Leitsatz (amtlich)
Im Antragsverfahren ist ein Gericht mit der Sache befasst, sobald ein Antrag mit dem Ziel der Erledigung durch dieses Gericht bei ihm eingeht. Verweist das Gericht die Sache an ein anderes Gericht und kommt es später zwischen diesem und einem dritten Gericht zum Streit um die Zuständigkeit, hat, wenn das nächsthöhere gemeinsame Gericht der Bundesgerichtshof ist, das Oberlandesgericht den Streit zu entscheiden, zu dessen Bezirk das Gericht gehört, bei dem der Antrag ursprünglich eingegangen war (Fortführung von Senat, Beschluss vom 18.2.1972 - 1 AR 8/72 - Rpfleger 1972, 173).
Normenkette
FamFG § 5
Tenor
Die Bestimmung des zuständigen Nachlassgerichts wird abgelehnt.
Gründe
Der Senat ist zur Entscheidung des zwischen den AGen bestehenden Streits über die örtliche Zuständigkeit für das nachlassgerichtliche Verfahren der Erbscheinserteilung (-- VI --/-- AG Bremen = -- VI --/-- AG Schöneberg) nicht berufen.
Haben sich verschiedene Gerichte, von denen eines für das Verfahren zuständig ist, rechtskräftig für unzuständig erklärt, wird die Bestimmung des zuständigen Gerichts durch das nächsthöhere gemeinsame Gericht bestimmt, § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG. Das nächsthöhere gemeinsame Gericht ist vorliegend der Bundesgerichtshof. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts hat deshalb durch das Oberlandesgericht zu erfolgen, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört, § 5 Abs. 2 FamFG. Die Entscheidung des Zuständigkeitsstreits hat danach durch das OLG Bremen zu erfolgen.
"Sache" in diesem Sinn ist diejenige Angelegenheit, die Gegenstand eines selbständigen und einheitlichen Verfahrens sein kann (Senat, Beschluss vom 26.4.1994 - 1 AR 16/94 - OLGZ 1994, 563, 564). Das ist vorliegend das auf Erlass eines - bislang nicht näher durch die Antragstellerin bezeichneten - Erbscheins gerichtete Verfahren.
Im Antragsverfahren ist ein Gericht mit der Sache befasst, sobald der Antrag mit dem Ziel der Erledigung durch dieses Gericht bei ihm eingeht (Senat, a.a.O.; OLG Hamburg, FGPrax 2010, 238). Danach war hier das AG Bremen zuerst mit der Sache befasst. Dort ist der Antrag mit dem Ziel einer Bearbeitung durch dieses Gericht gestellt worden.
An der Erstbefassung ändert nichts der Umstand, dass das AG Bremen das Verfahren zunächst - in der Sache zutreffend, vgl. §§ 3 Abs. 1 S. 1 FamFG, 343 Abs. 2 S. 1 FamFG a.F., Art. 229, § 36 EGBGB, allerdings ohne vorherige Anhörung der Antragstellerin, vgl. § 3 Abs. 1 S. 2 FamFG - an das AG Schöneberg verwiesen hat und die Gerichte sich hierüber nicht im Streit befinden. "Sache" im Sinne des § 5 Abs. 2 FamFG ist nicht der Zuständigkeitsstreit, sondern das auf die Entscheidung oder das sonstige Tätigwerden des Gerichts in der Sache selbst gerichtete Verfahren. Das hat der Senat bereits zu § 5 FGG entschieden (Beschluss vom 18.2.1972 - 1 AR 8/72 - Rpfleger, 1972, 173; Müther, in: Jansen, FGG, 3. Aufl., § 5, Rdn. 16). Im Rahmen des § 5 Abs. 2 FamFG gilt aber nichts anderes. Diese Regelung stimmt mit § 5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 FGG überein und ist durch den Gesetzgeber des FGG-Reformgesetzes lediglich redaktionell neu gefasst worden (BT-Drs. 16/6308, 176).
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass der Erblasser weder Eigentümer noch Miteigentümer des in Bremen belegenen Grundstücks gewesen sein dürfte. Ausweislich des bei den Akten befindlichen Grundbuchauszugs ist als Eigentümerin des Grundstücks eine Erbengemeinschaft eingetragen, an der der Erblasser allerdings beteiligt war. Die Annahme, in Bremen befänden sich - unmittelbar - zum Nachlass des Erblassers zugehörige Gegenstände, dürfte danach nicht ohne weiteres zu bejahen sein (vgl. Zimmermann, in: Keidel, FamFG, 18. Aufl., § 343, Rdn. 71).
Fundstellen
Haufe-Index 9896114 |
FamRZ 2017, 539 |
FGPrax 2016, 288 |
ZEV 2016, 723 |
MDR 2017, 108 |
Rpfleger 2017, 155 |
ErbR 2017, 53 |