Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundbuch: Zulässigkeit eidesstattlicher Versicherung der Erben zum Nachweis der Nichtgeltendmachung des Pflichtteils beim Tod des Erstverstorbenen
Leitsatz (amtlich)
Haben in einem notariell beurkundeten gemeinschaftlichen Testament Eheleute gemeinsame Kinder zu Schlusserben bestimmt und die Schlusserbeneinsetzung mit einer zwingenden Pflichtteilsstrafklausel verbunden, so kann im Grundbuchverfahren die negative Tatsache, dass der Pflichtteil nicht geltend gemacht wurde, durch eidesstattliche Versicherung der Schlusserben in notarieller Urkunde erbracht werden, wenn auch das Nachlassgericht ohne weitere Ermittlungen die eidesstattlichen Versicherungen der Erbscheinserteilung zugrunde legen würde, weil bei ihrer Berücksichtigung keine Zweifel verbleiben, die über die abstrakte Möglichkeit eines anderen Sachverhalts hinausgehen.
Normenkette
BGB §§ 2070-2071, 2269; GBO §§ 18, 35 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Gießen (Beschluss vom 05.11.2012; Aktenzeichen KG-...) |
Tenor
Auf die Beschwerde wird die angefochtene Zwischenverfügung dahin abgeändert, dass den Antragstellerinnen zu 1) und 2) gestattet wird, statt durch Vorlage eines Erbscheins nach A1 geb. C binnen einer Frist von 4 Wochen seit Zugang der Entscheidung durch die Vorlage eidesstattlicher Versicherungen den Nachweis der Nichtgeltendmachung des Pflichtteilsanspruchs nach ihrem Vater B1 zu führen.
Gründe
Als Eigentümerin des eingangs bezeichneten Grundbesitzes ist im Grundbuch A1, die Mutter der Antragstellerinnen, seit dem 26.7.2010 eingetragen.
Mit Schreiben vom 24.10.2012 hat der verfahrensbevollmächtigte Notar u.a. für die Antragstellerinnen die Grundbuchberichtigung nach dem Tod der am ... 2012 verstorbenen Mutter der Antragstellerinnen beantragt sowie die Eintragung einer Grundschuld. Hierzu wurde vorgelegt die auszugsweise Ausfertigung der UR-Nr ... a des Verfahrensbevollmächtigten vom 23.10.2012, durch die die Antragstellerinnen als Erbinnen ihrer verstorbenen Mutter u.a. über den betroffenen Grundbesitz einen Erbauseinandersetzungs- und Übergabevertrag geschlossen haben sowie die Grundschuldbestellungsurkunde zu UR-Nr ... b des Verfahrensbevollmächtigten ebenfalls vom 23.10.2012.
Bei den Grundakten befindet sich die beglaubigte Abschrift des Protokolls des AG Gießen - Nachlassgericht - vom 24.4.2012 über die Eröffnung des gemeinschaftlichen Testaments der Eltern der Antragstellerinnen. In dem eröffneten Testament UR-Nr ... c des Notars Dr. D vom ... 1974 hatten sich die Eheleute 1 gegenseitig zu alleinigen Erben und ihre zwei Töchter, die Antragstellerinnen, zu gleichen Teilen als Schlusserben des Längstlebenden eingesetzt. Dieses Testament enthält des Weiteren eine sog. Pflichtteilsstrafklausel, wonach, sofern eines der Kinder nach dem Tode des Erstversterbenden den Pflichtteil verlangt, es auch aus dem Nachlass des Letztversterbenden nur den Pflichtteil erhalten soll.
Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes hat mit Zwischenverfügung vom 5.11.2012 beanstandet, auf Grund der Pflichtteilsklausel in dem Testament vom ... 1974 sei der Nachweis erforderlich, dass die Pflichtteilsansprüche nicht geltend gemacht worden seien. Dieser Nachweis könne nur durch Vorlage eines Erbscheines geführt werden.
Gegen diese Zwischenverfügung ist mit Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten vom 22.11.2012 Beschwerde eingelegt worden, mit der Begründung, die vorgelegten Unterlagen seien zum Nachweis der Erbfolge ausreichend, da sich darin die einzigen Erben übereinstimmend geeinigt hätten.
Die Lücke im Nachweis der Erbenstellung könne durch eidesstattliche Versicherung geschlossen werden. Hilfsweise werde beantragt, deren Vorlage zu gestatten.
Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes hat der Beschwerde " des Notars Herrn Notar E " mit Beschluss vom 7.1.2013 nicht abgeholfen unter Zitierung des Senatsbeschlusses 20 W 548/10 vom 20.1.2011 (richtig: 20.10.2011) und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Die gegen die Zwischenverfügung gerichtete Beschwerde, über welche nach der erfolgten Nichtabhilfeentscheidung durch die Rechtspflegerin der Senat als Beschwerdegericht zu entscheiden hat, ist gem. §§ 71, 73 GBO zulässig. Entgegen der Formulierung in dem Nichtabhilfebeschluss ist Beschwerdeführer nicht der Notar selbst, da diesem im Antragsverfahren kein eigenes Beschwerderecht zusteht (Demharter: GBO, 28. Aufl., § 15 Rz. 20), sondern die Antragstellerinnen, wie der Verfahrensbevollmächtigte auf Anfrage klargestellt hat.
Die Beschwerde, deren Gegenstand sich auf den mit der Zwischenverfügung geforderten Erbnachweis beschränkt, ist auch in der Sache im Wesentlichen begründet, da im vorliegenden Fall die in der Zwischenverfügung geforderte Vorlage eines Erbscheines nicht erforderlich ist. Vielmehr erachtet es der Senat zum Nachweis der Erbfolge nach der Mutter der Antragstellerinnen als ausreichend, aber auch notwendig, dass die beiden Antragstellerinnen zu 1) und 2) als Schlusserbinnen vor einem Notar eidesstattliche Versicherungen des Inhalts abgeben,...