Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung eines länger auf einer Kreuzung verharrenden Kreuzungsräumers
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 245/07) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt einstimmig, die Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Der Berufungskläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
Gründe
1. Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch aus einem Verkehrsunfall vom 30.5.2007, der sich auf der ampelgeregelten Kreuzung Joachimsthaler Straße/Kantstraße ereignet hat, wobei der Vater der Klägerin mit deren Pkw Mercedes-Benz C 320 von der Joachimsthaler Straße in die Kantstraße nach links einbiegen wollte; daran wurde er jedoch zunächst verkehrsbedingt gehindert, so dass er im Kreuzungsbereich noch stand, als die Ampel für den Querverkehr auf Grün schaltete.
Es kam zur Kollision mit dem VW-Transporter der Erstbeklagten, der die Kantstraße befuhr und bei Grün die Kreuzung in die Richtung überqueren wollte, in die das Klägerfahrzeug einbiegen wollte (Anstoßstelle am Klägerfahrzeug: rechts vorne; Anstoßstelle am Beklagtenfahrzeug: links hinten).
Das LG hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen mit der Begründung, der von der Klägerin behauptete Unfallhergang (das Fahrzeug der Erstbeklagten sei während eines Spurwechsels gegen ihr im Kreuzungsbereich stehendes Fahrzeug gefahren) sei nicht bewiesen; vielmehr sei bewiesen, dass der Vater der Klägerin mit deren Fahrzeug vor der Kollision eine erhebliche Zeitspanne gestanden habe, dann plötzlich angefahren sei und dadurch das Beklagtenfahrzeug ausschließlich im Heckbereich getroffen habe; bei einem derartigen Hergang sei auch die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs nicht mehr (mit-)haftungsbegründend in Ansatz zu bringen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie noch Schadensersatz nach einer Quote von 2/3 begehrt.
Sie macht geltend:
Rechtsanwendung, Beweiswürdigung und Haftungsabwägung des LG seien fehlerhaft; richtigerweise sei nach den Grundsätzen zum "Kreuzungsräumer-Fall" eine Mithaftungsquote von 2/3 zu Lasten der Beklagten angemessen; die Überlegung des LG, weil der Klägerfahrer "zu spät" weitergefahren sei, liege kein "Kreuzungsräumerfall" mehr vor, sei unrichtig; das LG habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Erstbeklagte selbst angegeben habe, sie habe aus einer Entfernung von ca. 80 m die für sie geltende Ampel auf Grün umschalten gesehen und noch vor der Kreuzung wahrgenommen, dass der klägerische Mercedes als Linksabbieger in der Kreuzung gestanden habe; daher habe sie nicht "einfach so" geradeaus ungebremst vorbeifahren dürfen, zumal sich aus ihrer Sicht hinter der Kreuzung auf der rechten Seite eine Baustelle befunden habe, die das Befahren der Kreuzung schwieriger gestaltet habe; sie hätte auf das im Kreuzungsbereich stehende Klägerfahrzeug Rücksicht nehmen müssen.
2. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Beides ist nicht der Fall.
Der Senat folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen.
Dies ist nicht der Fall, wenn sich das Gericht des ersten Rechtszuges bei der Tatsachenfeststellung an die Grundsätze der freien Beweiswürdigung des § 286 ZPO gehalten hat und das Berufungsgericht keinen Anlass sieht vom Ergebnis der Beweiswürdigung abzuweichen (st. Rspr., vgl. KG, Urt. v. 8.1.2004 - 12 U 184/02; vgl. auch KG [22. ZS], KGReport Berlin 2004, 38 = MDR 2004, 533; KG, Urt. v. 8.1.2004 - 12 U 184/02, KGReport Berlin 2004, 269).
§ 286 ZPO fordert den Richter auf, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Das bedeutet, dass er lediglich an Denk- und Naturgesetze sowie an Erfahrungssätze und ausnahmsweise gesetzliche Beweisregeln gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf. So darf er beispielsweise einer Partei mehr glauben als einem beeideten Zeugen oder trotz mehrerer bestätigender Zeugenaussagen das Gegenteil einer Beweisbehauptung feststellen (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 286 Rz. 13).
Die leitenden Gründe und die wesentlichen Gesichtspunkte für seine Überzeugungsbildung hat das Gericht nachvollziehbar im Urteil darzulegen. Dabei ist es nicht erforderlich, auf jedes einzelne Parteivorbringen und Beweismittel ausführlich einzugehen; es genügt, dass nach der Gesamtheit de...