Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 13.01.2012; Aktenzeichen (567) 281 Js 3171/11 Ns (16/12))

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. November 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten am 15. November 2011 wegen versuchter Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und (in weiterer Tateinheit mit) Beleidigung zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt. Dagegen hat die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, die sie auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat.

Das Landgericht hat die Beschränkung des Rechtsmittels für wirksam erachtet und mit dem angefochtenen Urteil vom 13. November 2012 das Urteil des Amtsgerichts im Rechtsfolgenausspruch abgeändert. Es verurteilte den Angeklagten wegen der festgestellten Tat zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten und setzte deren Vollstreckung zur Bewährung aus. Die Einbeziehung einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15 Euro wegen Erschleichens von Leistungen aus einem Strafbefehl des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel vom 17. Mai 2011 lehnte die Strafkammer unter Hinweis auf § 53 Abs. 2 StGB ab und ließ sie gesondert bestehen.

Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten, form- und fristgerecht eingelegten sowie auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen sowie sachlichen Rechts und wendet sich insbesondere gegen die Nichteinbeziehung der Geldstrafe in eine Gesamtstrafe. Des Eingehens auf die Verfahrensrügen bedarf es nicht, da die Revision bereits mit der Sachrüge (vorläufig) Erfolg hat.

II.

Das angefochtene Urteil hält rechtlicher Überprüfung schon deshalb nicht stand, weil das Landgericht die erforderlichen eigenen Feststellungen zum Strafausspruch nicht in der gebotenen Weise getroffen hat. Im Übrigen erweisen sich jedoch auch die Strafzumessungserwägungen hinsichtlich der hier zu verhängenden Einzelstrafe und der unterbliebenen Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel in eine nachträgliche Gesamtstrafe als rechtsfehlerhaft.

1. Die Berufungsbeschränkung, deren Wirksamkeit das Revisionsgericht von Amts wegen und ohne Bindung an die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts prüft (vgl. BGHSt 27, 70, 72; Meyer-Goßner, StPO 55. Aufl., § 318 Rn. 33, § 352 Rn. 4), ist wirksam.

Voraussetzung für eine wirksame Rechtsmittelbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ist, dass die Straffrage losgelöst von dem nicht angegriffenen Teil der Entscheidung rechtlich und tatsächlich selbstständig beurteilt werden kann, ohne dass eine Prüfung des übrigen Urteilsinhaltes erforderlich ist (vgl. BGHSt 39, 208, 209). In aller Regel erfordert dies, dass die Feststellungen des angefochtenen Urteils so umfassend sind, dass sie den Schuldspruch tragen und eine hinreichende Grundlage für die Beurteilung der Rechtsfolgen bilden (vgl. BGHSt 29, 359, 364; KG, Beschluss vom 24. April 2002 - [3] 1 Ss 89/02 [44/02] -; Meyer-Goßner aaO. § 318 Rn. 16 und 17). Dem wird das Urteil des Amtsgerichts noch gerecht.

Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte sich am 15. Mai 2011 gegen 20.40 Uhr nach einem Fußballspiel zwischen Hertha BSC und dem FC Augsburg gemeinsam mit mehreren anderen Fans im Bereich der Hardenbergstraße Ecke Joachimsthaler Straße befand und dort auf öffentliches Straßenland urinierte. Dies beobachtete der Polizeibeamte M, der daraufhin ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen den Angeklagten einleiten und ihn zur Feststellung der Personalien mit zum Mannschaftswagen bitten wollte. Nachdem der Angeklagte zunächst zögerlich mitgekommen war, verweigerte er am Polizeifahrzeug die Angabe seiner Personalien und die Vorlage von Dokumenten, weshalb der Polizeibeamte M dem Angeklagten mitteilte, er werde ihn nun durchsuchen. Als er dies beginnen wollte, schlug der Angeklagte unvermittelt mit der rechten Faust in Richtung des Kopfes des Polizeibeamten M, der dem Schlag jedoch ausweichen konnte und daher nicht verletzt wurde, was der Angeklagte hingegen in Kauf genommen hatte. Außerdem bezeichnete er den Zeugen M als "Bastard". Gegen die wegen dieser beiden Straftaten nun erfolgende vorläufige Festnahme wehrte sich der Angeklagte, indem er seinen Oberkörper mehrfach ruckartig hin- und herbewegte und auch weiterhin versuchte, in Richtung des Beamten M zu schlagen.

Ergänzend hat das Amtsgericht in seinem Urteil noch das Folgende ausgeführt: "Der Angeklagte hatte im Laufe des Nachmittags und Abends bis zu 10 Biere zu je 0,5 Litern getrunken und war entsprechend angetrunken, ohne dass er jedoch in seiner Schuldfähigkeit beeinträchtigt gewesen wäre."

Diese, vom Angeklagten nicht angegriffenen Feststellungen durfte das Berufungsgericht seinem Urteil insoweit zu Grunde legen, als damit ...

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