Leitsatz (amtlich)
1. Die Gerichtskostenrechnung eines deutschen Gerichts betrifft eine öffentlich-rechtliche Forderung und ist als Akt der Justizverwaltung im Ausland nicht vollstreckbar. Sie ist keine Entscheidung gem. Art. 32 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001, bzw. Art. 25 des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ).
2. Dass eine Vollstreckung der Gerichtskostenrechnung im Ausland rechtlich nicht möglich ist und insofern von vornherein i.S.v. § 31 Abs. 2 S. 1 GKG (= § 58 Abs. 2 S. 1 GKG a.F.) 'aussichtslos' erscheint, befreit die Justizkasse nicht davon, ihre Forderung gegen den ausländischen Entscheidungsschuldner zumindest geltend zu machen, bevor sie auf die gesamtschuldnerische Haftung eines anderen Kostenschuldners zurückgreifen darf. Die Einschaltung der deutschen Auslandsvertretung (§ 43 Abs. 1 ZRHO nach vergeblicher Zahlungsaufforderung des Kostenschuldners kann jedoch unterbleiben, wenn nach Lage der Akten davon kein Erfolg zu erwarten ist.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 16 O 402/97) |
Tenor
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Gründe
1. Die Rechtslage beurteilt sich im vorliegenden Altfall gem. § 72 Nr. 1 GKG nach dem Gerichtskostengesetz in der bis zum 1.7.2004 geltenden Fassung (im Folgenden: GKG). Danach ist die Erinnerung der Klägerin gegen den Kostenansatz des Kostenbeamten beim KG vom 30.4.2001 - Sollstellung zur Ksb-Nr. ... vom 11.7.2001 - gem. § 5 Abs. 1 S. 1 GKG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die an keine Frist gebundene Kostenansatzerinnerung braucht lediglich schriftlich bei dem Gericht eingelegt zu werden, welches für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist (§ 5 Abs. 3 S. 1 GKG). Hierfür reicht es aus, dass der an das AG Kaufbeuren gerichtete Schriftsatz der Klägerin vom 21.2.2002 nach der Verweisung des Verfahrens an das LG Berlin im September 2002 dem in der Sache zuständigen KG zugeleitet wurde.
2. Die Erinnerung hat aber keinen Erfolg. Der angefochtene Kostenansatz ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat der Kostenbeamte die Gerichtsgebühren des Berufungsverfahrens i.H.v. restlichen 16.430,63 DM ggü. der Klägerin angesetzt.
Die Klägerin ist als Berufungsklägerin gem. § 49 S. 1 GKG Kostenschuldnerin der in zweiter Instanz entstandenen Gerichtsgebühren. Nach dieser Vorschrift ist Kostenschuldner derjenige, der das Verfahren der Instanz beantragt hat.
Der Kostenbeamte war auch durch § 58 Abs. 2 S. 1 GKG nicht daran gehindert, die Klägerin wegen der noch offenen Verfahrenskosten in Anspruch zu nehmen. Allerdings ist auch die Beklagte gem. § 54 Nr. 1 GKG Kostenschuldnerin in Höhe eines Viertels der Gerichtskosten, weil sie nach der Kostenentscheidung des KG im Urt. v. 30.5.2000 die Kosten des Rechtsstreits zu 25 % zu tragen hat. Insoweit haftet die Beklagte als Entscheidungsschuldnerin gesamtschuldnerisch mit der Klägerin (§ 58 Abs. 1 GKG) und ist nach § 58 Abs. 2 S. 1 GKG von der Justizkasse vorrangig in Anspruch zu nehmen: Soweit ein Kostenschuldner auf Grund von § 54 Nr. 1 GKG als Entscheidungsschuldner haftet, soll die Haftung eines anderen Kostenschuldners nur geltend gemacht werden, wenn eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des ersteren erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint. Diese Voraussetzungen sind hier - entgegen der Auffassung der Klägerin - erfüllt.
Nach der Vorschrift des § 58 Abs. 2 S. 1 GKG ist die Inanspruchnahme eines Zweitschuldners schon dann möglich, wenn die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Erstschuldners aussichtslos "erscheint". Es ist nicht erforderlich, dass ein erfolgloser Vollstreckungsversuch bereits stattgefunden hat. Vielmehr genügt die Wahrscheinlichkeit, dass mit einer raschen und sicheren Verwirklichung des Anspruchs der Justizkasse gegen den Schuldner nicht zu rechnen ist (KG Rpfleger 1967, 233; Markl/Meyer, GKG, 6. Aufl., § 31 Rz. 25; Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, § 58 Rz. 11, jeweils m.w.N.).
a) Im Inland verspricht eine Zwangsvollstreckung gegen die in Griechenland ansässige Beklagte keinen Erfolg. Inländisches bewegliches Vermögen der Beklagten ist der Justizkasse nicht bekannt geworden. Die Auffassung der Klägerin, die Justizkasse dürfe im Rahmen von Vollstreckungsmaßnahmen auf den von der Beklagten im Verfahren 95 O 162/99 beim LG Berlin eingezahlten Gerichtskostenvorschuss zugreifen, geht fehl. Die Beklagte hat mit der Zahlung des Gerichtskostenvorschusses in einem anderen Klageverfahren auf eine endgültige Kostenschuld (§ 69 GKG) geleistet und ihre Vorwegleistungspflicht nach § 65 Abs. 1 S. 1 GKG (Hartmann, GKG, 33. Aufl., § 69 Anm. 1 [6], § 68 Rz. 17). Es wäre der Justizkasse von Rechts wegen nicht erlaubt gewesen, die von der Beklagten in jenem Verfahren entsprechend § 366 Abs. 1 BGB getroffene Leistungsbestimmung zu ändern, die erbrachte Zahlung "umzuwidmen" und - wie von der Klägerin im Schriftsatz vom 9.7.2002 vorgeschlagen - die Weiterführung jenes ...