Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Schwellenwerte nach § 1 Drittelbeteiligungsgesetz
Leitsatz (amtlich)
Für die Berechnung der Schwellenwerte nach § 1 Drittelbeteiligungsgesetz sind die Arbeitnehmer von faktischen Konzernunternehmen denjenigen des herrschenden Unternehmens nicht hinzuzurechnen.
Normenkette
DrittelbG § 1
Verfahrensgang
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Berlin vom 19.12.2006 - 102 O 59/06 AktG - wird bei einem Wert von 50.000 EUR zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet.
Gründe
A. Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Antrag weiter zu entscheiden, dass der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Drittelbeteiligungsgesetz zusammenzusetzen ist.
Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine GmbH, die am Stichtag 31.3.2006 insgesamt 445 Arbeitnehmer beschäftigt hat. Zugleich ist die Antragsgegnerin an einer Reihe weiterer Unternehmen in der Rechtsform der GmbH oder der GmbH & Co. KG beteiligt, und zwar teilweise zu 100 %. Die Antragsgegnerin bestimmt Geschäftsziele, Geschäftspolitik und Maßnahmen zur Zielerreichung dieser Beteiligungsgesellschaften; letztere sind zur Gewinnabführung verpflichtet und die Antragsgegnerin hat ihre Verluste auszugleichen. Beherrschungs- oder Eingliederungsverträge bestehen mit den Beteiligungsgesellschaften hingegen nicht. Die Antragsgegnerin hat veranlasst, dass im Bundesanzeiger am 9.5.2006 eine Bekanntmachung veröffentlicht wurde, derzufolge ihre Geschäftsführung der Ansicht ist, dass der Aufsichtsrat der Gesellschaft nicht nach den für ihn maßgeblichen gesetzlichen Voraussetzungen zusammengesetzt ist. Da die Gesellschaft in der Regel weniger als 500 Arbeitnehmer beschäftige, lägen die Voraussetzungen für die Bildung eines Aufsichtsrats nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Drittelbeteiligungsgesetz nicht mehr vor.
Der Antragsteller hat sich mit seinem am 9.6.2006 beim LG eingegangenen Antrag gegen diese Bekanntmachung gewendet. Er hat gemeint, dass die in den Beteiligungsgesellschaften am Stichtag 31.3.2006 beschäftigten weiteren 100 Arbeitnehmer für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Drittelbeteiligungsgesetz maßgebliche Zahl der Arbeitnehmer hinzuzurechnen sind. Damit beschäftige die Antragsgegnerin mehr als 500 Arbeitnehmer, so dass ein gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Drittelbeteiligungsgesetz drittelparitätisch zu besetzender Aufsichtsrat fortbestehen müsse. Der Hinzurechnung von Arbeitnehmern der Beteiligungsgesellschaften stehe § 2 Abs. 2 Drittelbeteiligungsgesetz nicht entgegen. Zwar sehe diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut eine Hinzurechnung nur vor, wenn ein Beherrschungsvertrag oder eine Eingliederung vorliege, während die Antragsgegnerin mit den Beteiligungsgesellschaften einen faktischen Konzern bilde. Der Gesetzgeber habe jedoch bei der Einführung von § 2 Drittelbeteiligungsgesetz eine einheitliche Regelung des Konzernbegriffs beabsichtigt. Dabei sei übersehen worden, dass § 2 Abs. 2 Drittelbeteiligungsgesetz hätte geändert werden müssen. Bei der verabschiedeten Fassung dieser Vorschrift handele es sich um ein Redaktionsversehen. Überdies sei die Aufspaltung in ein "kleines Wahlvolk" zur Feststellung der Anwendbarkeitsvoraussetzungen von § 1 Drittelbeteiligungsgesetz und ein "großes Wahlvolk" der nach § 2 Abs. 1 Drittelbeteiligungsgesetz Wahlberechtigten nicht beabsichtigt gewesen. Schließlich gebe es keinen Grund, den Arbeitnehmern in faktischen Konzernen mit 501 bis 2000 Arbeitnehmern eine geringere Mitbestimmung zuzugestehen als in Vertrags- und Eingliederungskonzernen gleicher Größe. Das vom Wortlaut des § 2 Abs. 2 Drittelbeteiligungsgesetz abweichende Verständnis, wonach die Beschränkung auf Beherrschungsverträge und Eingliederungen entfallen müsse, sei die einzig denkbare verfassungskonforme Auslegung dieser Norm, da die Mitbestimmung gleichmäßig und gerecht zu gewähren sei.
Der Antragsteller hat beantragt zu entscheiden,
dass der Aufsichtsrat der ...-Immobilien GmbH nach § 1 Abs. 1 Ziff. 3 DrittelbG zusammenzusetzen ist.
Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin hat gemeint, dass § 2 Abs. 2 Drittelbeteiligungsgesetz gemäß seinem Wortlaut auszulegen sei, so dass es für die Bildung eines drittelparitätisch besetzten Aufsichtsrats gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Drittelbeteiligungsgesetz allein auf die bei der Antragsgegnerin beschäftigten Arbeitnehmer ankomme, wodurch der Schwellenwert von 500 Arbeitnehmern nicht erreicht werde. Die am Wortlaut orientierte Auslegung von § 2 Abs. 2 Drittelbeteiligungsgesetz entspreche auch der Regelungsabsicht des Gesetzgebers, § 77a BetrVG 1952 insoweit unverändert zu übernehmen. Sofern bei der Verabschiedung des Drittelbeteiligungsgesetzes eine Angleichung des Konzernbegriffs vorgenommen worden sei, habe sich dies allein auf § 2 Abs. 1 Drittelbeteiligungsgesetz bezogen, der ein...