Leitsatz (amtlich)
Ein ausländischer Schiedsspruch, der eine Verurteilung zur Zahlung eines Vertragsstrafzinses in Höhe von 0,5 % pro Tag ausspricht, ist mit dem ordre public in Deutschland nicht vereinbar.
Eine Reduzierung des Zinssatzes im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs kommt nicht in Betracht.
Tenor
Der am 23. April 2018 ergangene Schiedsspruch der Schiedsrichter des internationalen Handelsschiedsgerichts bei der Handels- und Industriekammer der R... F... in M..., B..., M..., K..., (Fall Nr. M ... -2017) wird für vollstreckbar erklärt, soweit die Antragsgegnerin zur Zahlung einer Hauptschuld in Höhe von 206.379,14 EUR sowie weiterer Kosten in Höhe von 24.372,44 US-Dollar an die Antragstellerin verurteilt wurde.
Wegen der Verurteilung zur Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 69.137,00 EUR wird dem Schiedsspruch vom 23. April 2018 die Anerkennung versagt und der Antrag auf Vollstreckbarerklärung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens haben die Antragsgegnerin 67 % und die Antragstellerin 33 % zu tragen.
Der Verfahrenswert wird auf 296.376,27 EUR festgesetzt.
Dieser Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Im Vertrag Nr. MG-2617 vom 9. März 2017 vereinbarten die Parteien unter Ziffer 9, dass Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Vertrag durch das Internationale Handelsschiedsgericht bei der Industrie- und Handelskammer der R... F... geregelt werden. Unter Ziffer 8 regelten die Parteien für den Fall einer Vertragsverletzung die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 0,5 % des jeweiligen Warenwertes pro Tag. Wegen der weiteren Einzelheiten der Abrede wird auf den vorgelegten Vertrag verwiesen.
Am 23. April 2018 verurteilte das Schiedsgericht bei der Industrie und Handelskammer der R... F... die Antragsgegnerin zur Zahlung einer Hauptschuld in Höhe von 206.379,14 EUR sowie einer Vertragsstrafe in Höhe von 69.137,00 EUR für einen Verzugszeitraum (mit der Hauptschuld) vom 16. Juli 2017 bis zum 21. September 2017 und Verfahrenskosten in Höhe von 24.372,44 US-Dollar. Auf die Entscheidung des Schiedsgerichts in übersetzter Fassung (Anlage K 2) wird Bezug genommen.
Die Antragstellerin beantragt,
das Urteil des Schiedsgerichts für vollstreckbar zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zurückzuweisen und dem Schiedsspruch die Anerkennung zu versagen.
Die Antragsgegnerin meint, eine Vollstreckung aus dem Schiedsspruch sei nicht zulässig, weil das Schiedsverfahren in russischer Sprache geführt worden sei.
Der Senat hat die Parteien mit Verfügung vom 22. Oktober 2018 darauf hingewiesen, dass der vereinbarte Vertragsstrafzins gegen den ordre public verstoßen dürfte. Die Antragstellerin meint, sie habe ein berechtigtes Interesse an der vereinbarten Höhe der Vertragsstrafe, hilfsweise begehrt sie eine Vollstreckbarerklärung in zulässiger Höhe. Die Antragsgegnerin hat sich dazu nicht geäußert.
II. 1. Der Antrag ist gemäß §§ 1061 Abs. 1, 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, 1064 ZPO zulässig.
2. Der Antrag ist aber nur teilweise begründet, weil der Schiedsspruch nur wegen des Tenors in der Hauptsache und wegen der Kosten für vollstreckbar erklärt werden kann, nicht jedoch wegen der Verurteilung zur Zahlung der Vertragsstrafe für Verzug.
a) Die Voraussetzungen für die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs in der Hauptsache liegen gemäß § 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO in Verbindung mit Art. V des New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckbarkeit ausländischer Schiedssprüche (UNÜ) vor.
Die Antragsgegnerin kann sich nicht darauf berufen, dass das Schiedsverfahren in russischer Sprache geführt worden ist. Die Parteien haben sich in der wirksamen Schiedsvereinbarung auf das Schiedsgericht verständigt, ohne die Sprache des Schiedsverfahrens konkret zu regeln, so dass nach den Regeln des Schiedsgerichts das Verfahren in russischer Sprache geführt werden konnte. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt darin nicht.
b) Der Schiedsspruch kann hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung einer Vertragsstrafe für den Verzug mit der Hauptschuld für die Dauer von 67 Tagen nicht für vollstreckbar erklärt werden, weil die Zinsstrafklausel, wonach im Fall des Verzugs ein Tageszins von 0,5 % geschuldet ist, mit dem gemäß Art. V Abs. 2 UNÜ von Amts wegen zu beachtenden ordre public nicht vereinbar ist. Der Tageszinssatz von 0,5 % entspricht einem Jahreszins von 180 %, der in dieser exorbitanten Höhe mit der öffentlichen Ordnung in Deutschland, wo die Vollstreckung erfolgen soll, nicht vereinbar ist.
Zwar ist grundsätzlich anerkennungsfreundlich zu verfahren und die Geltung des ordre public keinesfalls, schon gar nicht im internationalen Handelsverkehr, weit auszulegen (vgl. z.B BGH, I ZB 13/15, 06.10.2016, Rn. 55 bei juris;; BGH III ZB 40/13, 28.01.2014, NJW 2014, 1597, hier zitiert nach juris). Die Höhe des Zinssatzes ist aber auch unter Berücksichtigung der Vertragsfreiheit und des grundsätzlichen Rechts der Parteien zur Vereinbarung einer gehörigen Strafzahlung für den Verzu...