Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 23.05.2013; Aktenzeichen 10 Ju Js 771/96 (29209) V - 598 StVK 146/13) |
Tenor
Die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 23. Mai 2013 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Das Landgericht Berlin hat den Beschwerdeführer am 11. Oktober 1996 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen u.a. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Unterbringung wird seit dem 18. Oktober 1996 vollzogen.
Der Verurteilte wurde im Vollstreckungsverfahren zunächst von Rechtsanwältin A und in den letzten Jahren von Rechtsanwalt B verteidigt, die dem Verurteilten jeweils entsprechend § 140 Abs. 2 StPO beigeordnet worden waren. Zuletzt hat das Landgericht am 15. August 2012 die Fortdauer der Unterbringung beschlossen.
Mit Schreiben vom 27. März 2013 meldete sich die in Frankfurt am Main ansässige Rechtsanwältin C als Wahlverteidigerin und beantragte zugleich, sie dem Verurteilten als Pflichtverteidigerin beizuordnen. Nach Anhörung des Verurteilten, der sich zu dem Antrag nicht geäußert hatte, hat das Landgericht mit Beschluss vom 23. Mai 2013 den Antrag der Wahlverteidigerin abgelehnt. Zur Begründung führt es unter anderem an: Anhaltspunkte für ein schützenswertes Vertrauensverhältnis zwischen dem Untergebrachten und der Wahlverteidigerin lägen nicht vor. Auch bestünden keine sachlichen Gründe dafür, dass der bisherige Verteidiger, Rechtsanwalt Sch----, der die Besonderheiten der Unterbringungssituation kenne und mit dem Untergebrachten eine enge Vertrauensbeziehung habe aufbauen können, ihn nicht weiter sachgerecht vertreten könne. Zudem würde die begehrte Beiordnung zu gewichtigen Mehrkosten führen. Gegen den Beschluss legte die Wahlverteidigerin namens ihres Mandanten mit Schriftsatz vom 11. Juni 2013 Beschwerde ein. Die Strafvollstreckungskammer hat der Beschwerde durch Beschluss vom 17. Juni 2013 nicht abgeholfen.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die gegen die Entscheidung vom 23. Mai 2013 eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Beschwerde ist nach § 304 Abs. 1 StPO zulässig und durch § 305 Satz 1 StPO (entsprechend) auch nicht ausgeschlossen. Die Ablehnung der Bestellung eines Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger steht nicht in einem inneren Zusammenhang mit der Beschlussfassung in dem Sinne, dass sie dieser notwendig vorausgeht; sie dient vielmehr unabhängig davon der Sicherung des justizförmigen Verfahrens und hat deshalb eine eigenständige prozessuale Bedeutung (vgl. Meyer-Goßner, StPO 56. Aufl., § 305 Rdn. 5; Senat Beschluss vom 13. März 2006 - 5 Ws 127-128/06).
2. Das Rechtsmittel ist aber unbegründet. Es liegt zwar in entsprechender Anwendung von § 140 Abs. 2 StPO ein Fall notwendiger Verteidigung vor, weil die Sach- und Rechtslage schwierig ist und die anstehende Entscheidung zur Fortdauer der - zumal hier schon langjährig vollzogenen - Unterbringung von Gewicht ist (vgl. dazu Senat aaO., sowie Beschluss vom 10. Februar 2006 - 5 Ws 61/06 -; m.w.N.). Doch ist die Bestellung der Wahlverteidigerin zu Recht abgelehnt worden, da ihrer Bestellung ein "wichtiger Grund" im Sinne des § 142 Abs. 1 Satz 2 StPO entgegenstand.
a) Nach § 142 Abs. 1 StPO hat der Vorsitzende - nicht wie vorliegend geschehen die Kammer - über die Bestellung eines Verteidigers zu entscheiden. Nach Satz 1 der Vorschrift soll dem Beschuldigten vor der Entscheidung Gelegenheit gegeben werden, ... einen Verteidiger seiner Wahl zu bezeichnen." Der benannte Verteidiger ist danach zu bestellen, wenn "kein wichtiger Grund entgegensteht". Bis zum Inkrafttreten der Neufassung des § 142 Abs. 1 StPO am 1. Oktober 2009 im Zuge des 2. Opferrechtsreformgesetz war die Entscheidung des Vorsitzenden nach dem damaligen Wortlaut der Vorschrift weiter dadurch eingeschränkt, dass der zu bestellende Verteidiger "möglichst aus der Zahl der in dem Gerichtsbezirk niedergelassenen Rechtsanwälte ausgewählt" werden sollte. Durch die Neufassung wollte der Gesetzgeber die Bedeutung eines besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Verteidiger und Beschuldigtem als Auswahlkriterium hervorheben, was im früheren Wortlauft der Bestimmung nur unzureichend zum Ausdruck gekommen ist (vgl. BT-Drucks. 16/12098 S. 20; ausführlich dazu Burhoff, EV 6. Aufl. Rdn. 2093 ff.). Zugleich stellt er aber klar, dass weitere Kriterien bei der Entscheidung berücksichtigt werden können; dabei weist er ausdrücklich darauf hin, dass auch die mit einer Bestellung eines auswärtigen Verteidigers entstehenden Mehrkosten entscheidungserheblich sein können. So heißt es in den Materialien (vgl. BT-Drucks. 16/12098 S. 20):
"Weitere zu berücksichtigende Punkte können eine besondere Qualifikation des Rechtsanwalts in Bezug auf die für das Verfahren relevanten Fragen (Lüderssen/Jahn, Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Auflage, § 142 Rn. 8), die Möglichkei...