Leitsatz (amtlich)
Der Begriff der "gleichen Aufmachung" in § 20 Absatz 1 Satz 2 MStV verlangt zwar keine Identität. Notwendig ist aber eine mit der Erstinformation gestaltungsidentische Darstellung. Entscheidend ist, dass die Gegendarstellung die gleiche Aufmerksamkeit finden kann wie die Erstmitteilung. Es muss sichergestellt sein, dass der gleiche Interessentenkreis erreicht und der gleiche Grad an Aufmerksamkeit gewährleistet ist. Bei einem gesprochenen Text in einem Video verlangt dies eine Gegendarstellung, die ebenfalls gesprochen wird.
Normenkette
MStV § 20 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Berlin II (Aktenzeichen 27 O 452/23) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin II vom 21. Februar 2024, 27 O 452/23, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist nach den Bestimmungen der §§ 793, 567 Absatz 1 Nummer 1 ZPO statthaft und zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt.
Sie ist aber nicht begründet.
I. Die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung (§ 750 ZPO) liegen vor. Zum Zeitpunkt des Erlasses des auf § 888 Absatz 1 ZPO beruhenden Zwangsgeldbeschlusses lag ein vollstreckbarer, insbesondere bestimmter Titel vor. Die einstweilige Verfügung vom 7. November 2023 war bereits mit ihrem Erlass und damit zur Zeit der geltend gemachten Zuwiderhandlung auch unbedingt vollstreckbar. Nach der Natur der Sache bedurfte es dazu keines besonderen Ausspruchs. Der Titel ist zugestellt worden. Schließlich hat die Gläubigerin mit Schriftsatz vom 16. Januar 2024 auch einen Antrag nach § 888 Absatz 1 ZPO gestellt.
II. Wie vom Landgericht angenommen, hat die Schuldnerin ihre Verpflichtungen aus dem Beschluss vom 7. November 2023 bis heute nicht erfüllt.
1. Denn der Schuldnerin ist durch den Beschluss aufgegeben worden, in gleicher Aufmachung wie die Tatsachenbehauptung in dem am ... veröffentlichten Video "..." unter der URL ... und in Anlage ASt 4 ersichtlich unverzüglich, ohne Einschaltungen und Weglassungen, ohne Kosten für den Antragsteller und ohne zusätzliches Abrufentgelt folgende Gegendarstellung in ihr Angebot aufzunehmen:
"Auf dem ... wurde in dem Videobeitrag vom ... mit dem Titel "..." folgende Tatsache über den ... behauptet: '....' Hierzu stellen wir fest: ..."
und diese so lange wie die Tatsachenbehauptung in unmittelbarer Verknüpfung mit ihr anzubieten; für den Fall, dass die Tatsachenbehauptung nicht mehr angeboten wird oder das Angebot vor Aufnahme der Gegendarstellung endet, die Gegendarstellung an vergleichbarer Stelle so lange anzubieten, wie die ursprünglich angebotene Tatsachenbehauptung."
2. Die Schuldnerin hat vor diesem Hintergrund ihr am 2. Oktober 2023 veröffentlichtes Video zwar verändert. Anstelle der ursprünglichen Tatsachenbehauptung wird jetzt Musik eingespielt. Außerdem wird ab Minute 9:42 des Videos folgender Text eingeblendet:
((Abbildung))
3. Mit dieser Einblendung, gleich an welcher Stelle und gleich auf welche Art und Weise, erfüllt die Schuldnerin ihre Veröffentlichungspflicht indes nicht.
a) Nach dem Beschluss vom 7. November 2023, der § 20 Absatz 1 Satz 2 MStV entspricht, ist die Gegendarstellung ohne Einschaltungen und Weglassungen in gleicher Aufmachung wie die Tatsachenbehauptung anzubieten. Mit dem Merkmal der "gleichen Aufmachung" wird das Ziel verfolgt, den Aufmerksamkeitswert der Gegendarstellung in gleicher Weise wie bei der Erstberichterstattung sicher zu stellen. Es geht beispielsweise um Größe und Farbe der Darstellung (Burkhardt in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Auflage 2018, Kapitel 11 Randnummer 359).
aa) Im Fall ist die Tatsachenbehauptung ein vom Geschäftsführer der Schuldnerin gesprochener Text. Eine im Sinne von § 20 Absatz 1 Satz 2 MStV gleiche Aufmachung verlangt es mithin, dass auch die Gegendarstellung gesprochen wird. Der Begriff der "gleichen Aufmachung" verlangt zwar keine Identität. Notwendig ist aber eine mit der Erstinformation gestaltungsidentische Darstellung (Barton, MMR 1998, 294 [295]; Mann, in: Spindler/Schuster, 4. Auflage 2019, RStV § 56 Randnummer 22). Entscheidend ist, dass die Gegendarstellung die gleiche Aufmerksamkeit finden kann wie die Erstmitteilung. Es muss sichergestellt sein, dass der gleiche Interessentenkreis erreicht und der gleiche Grad an Aufmerksamkeit gewährleistet ist (Barton, MMR 1998, 294 [295]). Bei einem gesprochenen Text in einem Video verlangt dies eine Gegendarstellung, die ebenfalls gesprochen wird.
bb) Im Übrigen ist der Grundsatz der Waffengleichheit zu beachten. Auch dieser verlangt es aber, dass der Gläubiger vor demselben Forum mit derselben Publizität "zu Wort zu kommt". Ein Abdruck erreicht beispielsweise für einen flüchtigen Betrachter nicht dieselbe Publizität wie ein gesprochener Text.
b) Eine Gegendarstellung nach § 20 Absatz 1 Satz 3 MStV verlangt außerdem, wie vom Landgericht auch beschlossen, dass die Gegendarstellung "in unmittelb...