Leitsatz (amtlich)
1. Für die Entgegennahme der Anfechtung des Testaments eines mit letztem Wohnsitz und dauerndem Aufenthalt in der DDR oder Ost-Berlin verstorbenen Erblassers fehlt den Nachlaßgerichten der Bundesrepublik jedenfalls dann die interlokale Zuständigkeit, wenn der Nachlaß nicht ausschließlich auf dem Gebiet der Bundesrepublik belegen und mit der Einreichung der Erklärung beim zuständigen Staatlichen Notariat auch keine politische Gefährdung für Beteiligte verbunden ist.
2. Die bei einem interlokal unzuständigen Nachlaßgericht eingereichte Anfechtungserklärung, die nicht an das zuständige Nachlaßgericht (Staatliche Notariat) weitergeleitet worden ist, kann nicht in analoger Anwendung von § 7 FGG deswegen als wirksam angesehen werden, weil das angegangene Gericht seine Unzuständigkeit nicht erkannt und daher die Zusendung der Abschrift der Anfechtung an die anderen Beteiligten veranlaßt hat.
Da der Senat mit dieser Auslegung des § 7 FGG von der für einen vergleichbaren Fall in RGZ 71, 380 vertretenen Ansicht des Reichsgerichts abweicht, wird die Sache dem Bundesgerichtshof gemäß §28 FGG vorgelegt.
Normenkette
BGB § 2081; FGG §§ 7, 73
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 14.04.1975; Aktenzeichen 83 T 391/74) |
AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 60 VI 1559/72) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
Die Beteiligte zu 2) ist die Witwe des am 23. Juni 1970 mit letztem Wohnsitz und dauerndem Aufenthalt in Berlin-Mitte (sowjetischer Sektor) verstorbenen deutschen Erblassers. In einem vor dem Notar Dr. F. N. in B. am 6. April 1944 errichteten Testament – UR Nr. 7… –, das am 17. November 1970 vom Staatlichen Notariat von Groß-Berlin eröffnet worden ist, hat der Erblasser seine Schwester G. K. zu 2/3 und seine Schwester H. B. geb. K. zu 1/3 als Erben eingesetzt sowie ferner bestimmt, daß beim Vorversterben einer seiner Schwestern ohne Hinterlassung von Abkömmlingen die überlebende Schwester allein erben solle. G. K. ist ohne Hinterlassung von Abkömmlingen am 11. Oktober 1968 vorverstorben; H. B. hat den Erblasser überlebt und ist zwischen dem 26. und 28. Juli 1970 verstorben.
Neben Vermögensgegenständen in Ost-Berlin und in der DDR, unter anderem dem Miteigentumsanteil an einem Grundstück in N./O., gehört zum Nachlaß des Erblassers auch der Miteigentumsanteil an einem Mietwohngrundstück in B. (T.), V., nebst Beteiligung am Bestand eines Geldkontos der Hausverwaltung.
Ein von dem Staatlichen Notariat von Groß-Berlin am 15. September 1970 nach dem Erblasser ausgestellter Erbschein – O. NR 1… –, der die Beteiligte zu 2) als Alleinerbin auswies, ist nach Eröffnung des Testaments wegen Unrichtigkeit eingezogen worden.
Die durch einen Nachlaßpfleger vertretenen unbekannten Erben nach H. B. (Beteiligte zu 1)) haben im Dezember 1970 bei dem Amtsgericht Lichterfelde die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins beantragt, der H. B. als Alleinerbin ausweisen soll. Der Antrag ist zuständigkeitshalber an das Amtsgericht Wedding abgegeben worden, in dessen Bezirk das Grundstück in Berlin 27 belegen ist. Die Beteiligte zu 2) hat diesem Erbscheinsantrag widersprochen und mit einem Schriftsatz vom 28. Januar 1971 das Testament vom 6. April 1944 angefochten. Dieser Schriftsatz wurde zunächst irrtümlich beim Amtsgericht Lichterfelde zu den Akten über die Nachlaßpflegschaft nach H. B. (69 VI 1…) eingereicht und später auf Veranlassung der Beteiligten zu 2) zu den Akten des Amtsgerichts Wedding über das Erbscheinsverfahren weitergeleitet, wo er am 10. Februar 1971 eingegangen ist. Die Beteiligte zu 2) hat die Anfechtung des Testaments damit begründet, daß der Erblasser von den Nationalsozialisten verfolgt worden sei und befürchtet habe, seine Ehefrau würde als Erbin das Vermögen im Wege der Sippenhaftung verlieren. Nach Kriegsende, als sich diese Annahme als irrig herausgestellt habe, sei dem Erblasser die Testamentserrichtung wahrscheinlich nicht mehr in Erinnerung gewesen.
Das Amtsgericht Wedding hat den Anfechtungsschriftsatz der Beteiligten zu 2) gemäß Verfügung des Richters vom 15. Februar 1971 an die Beteiligten zu 1) zu Händen des Nachlaßpflegers zur Stellungnahme übersandt und sodann durch richterlichen Beschluß vom 20. März 1971 den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen, weil das Testament aufgrund einer rechtswidrigen Drohung errichtet und von der Beteiligten zu 2) rechtzeitig angefochten worden sei.
Die Beteiligten zu 1) haben gegen diesen Beschluß Beschwerde eingelegt. In dem Beschwerdeverfahren hat der Berichterstatter der Zivilkammer 83 des Landgerichts Berlin mit Verfügung vom 22. November 1974 den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) auf Bedenken gegen die Wirksamkeit der Anfechtung hingewiesen und die Auffassung vertreten, das Staatliche Notariat von Groß-Berlin sei für die Entgegennahme ausschließlich zuständig, daher sei die dortige wirsame Anfechtung nachzuweisen. Die Beteiligte zu 2) hat hierauf erwidert, daß nur das Amtsge...