Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 27 O 582/19) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, zu den nachfolgenden Erwägungen binnen eines Monats seit Zugang dieser Verfügung Stellung zu nehmen.
Gründe
Der Senat beabsichtigt im Ergebnis der Vorberatung, das Rechtsmittel des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da es offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Ausführungen des Landgerichts sind in vollem Umfang zutreffend; der Senat nimmt vorab darauf Bezug.
Dem Kläger stehen Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte entsprechend §§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, 823 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG nicht zu. Der Anspruch besteht schon deshalb nicht, weil der Kläger von der Berichterstattung über den Umgang mit Opfern sexueller Gewalt persönlichkeitsrechtlich nicht betroffen ist; jedenfalls hätte er es hinzunehmen, dass sein Fall in einer Berichterstattung über die Opfer sexueller Übergriffe wie geschehen thematisiert wird.
I. Der Kläger ist weder durch die Wortberichterstattung betroffen, noch durch deren Bebilderung.
1. Gegen rechtsverletzende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht kann nur der unmittelbar Verletzte vorgehen, nicht auch derjenige, der lediglich mittelbar oder faktisch-reflexartig belastet ist (vgl. i.E.: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl., S. 1046, Kap. 12 Rn. 43 f.).
Ein Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts steht somit demjenigen zu, der durch die Veröffentlichung individuell betroffen ist. Dies setzt voraus, dass er erkennbar zum Gegenstand einer medialen Darstellung wurde, die sich mit ihm als Individuum befasst. Die Erkennbarkeit ist zwar auch dann gegeben, wenn die Person ohne namentliche Nennung zumindest für einen Teil des Leser- oder Adressatenkreises aufgrund der mitgeteilten Umstände hinreichend identifizierbar wird. Dafür kann die Wiedergabe von Teilinformationen genügen, aus denen sich die Identität für die sachlich interessierte Leserschaft ohne weiteres ergibt oder mühelos ermitteln lässt. So kann die Schilderung von Einzelheiten aus dem Lebenslauf des Betroffenen oder die Nennung seines Wohnorts und seiner Berufstätigkeit ausreichen. Dabei genügt es grundsätzlich, wenn er für einen mehr oder minder großen Bekanntenkreis bzw. in der näheren persönlichen Umgebung erkennbar ist (BGH, Urt. v. 21.06.2005 - VI ZR 122/04 -, Rn. 10, Juris). Der Betroffene muss aber immer durch die Angaben in der Publikation selbst erkennbar sein (BVerfG, Beschluss vom 25.11.1999 - 1 BvR 348/98, 1 BvR 755/98 - Juris).
Bei Anlegung dieses Maßstabes scheitert das Rechtsmittel schon daran, dass die Berichterstattung zur Person des beschuldigten Kommilitonen denkbar vage bleibt. Sie problematisiert den Umgang mit Opfern sexueller Gewalt. Die Kunstperformance der Frau XXX wird dabei als Aufmacher verwendet. Der Fall wird als anschauliches Beispiel dafür benannt, dass der Weg in die Öffentlichkeit das vermeintliche Opfer einerseits weltberühmt macht, andererseits aber auf dieses zurückfallen könne, wenn der Name des Beschuldigten so in die Öffentlichkeit gelangt und dieser sich zur Wehr setzt. In Bezug auf den Kläger wird lediglich kursorisch mitgeteilt, dass es sich um einen deutschen Kommilitonen an der XXX University in XXX gehandelt habe. Soweit die Berufung den Standpunkt bezieht, dass die in diesem Zusammenhang mitgeteilten Anknüpfungstatsachen und Daten die Ermittlung ermöglichen, wird verkannt, dass diese Identifizierbarkeit sich nicht aus der Berichterstattung ableitet.
Entgegen der von der Berufung vertretenen Angabe genügt es im Lichte der Pressefreiheit nicht, dass der Kläger aufgrund der umfangreichen Berichterstattungen, die andere Medien im Umfeld der damaligen Vergewaltigungsvorwürfe zu seinem Fall mit deutlich weitergehenden Inhalten geleistet haben mögen, durch vergleichsweise einfache Recherchen in allgemein zugänglichen Medien gefunden werden kann.
Dem Kläger kann insbesondere nicht darin gefolgt werden, dass eine persönlichkeitsrechtliche Betroffenheit vorliegt, wenn denn nur der Detaillierungsgrad für eine erfolgreiche Recherche genügt. Die Recherchemöglichkeiten des Internets sind insbesondere wegen der über Suchmaschinen und soziale Medien verbreiteten Informationen heute nahezu unbegrenzt, erst recht gilt dies für öffentliches Aufsehen erregende Vorgänge, die Alleinstellungsmerkmale aufweisen, wie sie im hiesigen Fall gegeben sind, nachdem die Kommilitonin des Klägers ihren Fall zum Gegenstand einer Performance gemacht hat. Ermittlungen sind für den Leser der Ausgangsberichterstattung spontan, schnell und viel einfacher durchzuführen als zu den Zeiten, in denen organisatorisch...