Leitsatz (amtlich)
Im Klageerzwingungsverfahren ist Zulässigkeitsvoraussetzung nicht nur, dass der Antragsschrift die Einhaltung der Beschwerdefrist des § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO zu entnehmen ist. Die Antragsschrift muss auch mitteilen, wann dem Antragsteller der Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft zugegangen ist. Nur so wird der Senat in die Lage versetzt, die Einhaltung der Antragsfrist nach § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO zu prüfen.
Normenkette
StPO § 172 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1
Tenor
Der Antrag des A., vertreten durch Rechtsanwalt E., auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Berlin vom 9. September 2015 wird als unzulässig verworfen.
Gründe
Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat mit dem angefochtenen Bescheid die Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft Berlin vom 6. Juli 2015 zurückgewiesen. Mit diesem Bescheid ist dem Antragsteller die Einstellung des gegen den Beschuldigten wegen des Vorwurfs der falschen Versicherung an Eides Statt eingeleiteten Ermittlungsverfahrens mitgeteilt worden.
Der nach § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig, weil er nicht der vorgeschriebenen Form entspricht.
Nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO muss der Antrag die Tatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die Beweismittel angeben. Der entscheidende Senat soll allein aufgrund der Antragsschrift prüfen können, ob die Staatsanwaltschaft ihre Strafverfolgungspflicht verletzt hat und ob durch eine fristgerechte Beschwerde der Rechtsweg zum Kammergericht überhaupt eröffnet ist. Der Antragsschrift muss daher nicht nur entnommen werden können, dass die Beschwerdefrist des § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO eingehalten worden ist (vgl. BVerfG NJW 1988, 1773; OLG Stuttgart Justiz 1983, 384; Moldenhauer in Karlsruher Kommentar, StPO 7. Aufl., § 172 Rn. 38). Die Antragsschrift muss folgerichtig erst recht erweisen, dass die eigentliche Antragsfrist nach § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO eingehalten worden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 21. November 2013 - 3 Ws 396/13 -; OLG Celle StraFo 2011, 226; OLG Düsseldorf StraFo 2000, 22; OLG Hamm, Beschluss vom 29. März 2011 - 1 Ws 155/11 - [juris]; OLG Stuttgart NStZ-RR 2009, 245; wohl auch OLG Bamberg NStZ-RR 2012, 248; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 58. Aufl., § 172 Rn. 27b [alld. mit Hinweise auf überwiegend nicht einschlägige, weil die Frist des § 172 Abs. 1 StPO betreffende Entscheidungen]). Beide Voraussetzungen erfüllt der Antrag im Klageerzwingungsverfahren hier nicht. Weder ist ihm zu entnehmen, wann der Einstellungsbescheid dem Antragsteller zu- und die hiergegen gerichtete Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft eingegangen ist, noch lässt er erkennen, wann der angefochtene Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft dem Antragsteller zugegangen ist.
Die diesbezüglich durch den Senat beim Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers eingeholte Auskunft, derzufolge der Bescheid am 15. September 2015 zugegangen ist, lässt es als ausgeschlossen erscheinen, dass die Antragsschrift insoweit noch nachgebessert wird, denn die Monatsfrist ist abgelaufen. Daher war auch die durch den Verteidiger beantragte Akteneinsicht nicht vorrangig zu gewähren, und eine tatsächlich mögliche, aber rechtlich unbeachtliche ergänzende Begründung war nicht abzuwarten (vgl. OLG Bamberg NStZ-RR 2012, 248).
Im Übrigen lässt die Antragsschrift auch die gebotene geschlossene und aus sich heraus verständliche Sachdarstellung, die gleichfalls Zulässigkeitsvoraussetzung ist, vermissen. Aus dieser hätte nicht nur ersichtlich werden müssen, was dem Beschuldigten vorgeworfen wird, sondern es wären auch in groben Zügen der Gang des Ermittlungsverfahrens und der Inhalt der angefochtenen staatsanwaltschaftlichen Bescheide mitzuteilen gewesen. Ferner hätte dargetan werden müssen, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Erwägungen der Staatsanwaltschaft nicht zutreffen und die Erhebung der öffentlichen Klage - bei Unterstellung des hinreichenden Tatverdachts in formeller und materieller Hinsicht - gerechtfertigt ist. Der Antrag hätte den Senat in die Lage versetzen müssen, die Einstellung des Ermittlungsverfahrens ohne Rückgriff auf die Akten der Staatsanwaltschaft zu überprüfen (vgl. OLG Bamberg NStZ 1989, 543, 544; OLG Schleswig NStZ 1989, 286, 287; ständige Rechtsprechung des Kammergerichts, u. a. Beschlüsse vom 7. Juni 1997 - 3 Ws 354/97 - und 12. September 2014 - 3 Ws 466/14 -; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO., § 172 Rn. 27a). All diese Voraussetzungen erfüllt die Antragsschrift nicht. Der Verweis auf "die bereits in den Ermittlungsakten befindlichen Urkunden" ist unstatthaft, weil er den Sachvortrag nicht lediglich ergänzt oder illustriert, sondern erst durch den Inhalt der Schriftstücke die erforderliche geschlossene Sachdarstellung erreicht würde (ständige Rechtsprechung des Kammergerichts, vgl. etwa Beschluss vom 8. Dezember 2014 - 3 Ws 610/14 -; OLG Düsseldorf StV 1983, 498; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO....