Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterliche Sorge über ein nichteheliches Kind bei gemeinsamer Sorgeerklärung der Eltern und Teilentzug des Sorgerechts der Mutter. Gemeinsame Sorgeerklärung nicht miteinander verheirateter Eltern
Leitsatz (redaktionell)
Eine gemeinsame Sorgeerklärung der nichtehelichen Kindesmutter und des Kindesvaters vermag eine gemeinsame elterliche Sorge nur zu begründen, soweit der Kindesmutter die elterliche Sorge zusteht und nicht gemäß § 1666 Abs. 1 BGB entzogen worden ist (hier: vorheriger Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts).
Normenkette
BGB § 1632a Abs. 1 Nr. 1, § 1666 Abs. 1, § 1666a
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 30.01.2003; Aktenzeichen 143 F 16048/02) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg - FamG - vom 30.1.2003 aufgehoben.
Das Verfahren wird zur anderweitigen Entscheidung an das AG Tempelhof-Kreuzberg - FamG - zurückverwiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Mutter greift mit ihrer Beschwerde die Entscheidung des FamG an, ihr die elterliche Sorge für L. zu entziehen. Sie ist im September 1981 geboren, nunmehr also 21 Jahre alt.
Neben L. hat sie noch eine weitere Tochter N., für die ihr das Sorgerecht ebenfalls entzogen wurde. Die Mutter beendete die 9. Klasse einer Lernbehindertenschule und besuchte dann einen "BB 10 Lehrgang". Sie hat weder den Hauptschulabschluss noch eine Berufsausbildung.
Der Vater ist 20 Jahre alt. Nach den übereinstimmenden Angaben beider Elternteile sind sie gut befreundet, jedoch nicht miteinander liiert. Er ist verheiratet, jedoch nicht mit der Mutter. Mit einer anderen Frau hat er ein weiteres Kind, zu dem jedoch kein Kontakt besteht. Die Vaterschaft für L. hat er im Oktober 2002 vor dem Jugendamt anerkannt. Derzeit befindet er sich in der Jugendstrafanstalt in Strafhaft. Insoweit gab er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat an, dass er wegen Sachbeschädigung und Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden sei, die zunächst zur Bewährung ausgesetzt war, diese Aussetzung dann aber widerrufen worden sei. Er geht davon aus, dass er in wenigen Monaten aus der Haft entlassen wird.
Die ältere Tochter der Mutter, N., wurde im Januar 2000 geboren. Im April 2001 beantragte das Jugendamt, der Mutter das Sorgerecht für N. zu entziehen, da sie sich nicht ausreichend um sie kümmere, diese ständig wechselnden Betreuungspersonen überlasse, sie entgegen der Absprache nicht zur Krippe bringe und Freunde der Mutter im Jugendamt mitgeteilt hätten, dass N. krank sei, die Mutter sich jedoch weigere, sie zum Arzt zu bringen. Der Zustand der Wohnung wurde damals als schmutzig und unordentlich und nicht für den Aufenthalt eines Säuglings geeignet beschrieben. Vom Jugendamt war für N. zunächst von März bis Juli 2000 und von November 2000 bis Februar 2001 Familienhilfe organisiert worden. Die Familienhilfe sollte dazu dienen, die Mutter bei der Organisation des Lebens und daneben auch bei der Pflege des Kindes zu unterstützen. Sie wurde im Juli 2000 zunächst auf Wunsch der Mutter beendet, die sich durch die Familienhilfe reglementiert fühlte. Nachdem sie im November 2000 wieder aufgenommen wurde, endete sie im Februar 2001, als die Mutter ihre Tochter vorübergehend zur Großmutter nach M. gab, welche nach Einschätzung des Jugendamtes M. nicht erziehungsfähig sein soll. Nachdem die Mutter ihre Tochter wieder zu sich geholt hat, wurde ihr vom FamG mit Beschluss (einstweilige Anordnung) vom 11.4.2001 das Aufenthaltsbestimmungsrecht für N. entzogen. Dann zog die Mutter mit ihrer älteren Tochter in eine Mutter-Kind-Einrichtung. In der Einrichtung gab es Probleme, da sich die Mutter nicht in die dortigen Abläufe einfügen konnte und sich nach Einschätzung der Einrichtung zu wenig um das Kind kümmerte. Die Mutter wandte sich dann an das Jugendamt und bat um Unterbringung der Tochter N. in einer Pflegefamilie, was dann geschah und woraufhin das FamG den Beschluss im August 2001 auf Vorschlag des Jugendamtes wieder aufhob. Vereinbarte Umgangskontakte mit N. nahm die Mutter in der Folgezeit häufig nicht wahr. Im November 2001 äußerte sie den Wunsch, ihre älteste Tochter wieder zu sich zu nehmen, da sie nun in einer festen Beziehung lebe, eine eigene Wohnung habe und nun Ordnung halten könne. Daraufhin beantragte das Jugendamt wiederum den Sorgerechtsentzug, der am 28.12.2001 vom FamG nach vorheriger Anhörung der Mutter beschlossen wurde. Gegen diesen Beschluss hat sich die Mutter nicht gewandt.
Im hiesigen Verfahren beantragte das Jugendamt am 19.11.2002 den Entzug der Personensorge. Zuvor war der Mutter Familienhilfe bewilligt worden, die bereits kurz vor der Geburt L.s eingesetzt hatte. Nachdem die Familienhilfe zunächst erfolgreich durchgeführt wurde, fanden Termine der Mutter mit der Familienhelferin dann wiederholt nicht statt. Anfang November 2001 brach der Kontakt der Familienhelferin zur Mutter ab. Als Grund hierfür gab die Mutter vor dem Senat Proble...