Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebrauchsregelung für Parkflächzugang. Ersetzende gerichtliche Entscheidung zur Parkplatzregelung. Wohnungseigentumssache
Leitsatz (amtlich)
1) Die den gewerblich bzw. freiberuflich genutzten Sondereigentumseinheiten zugeordneten Parkflächen in einer Wohnungseigentumsanlage sind im Regelfall auch für Kunden bzw. Klienten der Eigentümer oder Mieter dieser Einheiten bestimmt.
2) Eine Zugangs- und Nutzungsregelung für die Parkflächen muß diesem Nutzungsinteresse der Inhaber gewerblich bzw. freiberuflich genutzter Sondereigentumseinheiten Rechnung tragen. Damit ist es grundsätzlich unvereinbar, wenn die Wohnungseigentümerversammlung gegen den Widerspruch der Inhaber der betreffenden Einheiten beschließt, daß die Parkpalette ganztägig verschlossen zu halten sei.
3) Wird ein Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung über den Gebrauch des Gemeinschaftseigentums (Zugangssperren für Parkflächen) als inhaltlich fehlerhaft angegriffen, so gehört zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens auch das Begehren auf ersetzende anderweitige Regelung.
1. Ein Wohnungseigentümerbeschluß, eine Parkpalette ganztägig verschlossen zu halten, verstößt gegen Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Teilungserklärung einzelnen Sondereigentumseinheiten, die zur Ausübung eines Berufes oder Gewerbes bestimmt sind, mehrere Wageneinstellplätze als Sondereigentum oder Sondernutzungsrecht zuweist.
2. Das Rechtsschutzbegehren eines Verpflichtungsantrages, mit dem Wohnungseigentümer eine unangemessene Gebrauchsregelung durch eine ersetzende gerichtliche Entscheidung begehren, ist erst dann ausgeschöpft, wenn fest steht, daß eine andere, die Interessen aller Wohnungseigentümer angemessen berücksichtigende Regelung nicht gefunden werden kann. Nach dem Grundsatz der Amtsermittlung hat das Gericht auf eine sachgerechte Antragstellung hinzuwirken und die angemessene Regelung von Amts wegen zu ermitteln, wenn die Wohnungseigentümer eine solche nicht selbst beschließen.
Normenkette
WEG § 15 Abs. 3, § 43 Abs. 1 Nr. 1; FGG § 12
Beteiligte
und die in dem Beschluß des Landgerichts vom 14. Oktober 1994 zu I Nr. 3 und 5 bis 9 benannten weiteren Antragsteller |
sowie die dort zu II Nr. 1 bis 56 benannten weiteren Beteiligten |
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 226/93 (WEG)) |
LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 45/94) |
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu I Nr. 1, 2, 4 und 10 wird der Beschluß des Landgerichts Berlin vom 14. Oktober 1994 – 85 T 45/94 – aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu II 1 bis 56 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Charlottenburg vom 4. Januar 1994 – 70 II 226/93 (WEG) – wird insoweit zurückgewiesen, als das Amtsgericht den in der Versammlung vom 13. Mai 1993 zu Top 7 lit. e gefaßten Wohnungseigentümerbeschluß für ungültig erklärt hat; im übrigen, nämlich im Umfang des Verpflichtungsantrages, wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden hat.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 10.000,00 DM.
Gründe
Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus 103 Sondereigentumseinheiten in sechs Häusern. Es sind 85 Wohnungen und 18 Läden bzw. Gewerberäume; zu der Anlage gehört eine zweigeschossige Parkpalette mit 132 Wageneinstellplätzen, deren Obergeschoß nicht überdacht ist. Zu jeder Wohnung gehört ein Wageneinstellplatz. Den Gewerbeeinheiten sind in unterschiedlicher Zahl jeweils mehrere Wageneinstellplätze, von zwei bis zu sechs Plätzen, zugeordnet. Diese Plätze liegen auf dem unüberdachten Obergeschoß der Parkpalette. – Die Antragsteller zu 1, 2 und 3 sind Wohnungseigentümer; sie üben in dem Haus ihren Beruf als Arzt bzw. als Optiker aus. Dem Sondereigentum des Antragstellers zu 1 sind zwei, dem der Antragsteller zu 2 und 3 je drei Wageneinstellplätze zugeordnet.
Die Wohnungseigentümer hatten in einer Versammlung vom 25. Oktober 1976 zu TOP 10 (Bl. 26) mit Mehrheit beschlossen, die Parkpalette verschließbar zu machen, wenn die Bauaufsichtsbehörde dem zustimme. In dem Beschluß heißt es dann weiter: „Wenn die Parkpalette nicht ganztägig verschlossen werden kann, soll die Verschließbarkeit von 19.00 Uhr bis 6.00 Uhr vorgenommen werden.” Die Wohnungseigentümer ließen daraufhin im Jahre 1978 an der Einfahrt zur Palette eine Schranke einbauen, die tagsüber jedoch offen stand. – In der Versammlung vom 13. Mai 1993 faßten die Wohnungseigentümer zu TOP 7 lit. e mit Mehrheit den streitbefangenen Beschluß, in dem es heißt: „… daß der bestehende Beschluß zu TOP 10 der Versammlung vom 25.10.76 dahin ergänzt werden soll, daß eine ganztägige Verschließung der Parkpalette zu erfolgen hat”.
Das Amtsgericht hat auf den rechtzeitigen Anfechtungsantrag der Antragsteller zu 1 bis 3 den zitierten Wohnungseigentümerbeschluß vom 13. Mai 1993 für ungültig erklärt und auf deren we...