Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 11.02.2013; Aktenzeichen (501) 251 Js 151/12 KLs (19/12)) |
Tenor
Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 11. Februar 2013 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht Berlin führte in der Zeit vom 8. Januar 2013 bis zum 5. Februar 2013 die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten durch, der von Rechtsanwalt T als Wahlverteidiger vertreten wurde. Am 5. Februar 2013 verurteilte das Landgericht den Angeklagten wegen Betruges in fünf Fällen, viermal davon in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten. Am 8. Februar 2013 beantragte Rechtsanwalt T, ihn als Pflichtverteidiger beizuordnen. Mit Beschluss vom 11. Februar 2013 bestellte ihn der Vorsitzende der Strafkammer "für das weitere Verfahren" nach § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO zum Pflichtverteidiger. Mit seiner Beschwerde, der der Vorsitzende nicht abgeholfen hat, wendet sich der Angeklagte gegen die Beschränkung der Beiordnung für das weitere Verfahren.
1. Die Beschwerde ist nach § 304 Abs. 1 StPO statthaft. Sie ist nicht durch § 305 Satz 1 Satz 1 StPO ausgeschlossen, weil der angegriffene Beschluss mit der Urteilsfindung in keinem inneren Zusammenhang steht. Er dient der Sicherung des justizförmigen Verfahrens und erlangt dadurch eine eigenständige verfahrensrechtliche Bedeutung.
2. Soweit die rückwirkende Pflichtverteidigerbestellung für die durchgeführte Hauptverhandlung abgelehnt wurde, ist das Rechtsmittel mangels Beschwer des Angeklagten unzulässig.
Eine Beschwer setzt voraus, dass die ergangene (oder abgelehnte) Entscheidung einen unmittelbaren Nachteil für den betroffenen Verfahrensbeteiligten bewirkt, seine geschützten Interessen beeinträchtigt und die Beseitigung eines unzutreffenden Beschlusses dem Beschwerdeführer die Aussicht auf eine andere, ihm günstigere Entscheidung eröffnet (vgl. BGHSt 27, 290, 293). Daran fehlt es hier, denn der Rechtszug, für den die (rückwirkende) Pflichtverteidigerbestellung beantragt wird, ist abgeschlossen. Durch die Mitwirkung von Rechtsanwalt T als Wahlverteidiger war eine ordnungsgemäße Verteidigung des Angeklagten in diesem Rechtzug gesichert.
Eine rückwirkende nachträgliche Bestellung (für die Hauptverhandlung) zum Pflichtverteidiger kommt nach der Rechtsprechung nicht in Betracht (vgl. KG, Beschlüsse vom 20. Juli 1998 - 4 Ws 118/98 -, 5. November 2011 - 3 Ws 510/01 -, 9. März 2006 - 5 Ws 563/05 -, 12. Januar 2011 - 3 Ws 13/11 -). Dies gilt auch dann, wenn das Verfahren - wie hier - insgesamt noch nicht abgeschlossen ist. Denn die Beiordnung eines Pflichtverteidigers dient der ordnungsgemäßen Verteidigung des Angeklagten sowie einem ordnungsgemäßen Verfahrensablauf in der Zukunft. Eine Rückwirkung wäre auf etwas Unmögliches gerichtet und würde eine notwendige Verteidigung des Angeklagten in der Vergangenheit nicht gewährleisten. Eine Beiordnung erfolgt insbesondere nicht im Kosteninteresse des Angeklagten oder um dem Verteidiger einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zu verschaffen (vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2009, 113; OLG Stuttgart NStZ-RR 2008, 21; OLG Bamberg NJW 2007, 3796; KG Beschlüsse vom 12. Januar 2011 - 3 Ws 13/11 - und 11. Mai 2009 - 4 Ws 44/09 -; Senat, StV 2007, 372 = StraFo 2006, 200 und Beschlüsse vom 18. Mai 2011 - 2 Ws 121-122/11 - und 27. Dezember 2010 - 2 Ws 660/10 -). An diesen Grundsätzen vermag auch der Umstand, dass Revision eingelegt wurde, nichts ändern.
3. Die Bestellung eines Verteidigers erfolgt grundsätzlich für die Zukunft, so dass der Hinweis in dem angefochtenen Beschluss ohnehin nur klarstellenden Charakter hatte.
Inwieweit dem Verteidiger durch die Beiordnung, die vor Einlegung der Revision erfolgte, Gebühren für frühere Verfahrensteile zustehen (§§ 48 Abs. 5, 19 RVG) ist nicht im hiesigen Verfahren, sondern im davon unabhängigen Kostenfestsetzungsverfahren zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.
Fundstellen