Leitsatz (amtlich)
1. Haben Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament die Schlusserbeneinsetzung ihres Kindes mit einer Pflichtteilsstrafklausel verbunden, kann im Grundbuchverfahren die negative Tatsache, dass der Pflichtteil nicht geltend gemacht wurde, durch eidesstattliche Versicherung erbracht werden, wenn auch das Nachlassgericht ohne weitere Ermittlungen die eidesstattliche Versicherung der Erbscheinserteilung zugrunde legen würde, weil bei ihrer Berücksichtigung keine Zweifel verbleiben, die über die abstrakte Möglichkeit eines anderen Sachverhalts hinausgehen.
2. Ist das als Schlusserbe eingesetzte Kind inzwischen nachverstorben, kann auch eine eidesstattliche Versicherung von dessen Abkömmling ausreichen.
Normenkette
GBO §§ 29, 35
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 41 LF 5780-84) |
Tenor
Die Zwischenverfügung wird aufgehoben.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1. ist eingetragener Eigentümer des im Beschlusseingang bezeichneten Grundstücks. In Abteilung II lfd. Nr. 1 ist für eine ideelle Grundstückshälfte zugunsten von H.K.ein befristetes Vorkaufsrecht eingetragen. Nach der bei der Eintragung in Bezug genommenen Bewilligung (UR-Nr. 2.../1...des Notars Dr. G.S.), die die Mutter des Beteiligten zu 1. in dessen Vollmacht erklärt hat, war das Grundstück zu diesem Zeitpunkt an H.K.vermietet. Das Vorkaufsrecht wurde ihm und seinen Erben eingeräumt "in der Art (...), dass das Vorkaufsrecht so lange besteht, als der Mietvertrag besteht".
Der Beteiligte zu 1. begehrt die Löschung des Vorkaufsrechts.
H.K.und seine Ehefrau E.haben sich mit gemeinschaftlichem Testament vom 15.8.1983 gegenseitig als Erben und die gemeinsame Tochter U.als Schlusserbin eingesetzt. Weiter haben sie bestimmt, dass ihr Enkel, der am 1.9.1964 geborene Beteiligte zu 2., Erbe des Letztversterbenden sein solle, wenn U.nach dem Tode des Erstversterbenden den Pflichtteil fordere. Ferner bestimmten sie einen Testamentsvollstrecker für den Fall, dass der Beteiligte zu 2. Schlusserbe werden und zu diesem Zeitpunkt das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben sollte.
H.K.ist am 19.1.19...verstorben, E.K.am 17.5.19...und U.S.geb. K.am 1.4.20...
Auf die Zwischenverfügung des Grundbuchamts hat der Beteiligte zu 1. eine Löschungsbewilligung des Beteiligten zu 2. und einen Erbschein vorgelegt, der den Beteiligten zu 2. als Alleinerben seiner Mutter U.I.S.geb. K.ausweist.
Mit weiterer Zwischenverfügung vom 24.10.2011 hat das Grundbuchamt dem Beteiligten zu 1. aufgegeben, eine Zustimmung des Testamentsvollstreckers zur Löschung des Vorkaufsrechts oder einen Erbschein vorzulegen, aus dem ersichtlich sei, dass keine Testamentsvollstreckung gelte. Der Beteiligte zu 1. hat daraufhin eine eidesstattliche Versicherung des Beteiligten zu 2. (UR-Nr. 3.../2...des Notars F.-M.W.) vorgelegt, mit der dieser versichert, dass seine Mutter nach dem Tode ihres Vaters den Pflichtteil nicht verlangt hat.
Der Beteiligte zu 1. meint außerdem, das Vorkaufsrecht sei inhaltlich gegenstandslos geworden, weil ein Mietvertrag mit Herrn K.oder dessen Erben offensichtlich nicht mehr bestehe. Er trägt dazu vor, das auf dem Grundstück stehende Gebäude sei nach einem Brand nicht mehr bewohnbar. Er selbst habe keine Kenntnisse von den rechtlichen Verhältnissen betreffend das Grundstück, da er Zeit seines Lebens durch die Welt gereist sei. Sein Betreuer versichert an Eides statt, dass ihm während der mehr als einjährigen Betreuungszeit keinerlei Personen bekannt geworden seien, die sich auf ein Mietverhältnis mit dem Beteiligten zu 1. beriefen.
Das Grundbuchamt ist der Ansicht, es könne die eidesstattliche Versicherung des Beteiligten zu 2. wegen der Beweismittelbschränkung des § 29 Abs. 1 GBO nicht berücksichtigen. Der Beteiligte zu 1. und die Beteiligten zu 3. und 4. haben deshalb Beschwerde eingelegt, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.
II. Die Beschwerde ist als gegen die Zwischenverfügung vom 24.10.2011 gerichtet auszulegen und in dieser Form zulässig (§§ 71 ff. GBO) und begründet. Die Zwischenverfügung ist nicht gem. § 18 GBO veranlasst, denn das beanstandete Hindernis steht der Löschung des Vorkaufsrechts nicht entgegen. Die Zustimmung eines Testamentsvollstreckers oder die Vorlage eines Erbscheins ohne Hinweis auf angeordnete Testamentsvollstreckung sind nicht erforderlich.
1. Das Grundbuchamt ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass es für die Löschung des Vorkaufsrechts gem. § 19 GBO einer Löschungsbewilligung des Vorkaufsberechtigten bedarf. Eine Berichtigung des Grundbuchs gem. § 22 GBO ist nicht möglich, weil eine Grundbuchunrichtigkeit durch Erlöschen des Vorkaufsrechts nicht mit den Mitteln des § 29 Abs. 1 GBO nachgewiesen werden kann. So ist weder bei dem Grundbuchamt offenkundig noch durch öffentliche Urkunden nachweisbar, dass das Mietverhältnis mit H.K.beendet wurde. Dies ergibt sich weder aus dem Umstand, dass das Ehepaar K.ausweislich der notariellen Urkunde über ihr gemeinschaftliches Testament am 15.8.1983 offenbar in B.H.gewohnt hat, noch daraus...