Leitsatz (amtlich)
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 07.05.2008) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin - Jugendschöffengericht - vom 7. Mai 2008 im Rechtsfolgenausspruch - auch soweit es den Verurteilten betrifft - mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten - Jugendschöffengericht - zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit versuchter Nötigung in drei Fällen sowie versuchten Raubes in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, jeweils gemeinschaftlich begangen mit zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. hat es wegen dieser Taten und zusätzlich wegen gemeinschaftlichen Raubes, gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung und Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von neun Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Das Urteil ist gegen rechtskräftig geworfen. Die Revision des Angeklagten hat mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts teilweise Erfolg.
1.
Die Revision ist im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet.
2.
Indes unterliegt der Rechtsfolgenausspruch der Aufhebung, denn die Verhängung von Jugendstrafe wegen der Schwere der Schuld ist nicht frei von Rechtsfehlern.
Zutreffend weist die Generalstaatsanwaltschaft Berlin in ihrer Stellungnahme zu dem Rechtsmittel darauf hin, dass sich die Schwere der Schuld im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG nach dem Gewicht der Tat und der in der Persönlichkeit des Angeklagten begründeten Beziehung zu ihr bemisst. Dabei kommt dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat gegenüber der charakterlichen Haltung und dem Persönlichkeitsbild des Angeklagten keine selbständige Bedeutung zu. Die Schwere der Schuld ist nicht abstrakt messbar, sondern nur in Beziehung zu einer bestimmten Tat zu erfassen, so dass deren äußerer Unrechtsgehalt, insbesondere die Wertung des Tatunrechts, die in der gesetzlichen Strafandrohung ihren Ausdruck findet, nicht unberücksichtigt bleiben darf. Demgemäß ist die Schwere der Schuld vor allem bei Kapitalverbrechen zu bejahen und wird daneben in der Regel nur bei anderen besonders schweren Taten in Betracht kommen (vgl. KG, Beschluss vom 15. September 2005 - (4) l Ss 197/05 (125/05) -). Derartige besonders schwere Taten, die insbesondere im Verhältnis zu vergleichbaren häufig vorkommenden, gruppendynamisch geprägten räuberischen Delikten unter Jugendlichen mithin "herausragen" würden, hat das Amtsgericht indes in dem angefochtenen Urteil nicht festgestellt. Die Annahme der Schwere der Schuld hat es ersichtlich im Wesentlichen auf die Anzahl der Taten und auf den Umstand der Verbrechensqualität im allgemeinen Strafrecht gestützt (UA S. 8), wobei es jedoch nicht hinreichend berücksichtigt hat, dass trotz der Annahme von Tatmehrheit die Tatbegehungen in einem relativ engen Zusammenhang stehen und die Tatfolgen für die jeweiligen Tatopfer -auch vor dem Hintergrund des relativ geringfügigen Gewalteinsatzes - ein nicht besonders gravierendes Ausmaß erreicht haben. Es lässt sich daher besorgen, dass das Amtsgericht zu einseitig auf das verwirklichte Tatunrecht abgestellt hat
(vgl. KG, Beschluss vom 22. September 2004 - (4) I Ss 113/04 (50/04) -; OLG Zweibrücken NStE JGG § 17 Nr. 7).
Beherrschender Strafzweck des Jugendstrafrechts ist zudem der Erziehungsgedanke. Daher darf Jugendstrafe nur - und nur in solcher Höhe - verhängt werden, wenn und soweit dies aus erzieherischen Gründen erforderlich ist. Auch für die Frage, in welcher Höhe unter dem Gesichtspunkt der Schuldschwere als "ultima ratio" Jugendstrafe verhängt werden kann, sind in erster Linie erzieherische Gründe maßgebend (vgl..KG, Beschlüsse vom 15. September 2005 - (4) l Ss 197/05 (125/05) - und 22. September 2004 -(4) l Ss 113/04 (50/04) -; s. auch BGHSt 15, 224; OLG Köln StV 1999, .667; OLG Düsseldorf StraFo 2007, 475; OLG Brandenburg StV 2001, 176).
Die danach für die rechtsfehlerfreie Anwendung des § 17 Abs. 2 JGG unerlässliche zusätzliche Erörterung, ob die Verhängung von Jugendstrafe zur erzieherischen Einwirkung auf den geständigen, bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getretenen und zum Tatzeitpunkt gerade strafmündig gewordenen Angeklagten geboten ist, genügt den hieran zu stellenden Anforderungen nicht. Das Urteil muss erkennen lassen, welche konkreten erzieherischen Wirkungen von der Jugendstrafe ausgehen sollen (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.). Die lediglich allgemein gehaltene, eher floskelhafte Wen...