Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussage-gegen-Aussage-Konstellation bei Vorliegen weiterer Beweismittel
Leitsatz (amtlich)
Hat das Gericht neben dem Angeklagten und dem durch die Tat verletzten Nebenkläger auch weitere Zeugen zum Tatgeschehen sowie einen medizinischen Sachverständigen zu dem Verletzungsbild des Nebenklägers gehört, so steht dies einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation entgegen (Fortsetzung der Rechtsprechung: KG, Beschluss vom 7. August 2019 - (3) 121 Ss 99/19 (58/19) -, juris).
Normenkette
StPO § 261
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 06.08.2019; Aktenzeichen (581) 252 AR 91/18 Ns (57/18)) |
Tenor
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 6. August 2019 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.
2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels sowie die dem Nebenkläger insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten am 27. März 2018 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Seine gegen dieses Urteil gerichtete Berufung hat das Landgericht mit Urteil vom 6. August 2019 verworfen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
II.
1. Mit der erhobenen Verfahrensrüge, die Strafkammer habe den Beweisantrag der Verteidigung auf Inaugenscheinnahme des Tatortes rechtsfehlerhaft abgelehnt, hat die Revision keinen Erfolg. Sie ist bereits unzulässig, da sie nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt. Nach dieser Regelung muss der Revisionsführer, der eine Verletzung von Verfahrensvorschriften beanstandet, dem Revisionsgericht alle Tatsachen angeben, die zur rechtlichen Beurteilung des gerügten Verfahrensgeschehens erforderlich sind (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juli 2017 - 5 StR 46/17 -, juris). Das Revisionsgericht muss in die Lage versetzt werden, allein anhand der Revisionsbegründung - unterstellt das tatsächliche Vorbringen trifft zu - über die Rüge entscheiden zu können (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2000 - 1 StR 492/00 -, juris). Im Rahmen der Rüge der rechtsfehlerhaften Ablehnung eines Beweisantrages ist es vor diesem Hintergrund erforderlich, den Inhalt des in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrages sowie des diesen ablehnenden Beschlusses des Gerichts mitzuteilen (vgl. Krehl in KK-StPO 8. Aufl., § 244 Rn. 224 m.w.N.). Dies hat die Revision jedoch versäumt.
2. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben, der die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache gebietet.
a.) Insbesondere hält die Beweiswürdigung der Strafkammer rechtlicher Nachprüfung stand.
Gemäß § 261 StPO ist die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters (vgl. BGH NStZ 2009, 284). Es obliegt allein ihm, die für den Urteilsspruch relevanten Tatsachen und Erfahrungssätze festzustellen, in ihrer Beweisbedeutung zu bewerten und sich auf dieser Grundlage eine Überzeugung zu bilden (vgl. BGH a.a.O.) Das Revisionsgericht hat die Beweiswürdigung des Tatrichters grundsätzlich hinzunehmen und sich auf die Prüfung zu beschränken, ob die Urteilsgründe Rechtsfehler enthalten (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 62. Aufl., § 337 Rn. 26 m.w.N.). Rechtsfehler sind in sachlich-rechtlicher Hinsicht dann gegeben, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH NJW 2019, 945 m.w.N). Das Urteil muss erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (vgl. BGH, Urteil vom 05. September 2017 - 1 StR 365/16 -, juris m.w.N.). Aus den Urteilsgründen muss sich ferner ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (vgl. BGH NJW 2008, 2792 m.w.N.), dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage beruht und dass die vom Gericht gezogene Schlussfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich als bloße Vermutung erweist, die letztlich nicht mehr als einen Verdacht zu begründen vermag (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 1994 - 5 StR 453/94 -; Senat, Beschluss vom 8. Juli 2015 - (3) 121 Ss 69/15 (47/15) - m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Landgerichts gerecht. Dieses hat sich insbesondere sehr detailliert mit der - bereits in sich unschlüssigen - Einlassung des Angeklagten auseinandergesetzt, fand diese jedoch vor dem Hintergrund der Angaben des als Zeugen gehörten Nebenklägers K sowie der Zeugen S, J und S widerlegt. Dabei hat das Gericht insbesondere die Angaben des Nebenklägers einer kritischen Prüfung unterzogen. Angesichts d...