Leitsatz (amtlich)
1. Eine Vollstreckung ist i.S.d. § 31 GKG als aussichtslos anzusehen, wenn sie in dem jeweiligen Staat erfahrungsgemäß lange Zeit in Anspruch nehmen würde oder wenn die Vollsteckung mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre.
2. Die Vollstreckung von Gerichtskostenrechnungen wird nicht von in den Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft oder zwischenstaatlichen Vereinbarungen vorgesehenen Vollstreckungserleichterungen erfasst.
3. Die Beitreibung der in der Kostenrechnung angesetzten Gerichtskosten im Ausland richtet sich nach § 43 ZRHO.
4. Vor Heranziehung des Zweitschuldners ist es der Gerichtskasse zuzumuten, die Kostenrechnung an den im Ausland wohnenden Erstschuldner zu übersenden und ihn zur Zahlung in angemessener, ausreichend großzügig bemessener Frist aufzufordern.
6. Hierfür ist die Gerichtskasse im Bestreitensfalle dem Zweitschuldner gegenüber darlegungs- und nachweispflichtig.
Normenkette
GKG § 22 Abs. 1, § 29 Nr. 1, § 31 Abs. 2, § 66 Abs. 2; KostenVfg NRW § 8 S. 4
Verfahrensgang
AG Viersen (Beschluss vom 22.09.2002; Aktenzeichen 13 F 258/02) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Zweitschuldnerin vom 2.10.2006 wird der Beschluss des AG Viersen vom 22.9.2002 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Auf die Erinnerung der Zweitschuldnerin vom 24.5.2006 wird die auf dem Kostenansatz vom 28.12.2004/27.4.2005 (Bl. III, IV GA) beruhende Zweitschuldnerrechnung vom 10.5.2005 (Kassenzeichen 253471 266 8, IVa GA) aufgehoben.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beschwerde der Zweitschuldnerin vom 2.10.2006 (Bl. 123 GA) gegen den Beschluss des AG Viersen vom 22.9.2002 (Bl. 118 f. GA) ist gem. § 66 Abs. 2 GKG zulässig. Die Entscheidung des AG ist als Entscheidung über die Erinnerung der Zweitschuldnerin vom 24.5.2006 (Bl. 110 GA) gegen die auf dem Kostenansatz vom 28.12.2004/27.4.2005 beruhende Zweitschuldnerrechnung vom 10.5.2005 (Kassenzeichen 253471 266 8, Bl. III, IV, IVa GA) anzusehen. Aus den Gründen des Beschlusses geht hervor, dass das AG die Erinnerung für zulässig aber unbegründet hält.
Die Beschwerde der Zweitschuldnerin ist auch begründet. Die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme als Zweitschuldnerin liegen zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor. Mit der fraglichen Kostenrechnung werden die nach der Kostengrundentscheidung im Urteil des AG Viersen vom 17.8.2004 (Bl. 84 f. GA) von dem Antragsgegner des Verfahrens zu tragenden hälftigen Gerichtskosten geltend gemacht. Auch hierfür haftet die Zweitschuldnerin, weil sie das Eheaufhebungsverfahren eingeleitet hat, § 22 Abs. 1 GKG. Sie haftet insoweit neben dem Antragsgegner des Verfahrens, dessen Haftung sich aus § 29 Nr. 1 GKG ergibt. Die Reihenfolge der Inanspruchnahme ergibt sich aus § 31 Abs. 2 GKG. Danach soll die Haftung eines anderen Kostenschuldners nur dann geltend gemacht werden, wenn die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Entscheidungs- oder Übernahmeschuldners (hier des Antragsgegners des Verfahrens) erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint. Dies kann zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht festgestellt werden.
1. Die Tatsache, dass im Ausland zu vollstrecken wäre, macht die Vollstreckung allein noch nicht aussichtslos. Sinn und Zweck einer Zwangsvollsteckung in das bewegliche Vermögen ist aber die rasche Befriedigung des Gläubigers. Daher ist eine Vollstreckung als aussichtslos anzusehen, wenn sie in dem jeweiligen Staat erfahrungsgemäß lange Zeit in Anspruch nehmen würde oder wenn die Vollsteckung mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre (vgl. Senat, JurBüro 1994, 111; Meyer, GKG, 8. Aufl., § 31 Rz. 27 m.w.N.; Oestreich/Winter/Hellstab, GKG, § 31 Rz. 17). Diese allgemein anerkannten Grundsätze haben Niederschlag in § 8 Abs. 1 Satz 4 Kostenverfügung NRW gefunden, der als Verwaltungsanordnung zur Durchführung des GKG allein behördeninterne Bindung zukommt (vgl. Meyer, Anhang VII Vorbemerkung zur Kostenverfügung); eine Überprüfung der Verwaltungsanordnung durch den Senat findet daher nicht statt.
Hier würde eine Vollstreckung der Gerichtskosten am Wohnort des Erstschuldners in Rimini/Italien nach dem derzeitigen Stand der Rechtslage allerdings unverhältnismäßig lange Zeit in Anspruch nehmen und mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden sein. Die Gerichtskostenrechnung betrifft eine öffentlich-rechtliche Forderung und hat als Akt der Justizverwaltung die rechtliche Qualität eines Verwaltungsaktes. Die Einziehung der angesetzten Gerichtskosten erfolgt im Inland im Verwaltungszwangsverfahren nach der Justizbeitreibungsordnung (vgl. Meyer, § 19 Rz. 2, 3). Im Ausland ist dagegen eine Vollstreckung der Gerichtskostenrechnung als Akt der Justizverwaltung nicht ohne weiteres möglich. Entgegen der Auffassung der Zweitschuldnerin wird die Vollstreckung von Gerichtskostenrechnungen nicht von in den Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft oder zwischenstaatlichen Vereinbarungen vorgesehenen Vollstreckungserleichterungen erfasst (vgl. auch KG Beschluss vom 7.7.2005, 1 AR 32/...