Leitsatz (amtlich)
Ein fälschlich als Versäumnisurteil bezeichnetes streitiges Urteil kann trotz des Meistbegünstigungsgrundsatzes nicht mehr mit der Berufung angegriffen werden, nachdem es auf den ebenfalls eingelegten Einspruch hin durch weiteres Urteil des erstinstanzlichen Gerichts aufrechterhalten worden ist.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 11.11.2014; Aktenzeichen 29 O 143/14) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 11.11.2014 verkündete Versäumnisurteil des LG Berlin - 29 O 143/14 - wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der klagende Grundstückserwerber hat mit der Klage von der Beklagten als vormaliger Gewerbemieterin teilweise Rückzahlung eines Inventarkaufpreises sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte die mit der Beseitigung im einzelnen bezeichneter Mängel einher gehenden Kosten zu tragen hat. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Anträge in erster Instanz wird auf die als "Versäumnisurteil" bezeichnete Entscheidung vom 11.11.2014 Bezug genommen, mit der das LG die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt hat, das Urteil beruhe hinsichtlich des Feststellungsbegehrens nicht auf der Säumnis des Klägers im Termin, sondern auf der Unzulässigkeit der Feststellungsklage mangels Feststellungsinteresses.
Mit seiner am 19.12.2014 eingegangenen Berufung gegen diese Entscheidung verfolgt der Kläger seinen Feststellungsantrag wegen der meisten Mängel weiter. Auf seinen am 4.12.2014 eingegangenen Einspruch, mit dem der Kläger die Klage insgesamt weiter verfolgt und erweitert. hat, hat das LG mit Urteil vom 24.3.2015 das "Versäumnisurteil" vom 11.11.2014 insgesamt aufrechterhalten.
Der Kläger macht geltend, angesichts der falschen Bezeichnung der Entscheidung über den Feststellungsantrag sei die Berufung nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz neben dem Einspruch zulässig. Die Feststellungsklage sei zulässig, da die Schadensentwicklung nicht abgeschlossen sei und er nicht darauf verwiesen werden könne, aus eingeholten Kostenvoranschlägen ermittelte voraussichtliche Kosten geltend zu machen oder die Mängel binnen einer bestimmten Frist zu beseitigen. Ohnehin sei eine nachträgliche Bezifferung im Laufe des Prozesses nicht geboten.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils des LG Berlin vom 11.11.12014 festzustellen, dass die Beklagte die mit der Beseitigung folgender Mängel in den nachfolgend bezeichneten Wohnungen sowie an den Fassaden des Gebäudes ...einher gehenden Kosten zu tragen hat:
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie rügt, dass die Berufung nach dem Endurteil des LG über den Einspruch unzulässig sei. Im Übrigen stellt sie das Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage sowie Schadensersatzansprüche des Klägers in Abrede.
II. Die Berufung ist gem. § § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
Zwar handelte es sich bei der Entscheidung vom 11.11.2014 trotz ihrer Bezeichnung als "Versäumnisurteil" ausweislich der Entscheidungsgründe um ein streitiges und damit der Berufung unterliegendes Urteil; maßgebend ist der Inhalt der Entscheidung (BGH, Beschl. v. 3.11.1998 - VI ZB 29/98, NJW 1999, 583, 584 mit weiteren Nachweisen). Verlautbart das Gericht seine Entscheidung in einer falschen Form, steht den Parteien sowohl derjenige Rechtsbehelf zu, der nach der Art der tatsächlich ergangenen Entscheidung statthaft ist, als auch dasjenige Rechtsmittel, das bei einer in der richtigen Form ergangenen Entscheidung zulässig wäre (BGH, a.a.O., mit weiteren Nachweisen).
Allerdings soll dieser Meistbegünstigungsgrundsatz die beschwerte Partei lediglich vor Nachteilen schützen, die auf der unrichtigen Entscheidungsform beruhen, ihr aber keine prozessualen Vorteile verschaffen (vgl. BGH, Beschl. v. 17.12.2008 - XII ZB 125/06, MDR 2009, 1000, zitiert nach juris Tz. 17; OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.6.1997 - 7 W 18/97, NJW-RR 1998, 1286, zitiert nach juris Tz. 13 mit weiteren Nachweisen) und keine Vermehrung der Anfechtungsmöglichkeiten gegen eine der Form nach unkorrekte Entscheidung bewirken (OLG Brandenburg, Beschl. v. 1.2.1996 - 5 U 118/95, MDR 1996, 635; Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., vor § 511 Rz. 43).
Es mag dahin stehen, ob die Berufung von vornherein unzulässig war, weil der Kläger zuvor bereits Einspruch eingelegt hatte (so OLG Brandenburg, Beschluss vom 1.2.1996, a.a.O.; Rimmelspacher in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl., vor §§ 511 ff. Rz. 92). Jedenfalls wäre es eine unzulässige Erweiterung des gesetzlichen Rechtsmittelzuges, wenn beide Rechtsmittel unbeschränkt nebeneinander durchgeführt werden könnten. Dabei kann vorliegend offen bleiben, ob eine Partei, die beide möglichen Rechtsmittel eingelegt hat, sich schon bis zur Entscheidung über eines der Rechtsmittel für eines von beiden entscheiden muss (so Althammer, a.a.O., mit weiterem Nachweis). Jedenfalls kann der Kläger - wie mit der Berufungserwiderung eingewandt - das "Versäumnisurteil" vo...