Gründe
(a) ›... Inwieweit der Verlust des Arbeitsplatzes sich als eine die Abänderung eines Unterhaltstitels rechtfertigende Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse darstellt, ist in Rechtspr. und Schrifttum noch nicht hinreichend geklärt. Überwiegend wird im Anschluß an den veröffentlichten Leitsatz einer Entscheidung des LG Karlsruhe (FamRZ 1978, 259) angenommen, daß der Unterhaltspflichtige im Hinblick auf eine möglicherweise eintretende kurzfristige Arbeitslosigkeit Rücklagen bilden müsse. Erst eine dauerhafte Arbeitslosigkeit stelle eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse dar. Zur Schlüssigkeit des Abänderungsbegehrens gehöre in diesem Fall aber die Darlegung, daß der Unterhaltspflichtige alle Möglichkeiten ausgeschöpft habe, wieder eine Arbeit zu finden [folgen Lit.-Hinw.].
Diese Grundsätze bedürfen einer Modifikation, die den inzwischen eingetretenen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt Rechnung trägt. Zwar ist es sicherlich immer noch richtig, daß eine nachweisbar kurzfristig gebliebene Arbeitslosigkeit keine Abänderung eines Unterhaltstitels rechtfertigt. Für Wechselfälle des Lebens Ä und dazu gehört auch eine kurzfristige Arbeitslosigkeit von wenigen Monaten Ä hat der Unterhaltspflichtige Vorsorge zu treffen, indem er Rücklagen bildet, die ihn in die Lage versetzen, seine Unterhaltspflichten auch dann noch zu erfüllen, wenn seine Leistungsfähigkeit vorübergehend beeinträchtigt ist. Allerdings ist auch in solchen Fällen eine Differenzierung zu erwägen. In den sog. Mangelfällen, in denen dem Unterhaltspflichtigen nur wenig mehr als der Selbstbehalt verbleibt, kann die Bildung von Rücklagen zur Überbrückung auch nur kurzfristiger Arbeitslosigkeit kaum erwartet werden.
(b) Dieses Problem bedarf indessen im vorl. Fall keiner Vertiefung. Denn die Arbeitslosigkeit des Kl. dauert schon länger als 7 Monate. In einem solchen Fall kann nicht mehr von einer kurzfristigen Arbeitslosigkeit gesprochen werden. ... Zu [den] Realitäten der Gegenwart gehört es, daß es auch gelernten Arbeitskräften häufig nicht gelingt, innerhalb einer Zeit, die durch die Bildung von Rücklagen ohne weiteres überbrückt werden kann, wieder eine Beschäftigung zu finden. Dies muß bei den an die Schlüssigkeit des Abänderungsbegehrens zu stellenden Anforderungen beachtet werden. Allerdings kann auch in Zeiten einer verbreiteten Arbeitslosigkeit von dem Unterhaltspflichtigen erwartet werden, daß er alle Anstrengungen unternimmt, um wieder erwerbstätig sein zu können. Die Meldung beim Arbeitsamt reicht nicht aus. Es müssen sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Etwa durch ständige Auswertung des Anzeigenmarktes in Zeitungen und Zeitschriften. Aufgabe eigener Stellengesuche in Zeitungen. Erkundigungen im Bekanntenkreis etc.. Führen diese Bemühungen indessen innerhalb angemessener Zeit nicht zum Erfolg, so kann Abänderung eines Unterhaltstitels verlangt werden.
(c) Die Beurteilung, wie lange nach Eintritt der Arbeitslosigkeit mit der Erhebung der Abänderungsklage gewartet werden muß, bleibt dem Einzelfall vorbehalten. Hierfür sind die jeweiligen Umstände Ä Alter und Gesundheitszustand des Unterhaltspflichtigen, Art des erlernten Berufs und die Besonderheiten der jeweiligen Branche - maßgebend.
Eine Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf den vorl. Fall ergibt, daß [hinreichende Erfolgsaussicht i. S. des § 114 ZPO für die vom Kl. beabsichtigte Unterhaltsabänderungsklage nicht verneint werden kann]. ... Das Vorbringen des Kl. zum Umfang seiner Bemühungen um die Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes ist zwar nicht allzu ergiebig. Es kann indessen nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Kl. vorgetragen hat, das Arbeitsamt habe ihm Arbeitsförderung in Form einer Umschulung zum Straßenbauschachtmeister gewährt ..; hierdurch werde seine Vermittlungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt erheblich erhöht. Allerdings reicht der Umstand, daß dem Kl. staatliche Förderung in Form einer Umschulung gewährt wird, nicht aus, um allein hieraus herzuleiten, daß der Kl. seiner Erwerbsobliegenheit nachkommt. Vorschriften und Richtlinien der staatlichen Förderung nach dem ArbFördG greifen ebensowenig in die privatrechtliche Unterhaltspflicht ein, wie dies bei der Ausbildungsförderung der Fall ist. ...‹
Fundstellen
Haufe-Index 2993789 |
DRsp IV(415)167a-c |
FamRZ 1984, 1245 |