Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 12.12.2011; Aktenzeichen (501) 69 Js 359/08 KLs (26/09)) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Angeklagten gegen die gemäß § 119 Abs. 1 StPO ergangene Anordnung des Vorsitzenden der Strafkammer 1 des Landgerichts Berlin vom 12. Dezember 2011 wird mit der Maßgabe verworfen, dass
a) von der Überwachung der Besuche, der Telefonate und des Schriftverkehrs die Kontakte des Angeklagten mit seinem Verteidiger ausgenommen sind,
b) die Tatgenossentrennung in Bezug auf A. entfällt,
c) die Teilnahme an Arbeit in Gemeinschaft und gemeinsamen Veranstaltungen gestattet wird, sofern gewährleistet ist, dass der Angeklagte mit N. keinen Kontakt aufnehmen kann.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Der Angeklagte ist am 6. Dezember 2011 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und zehn Monaten verurteilt worden. Er hat gegen das Urteil Revision eingelegt, über die noch nicht entschieden worden ist.
Der Angeklagte befindet sich seit dem 20. August 2009 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Tiergarten vom 12. August 2009 - 352 Gs 2915/09 -, später ersetzt durch den auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützten Haftbefehl der Kammer vom 16. Oktober 2009, in Untersuchungshaft. Zuletzt hat die Kammer mit Verkündung des Urteils am 6. Dezember 2011 die Fortdauer der Untersuchungshaft mit der Maßgabe beschlossen, dass dringender Tatverdacht hinsichtlich der aus der Urteilsformel ersichtlichen zwei Taten besteht.
Am 28. Dezember 2009 hatte der Vorsitzende die nachfolgend genannten Beschränkungen in der Untersuchungshaft gemäß § 119 Abs. 1 StPO angeordnet.
1. Besuch:
a) Der Empfang von Besuchen bedarf der richterlichen Erlaubnis.
b) Besuche sind - auch akustisch - zu überwachen.
2. Telekommunikation:
a) Die Telekommunikation bedarf der richterlichen Erlaubnis.
b) Die Telekommunikation ist - auch akustisch - zu überwachen.
3. Schriftverkehr:
Der Schriftverkehr ist richterlich zu überwachen, der Paketverkehr ist zu überwachen.
4. Übergabe von Gegenständen:
Die Übergabe von Gegenständen bei Besuchen mit Ausnahme der in der JVA aus den Automaten erworbenen Waren bedarf der Erlaubnis.
5. Trennung/Unterbringung
a) Der Angeklagte ist zu trennen von folgenden Personen:
A.,
D..
b) Die gemeinsame Unterbringung ist nur unter Beachtung der Trennungsanordnung zulässig.
c) Die Arbeit in Gemeinschaft ist nicht gestattet.
d) Die Teilnahme an gemeinsamen Veranstaltungen wird nicht genehmigt.
Am 26. Februar 2010 hat der Vorsitzende in Abänderung der Anordnung vom 28. Dezember 2009 die Teilnahme des Angeklagten an der sog. "Tatgenossensportgruppe" genehmigt.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 8. Dezember 2011 hat der Angeklagte beantragt, sämtliche ihn belastende Anordnungen nach § 119 StPO aufzuheben. Dies hat der Vorsitzende am 12. Dezember 2011 abgelehnt. Die dagegen eingelegte, gemäß § 119 Abs. 5 Satz 1 StPO in Verbindung mit § 304 Abs. 1 StPO zulässige Beschwerde des Angeklagten vom 8. Januar 2011, welcher der Vorsitzende nicht abgeholfen hat, führt nur zu den aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderungen und bleibt damit im Wesentlichen erfolglos.
Beschränkungen des Kontaktes des Angeklagten mit der Außenwelt, Tatgenossentrennung sowie die sich daraus ergebenden Einschränkungen in Bezug auf die Teilnahme an Arbeit und Gemeinschaftsveranstaltungen sind erforderlich, um der Flucht- und Verdunkelungsgefahr zu begegnen.
1. Anordnungen nach § 119 Abs. 1 StPO sind nur zulässig, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte eine reale Gefahr für die darin genannten Haftzwecke (Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr) besteht (vgl. BerlVerfGH, StV 2011, 165; Senat, Beschluss vom 18. Mai 2010 - 4 Ws 53/10 -; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 119 Rn. 5f. m.w.Nachw.). Bei einem - wie vorliegend - auf Fluchtgefahr gestützten Haftbefehl kann auch eine mögliche Verdunkelungsgefahr Berücksichtigung finden, wenn konkrete Hinweise dafür vorliegen, dass zwischen dem Untersuchungsgefangenen und seinen Gesprächspartnern Absprachen über Verdunkelungshandlungen getroffen werden könnten (vgl. Senat aaO.; KG, Beschluss vom 19. Januar 2010 - 3 Ws 17/10 -; Meyer-Goßner aaO.).
2. Die angeordneten Beschränkungen im Verkehr mit der Außenwelt, namentlich die Anordnungen zu 1.) bis 4.) sind nicht zu beanstanden.
a) Sowohl bei dem Erlaubnisvorbehalt für Besuche und Telekommunikation als auch bei der Anordnung der Überwachung der in diesem Rahmen geführten Gespräche sowie des Schrift- und Paketverkehrs handelt es sich um von § 119 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StPO ausdrücklich vorgesehene Maßnahmen. Ihre Anordnung ist im konkreten Fall zur Abwehr von Flucht- und Verdunkelungsgefahr erforderlich und verhältnismäßig.
Die Anordnung der Besuchs- und Telekommunikationsüberwachung stellt allerdings - wie die inhaltliche Überwachung des Schriftwechsels des Untersuchungsgefangenen - einen ganz erheblichen Eingriff in den persönlichen, durch Art. ...