 27.8.2008 gab das AG Hamburg die Sache an das AG Schöneberg ab.
Das AG Schöneberg erklärte sich nach Anhörung des Beklagten mit Beschluss vom 13.10.2008 für unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das AG Plauen. Zur Begründung führte das AG Schöneberg an, dass der Beklagte zwar zum Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheides im Bezirk des AG Schöneberg wohnansässig war, dass jedoch für die Feststellung des allgemeinen Gerichtsstandes des Beklagten nicht auf diesen Zeitpunkt abzustellen sei, weil die Sache erst 22 Monate nach Widerspruchseingang vom Mahngericht an das Streitgericht abgegeben worden sei; maßgeblich sei daher der spätere, Plauener Wohnsitz des Beklagten. Auf Nachfrage des AG Plauen reicht die Klägerin den Mobilfunkvertrag ein, aus dem hervor ging, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seinen Wohnsitz im Bezirk des AG Schöneberg hatte. Das AG Plauen lehnte daraufhin mit Beschluss vom 12.1.2009 die Übernahme des Verfahrens ab. Zur Begründung führte es an, dass der Verweisungsbeschluss willkürlich gefasst und das AG Schöneberg gem. § 29 ZPO durchaus örtlich zuständig sei. Letzteres ergebe sich aus dem Umstand, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mobilfunkvertrages mit der Klägerin im Bezirk des AG Schöneberg wohnansässig war. Das AG Schöneberg, an das das AG Plauen die Verfahrensakte zurücksandte, legte die Sache schließlich dem KG zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vor.
II.1. Das KG ist gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zur Bestimmung des zuständigen Gerichtes berufen, nachdem sich die AG Schöneberg und Plauen mit nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen für örtlich unzuständig erklärt haben. Dabei stellt auch eine solche Entscheidung eine Unzuständigerklärung i.S.d. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO dar, welche - wie vorliegend der Beschluss des AG Plauen - die Annahme der eigenen Unzuständigkeit zwar nicht ausdrücklich ausspricht, sie aber stillschweigend durch Ablehnung der Übernahme des Rechtsstreits zum Ausdruck bringt (BGH NJW 1988, 1794; Vollkommer in Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 36 Rz. 24, m.w.N.).
2. Das AG Plauen ist jedenfalls gem. § 281 Abs. 2 Satz 3 ZPO wegen des Verweisungsbeschlusses des AG Schöneberg örtlich zuständig.
a) Nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO bewirkt der Verweisungsbeschluss im Grundsatz bindend die Unzuständigkeit des verweisenden Gerichtes und die Zuständigkeit des Gerichtes, an das verwiesen wird. Anerkannt ist jedoch, dass die Bindungswirkung ausnahmsweise entfällt, wenn die Verweisung auf Willkür beruht (vgl. nur BGH NJW 2003, 3201 [3201]; Greger in Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 281 Rz. 17 m.w.N.). Dabei ist Willkür in denjenigen Fällen, in den das verweisende Gericht den Parteien hinreichendes rechtliches Gehör gewährt hat, allenfalls dann anzunehmen, wenn die Zuständigkeit des verweisenden Gerichts richtigerweise hätte bejaht werden müssen (vgl. Senat, Beschluss vom 29.5.2008, 2 AR 25/08, WM 2008, 1571-1572).
Bei der Feststellung der zuletztgenannten Voraussetzung ist derjenige Sachverhalt zu Grund zu legen, den die Parteien dem Gericht zum Zeitpunkt des Erlasses des Verweisungsbeschlusses vorgetragen haben (BGH NJW-RR 1995, 702 [702]; Senat, Beschluss vom 19.9.2007, 2 AR 38/07, KGReport Berlin 2008, 208-211, m.w.N.). Denn zum einen ist der Zivilprozess vom Beibringungsgrundsatz geprägt und es ist anerkannt, dass dieser Grundsatz nicht nur für die Feststellung der in der Sache maßgeblichen Tatsachen gilt, sondern auch für diejenigen Tatsachen, die bei der Prüfung der Sachurteilsvoraussetzungen von Belang sind (Greger in Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, vor § 128 Rz. 12; Brehm in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2003, vor § 1 Rz. 257). Zum anderen widerspräche eine eingehende gerichtliche Aufklärungstätigkeit vor Erlas...