Entscheidungsstichwort (Thema)
Befugnis des Generalbundesanwalts als Registerbehörde
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der vorzeitigen Tilgung einer Zentralregistereintragung über die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB.
Leitsatz (redaktionell)
Der Generalbundesanwalt hat als Registerbehörde die Befugnis, insbesondere im Interesse der Rehabilitation des Betroffenen anzuordnen, dass die Eintragung über die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vorzeitig aus dem Register getilgt wird, soweit nicht das öffentliche Interesse einer solchen Anordnung entgegensteht.: Zentralregistereintragung; Voraussetzungen einer vorzeitigen Tilgung; Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.
Normenkette
StGB § 63; BZRG § 4 Nr. 2, § 49; GVGEG §§ 23, 28 Abs. 3
Tenor
1. Der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Bundesministeriums der Justiz vom 4. Juli 2005 wird verworfen.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Geschäftswert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Das Bundeszentralregister enthält über den Betroffenen neun Eintragungen von strafgerichtlichen Verurteilungen in den Jahren 1993 bis 2003, darunter die Eintragung des Urteils vom 15. Dezember 1993, durch das das Landgericht Nürnberg-Fürth im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angeordnet hat. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der zur Tatzeit fünfzehnjährige Betroffene von einer Autobahnbrücke eine leere Sektflasche auf einen vorbeifahrenden PKW geworfen, die die Windschutzscheibe durchschlug und den Fahrzeugführer im linken Gesichtsbereich traf. Dieser wurde dadurch erheblich verletzt. Das sachverständig beratene Gericht stellte fest, dass der Betroffene bei dieser Tat, einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, und drei weiteren Taten (Sachbeschädigung sowie zwei Diebstähle) "im Zustand eines Grenzbefundes zur geistigen Behinderung als Folge einer frühkindlichen Hirnschädigung in Verbindung mit einem hyperkinetischen Syndrom und einer krankhaften schweren Schädigung seiner Persönlichkeit in ihrem Stimmungs-, Antriebs- und affektiven Bereich" gehandelt habe; aufgrund dieses als krankhafte seelische Störung im Sinne des § 20 StGB zu wertenden Zustandes sei "seine Fähigkeit, nach seiner vordergründig erhaltenen Unrechtseinsicht zu handeln, zweifelsfrei erheblich vermindert im Sinne des § 21 StGB, nicht ausschließbar jedoch auch völlig aufgehoben im Sinne des § 20 StGB" gewesen. Das Amtsgericht Kaufbeuren hat mit Beschluss vom 24. Februar 1998 die weitere Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung ausgesetzt und festgestellt, dass die Führungsaufsicht fünf Jahre dauert. Die Führungsaufsicht ist durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 6. Juli 2004 aufgehoben worden.
Der Generalbundesanwalt hat den Antrag des Betroffenen auf Tilgung der Eintragung (§ 49 Abs. 1 BZRG) abgelehnt, das Bundesministerium der Justiz hat seine Beschwerde mit dem angefochtenen Bescheid vom 4. Juli 2005 zurückgewiesen. Der zulässige Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 23 Abs. 1 und Abs. 2 EGGVG hat keinen Erfolg.
1. Das Bundeszentralregistergesetz bestimmt, dass die Eintragung einer gerichtlichen Entscheidung, mit der die Unterbringung eines Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angeordnet worden ist (§ 4 Nr. 2 BZRG), so lange im Register bleibt, bis der Betroffene das 90. Lebensjahr vollendet hat oder der Registerbehörde der Tod amtlich mitgeteilt worden ist (§ 45 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 24 BZRG). Über die Eintragung nach § 4 Nr. 2 BZRG kann Gerichten, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden zu den gesetzlich näher geregelten Zwecken eine unbeschränkte Auskunft erteilt werden (§§ 41 bis 44 BZRG); außerdem ist sie in ein Führungszeugnis für Behörden aufzunehmen (§ 32 Abs. 3 Nr. 1 BZRG). Grund dafür ist, dass die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zwar kein Unwerturteil enthält, jedoch einen so wichtigen Hinweis auf persönlichkeitsbestimmende Tatsachen, dass ihre Kenntnis späterer Beurteilung nicht vorenthalten werden darf (vgl. Götz/Tolzmann, BZRG 4. Aufl., § 45 Rdn. 28). Die Registrierung und die Auskunft an die genannten Stellen dienen sowohl der allgemeinen Sicherheit als auch dem Schutze des Betroffenen selbst (vgl. BVerfG StV 1991, 556 zu der dem § 4 Abs. 2 BZRG entsprechenden Vorschrift des § 11 Abs. 1 Nr. 1 BZRG, wonach Schuldunfähigkeitsvermerke - verfassungsrechtlich unbedenklich - auch ohne eine gerichtliche Verurteilung in das Register einzutragen sind).
Dem Interesse des Betroffenen an einer gesellschaftlichen Wiedereingliederung trägt das Gesetz dadurch Rechnung, dass die Eintragung nicht in ein Führungszeugnis für private Zwecke eingetragen werden darf (§ 32 Abs. 2 Nr. 8 BZRG) und die Auskunft nach den §§ 41 bis 44 BZRG strengen Beschränkungen unterliegt (vgl. Götz/Tolzmann aaO § 45 Rdn. 28).
Im Übrigen wird dem G...