Leitsatz (amtlich)
Ein erstinstanzlich unbeziffert gestellter Ordnungsgeldantrag ist jedenfalls dann mit einer entsprechenden Kostenquote teilweise zurückzuweisen, wenn das vom Gericht festgesetzte Ordnungsgeld wesentlich unter einer vom Gläubiger genannten Mindestsumme bleibt und ausdrücklich die Verhängung eines "empfindlichen" Ordnungsgeldes beantragt worden ist.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 25.08.2004; Aktenzeichen 97 O 87/04) |
Tenor
1. Die sofortigen Beschwerden der Schuldnerin und der Gläubigerin gegen den Beschluss der Kammer für Handelssachen 97 des LG Berlin vom 25.8.2004 - 97 O 87/04 - werden zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Schuldnerin 10/13 und die Gläubigerin 3/13 zu tragen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 13.000 EUR, wobei auf die Beschwerde der Schuldnerin 10.000 EUR und die der Gläubigerin 3.000 EUR entfallen.
4. Der Wert des erstinstanzlichen Verfahrens wird - in Änderung der Nr. 3 des angefochtenen Beschlusses - auf 30.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist zulässig (§§ 793, 567 ff. ZPO), aber nicht begründet, § 890 Abs. 1 ZPO. Das LG hat gegen die Schuldnerin mit Recht wegen eines Verstoßes gegen die einstweilige Verfügung vom 29.6.2004 ein Ordnungsgeld i.H.v. 10.000 EUR festgesetzt.
I. Im Ergebnis zutreffend hat das LG die Verletzungshandlung festgestellt. Den Verkauf eines von der oben genannten Unterlassungsverfügung erfassten Warndreiecks am 15.7.2004 durch die Filiale L. der Firma W.-M.G. GmbH & Co. KG (nachfolgend Verkäuferin) hat die Schuldnerin nicht erheblich in Abrede gestellt. Angesichts der von der Gläubigerin vorgelegten Rechnung und Kassenquittung genügt ihr einfaches Bestreiten nicht. Denn sie hätte ohne weiteres die näheren Einzelheiten des Verkaufs über die Verkäuferin (die mir ihr geschäftlich verbunden ist) klären können.
II. Die Schuldnerin trifft ein erhebliches Verschulden.
1. Ein Schuldner hat auch auf Dritte (Geschäftspartner, Abnehmer) einzuwirken, wenn diese die wettbewerbsrechtlichen Handlungen des Schuldners fortsetzen wollen und deren Handeln im rechtlichen und tatsächlichen Einflussbereich des Schuldners liegt und ihm zugute kommt (KG WRP 1998, 627 [628]; Fezer/Büscher, UWG, § 12 Rz. 305, m.w.N.; Baumbach/Hefermehl/Köhler, UWG, 23. Aufl., § 12 Rz. 6.7). Dabei muss die Unterrichtung Dritter grundsätzlich schriftlich erfolgen. Das nunmehr gebotene Verhalten muss eindringlich dargestellt und in Betracht kommende angemessene Sanktionen (für den Fall eines Verstoßes) müssen angedroht werden (KG WRP 1998, 627 [628]; Baumbach/Hefermehl/Köhler, UWG, 23. Aufl., § 12 Rz. 6.7, m.w.N.; Fezer/BüscheruWG, § 12 Rz. 305, m.w.N.).
2. Vorliegend hat sich die Schuldnerin in ihrem Schreiben vom 8.7.2004 an die Verkäuferin mit einer bloßen Bitte um Herausnahme aus dem Verkauf und Rückversand begnügt. Diese Bitte ist zudem nur in einer von mehreren Anlagen des Schreibens - also eher beiläufig - erwähnt worden. Das Schreiben selbst rechtfertigt - eher verharmlosend - weitgehend das beanstandete Verhalten. Naheliegende Sanktionen (Regress, Abbruch der Geschäftsbeziehung) werden nicht angedroht.
III. Das Ordnungsgeld ist mit 10.000 EUR nicht überhöht festgesetzt worden.
1. Die Bemessung des Ordnungsgeldes hat sich am Zweck des Ordnungsmittels (strafähnliche Sanktion des Verstoßes und Vorbeugung weiterer Verstöße) zu orientieren (BGH v. 30.10.2003 - I ZR 236/97, MDR 2004, 642 = BGHReport 2004, 396 = GRUR 2004, 235 [238] - EUR-Einführungsrabatt). Maßgeblich sind insb. Art, Umfang, Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil für den Verletzer und die Gefährdung des Verletzten (BGH v. 30.10.2003 - I ZR 236/97, MDR 2004, 642 = BGHReport 2004, 396 = GRUR 2004, 235 [238]).
2. Vorliegend geht es zwar um den Verkauf nur eines einzelnen, eher geringwertigen Artikels. Bei beiden Parteien handelt es sich aber um maßgebliche Konkurrenten auf dem Markt für Warndreiecke. Die Beanstandungen der Ware der Schuldnerin legen nahe, dass die Schuldnerin eine sehr kostengünstige Herstellung gewählt hat, mithin zukünftig bei einem weiteren Vertrieb größere Gewinne erwartet werden können. Die Gläubigerin ist auch zukünftig auf bloße stichprobenartige Testkäufe beschränkt, so dass bei der Schuldnerin eine nicht geringe Erwartung verbleiben kann, unter Umständen weitgehend unerkannt die untersagten Verkäufe fortzusetzen. Die Reaktion der Schuldnerin war zwar noch zeitnah, aber die bloße beiläufige Bitte um Rücksendung verfehlte die Anforderungen - wie erörtert - bei weitem. Dies rechtfertigt es hier, schon den Verstoß aus dem Verkauf eines einzelnen Artikels mit einem Ordnungsgeld i.H.v. 10.000 EUR zu belegen.
B. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen die Kostenentscheidung des landgerichtlichen Beschlusses ist - trotz § 99 Abs. 1 ZPO - als - umdeutbare (BGH v. 6.7.2000 - VII ZB 29/99, MDR 2000, 1269 = NJW 2000, 3215; v. 27.4.1995 - VII ZR 218/94, BRAK 1995, 264 = NJW 1995, 2362; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, ...