Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelung des Sondernutzungsrechts an einem Kfz-Einstellplatz. Wohnungseigentumssache
Leitsatz (amtlich)
1. Auch der konkrete Gebrauch eines in der Teilungserklärung bestimmten Sondernutzungsrechts unterliegt der Regelungskompetenz durch eine Hausordnung. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann deshalb mit Mehrheit beschließen, daß der durch ein Sondernutzungsrecht dem Wohnungseigentümer zugewiesene Kfz-Einstellplatz nur von dem Wohnungseigentümer sowie dessen Lebensgefährten und Kindern benutzt werden darf.
2. Die Auslegung von Wohnungseigentümerbeschlüssen ist Aufgabe des Tatrichters; das Rechtsbeschwerdegericht darf sie deshalb nur auf Rechtsfehler überprüfen.
Normenkette
WEG § 15 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Berlin-Spandau (Aktenzeichen 70 II 72/93 (WEG)) |
LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 147/93) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 20. Juli 1994 – 85 T 147/93 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß es in dem Protokoll der Wohnungseigentümerversammlung vom 2. Juni 1993 zu TOP 4 Antrag 2 Beschluß Nr. 3 richtig heißen muß: „Auf dem gesamten Grundstück ist das Abstellen von fahruntauglichen Fahrzeugen verboten.”
Die Antragsteller haben die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000,– DM.
Gründe
In der im Gemeinschaftseigentum stehenden Tiefgarage sind 12 Kfz-Einstellplätze vorhanden; zur Wohnungseigentumsanlage gehören vier weitere ebenerdige Stellplätze. Den jeweiligen Eigentümern der Wohnungen Nr. 3.1 und 3.2 sowie 5.1 und 5.2 steht an den in der Tiefgarage gelegenen Wageneinstellplätzen Nr. 2 bis 5 ein in der Teilungserklärung bestimmtes Sondernutzungsrecht zu. Im übrigen entscheidet der Verwaltungsbeirat Ober die Vergabe der Einstellplätze in der Tiefgarage. Die Antragsteller nutzen den ihnen von dem Verwaltungsbeirat zugewiesenen Einstellplatz Nr. 12. – In der Versammlung vom 2. Juni 1993 hat die Mehrheit der Eigentümer zu TOP 4 Antrag 2 u. a. folgendes beschlossen:
- „Die Wohnungseigentümergemeinschaft stellt fest, daß in der Tiefgarage ausschließlich Fahrzeug der Wohnungseigentümer, deren Kinder und Lebensgefährte abgestellt werden dürfen.
- …
- Auf dem gesamten Grundstock ist das Abstellen von Fahrzeugen verboten.”
Die Antragsteller haben diese beiden Beschlüsse verspätet angefochten und wegen der verspäteten Übersendung des Protokolls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Sie meinen außerdem, die angefochtenen Beschlüsse seien nichtig, weil die Wohnungseigentümergemeinschaft ihre Beschlußkompetenz Oberschritten habe. Das Amtsgericht hat beide Anträge zurückgewiesen. Das Landgericht hat den Antragstellern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, soweit sie die Anfechtungsfrist für den Beschluß zu Nr. 3 versäumt haben; es hat jedoch gleichwohl die Erstbeschwerde der Antragsteller in vollem Umfang zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde der Antragsteller, mit der sie ihre bisherigen Sachanträge weiterverfolgen.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Denn die Entscheidung des Landgerichts ist frei von Rechtsfehlern.
1. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht entschieden, daß den Rechtsbeschwerdeführern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Anfechtungsfrist insoweit zu versagen war, als es den zu Nr. 1 gefaßten Wohnungseigentümerbeschluß betrifft.
Die Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG ist eine materiell-rechtliche Ausschlußfrist. In entsprechender Anwendung des § 22 Abs. 2 FGG ist deshalb dem Wohnungseigentümer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er schuldlos die Anfechtungsfrist versäumt hat (BGH NJW 1970, 1316; OLG Hamm OLGZ 1985, 147; BayObLGZ 1981, 21 ff., 27; Senatsbeschluß vom 29.6.88 – 24 W 3060/88 – in ZMR 1989, 202). Das ist – wie das Landgericht zutreffend entschieden hat – auch dann der Fall, wenn der Wohnungseigentümer das Versammlungsprotokoll erst nach Ablauf der Anfechtungsfrist erhalten hat und ihm ein Verstoß gegen die Obliegenheit, das Protokoll selbst einzusehen, nicht vorgeworfen werden kann, weil entgegen § 23 Abs. 2 WEG der Gegenstand der Beschlußfassung in der Ladung nicht bezeichnet war (BayObLG NJW-RR 1989, 656). – Hiernach haben die Antragsteller die Anfechtungsfrist schuldhaft jedenfalls insoweit versäumt, als es den zu Nr. 1 gefaßten Wohnungseigentümerbeschluß betrifft. Denn diesen Beschlußgegenstand hatte der Verwalter in seiner Ladung zur Versammlung vom 2. Juni 1993 ausreichend bezeichnet.
2. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht entschieden, daß keiner der beiden angefochtenen Wohnungseigentümerbeschlüsse nichtig ist.
a) Es trifft nicht zu, daß die Wohnungseigentümerversammlung mit dem zu Nr. 1 gefaßten Beschluß ihre Entscheidungskompetenz überschritten hat. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat vielmehr nach § 15 Abs. 2 WEG lediglich eine Gebrauchsregel...