Verfahrensgang

BKartA (Beschluss vom 25.02.1999; Aktenzeichen B9-51392-U-164/98)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 18.02.2003; Aktenzeichen KVR 24/01)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 1) wird der Beschluss des Bundeskartellamts, 9. Beschlussabteilung, v. 25.2.1999 – B9-51392-U-164/98 – aufgehoben.

Das Bundeskartellamt trägt die Gerichtskosten mit Ausnahme der Hälfte der Verfahrensgebühr, die die Beschwerdeführerin zu 2) trägt.

Das Bundeskartellamt hat der Beschwerdeführerin zu 1) ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die t. Großhandelsgesellschaft mbH & Co. KG (nachfolgend kurz „t.”), der – über die Verfahrensbeteiligte zu 1) als deutsche Zwischenholdinggesellschaft – zu der A. Tabak-Gruppe gehörende größte deutsche Tabakwarenfachgroßhändler, und die Verfahrensbeteiligte zu 2), eine Großhändlerin mit Nahrungs- und Genussmitteln einschließlich Tabakwaren und dabei das führende deutsche Fachgroßhandelsunternehmen im Convenience-Sektor – damals noch firmierend als L. Deutschland GmbH & Co. KG. –, haben ihren Zusammenschluss vollzogen. Die t. hat dazu ihren vom Automatengeschäft abgetrennten Großhandelsbereich in die Verfahrensbeteiligte zu 2) eingebracht, die in L. & T. GmbH & Co. KG (nachfolgend kurz „L & T”) umfirmiert hat, und die Verfahrensbeteiligte zu 1) hat an der „L & T” und deren Komplementärgesellschaft, der Verfahrensbeteiligten zu 3), jeweils 25,1 % der Anteile erworben. Vorausgegangen war die Freigabe des anmeldepflichtigen Zusammenschlussvorhabens durch den im Hauptprüfverfahren ergangenen Beschluss des Bundeskartellamts vom 25.2.1999 und die Erfüllung der den Zusammenschlussbeteiligten darin erteilten Auflagen.

Die Auflagen des Bundeskartellamts gingen im Wesentlichen dahin, im Raum Berlin/Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern funktionsfähige Teile des Geschäftsbetriebs der Zusammenschlussbeteiligten mit einem Tabakwaren-Großhandelsumsatz in dreistelliger Millionenhöhe an einen außenstehenden Erwerber zu veräußern. Begründet hat das Amt seinen Beschluss wie folgt:

Von dem Zusammenschlussvorhaben seien die regionalen Märkte für den Großhandel mit Tabakwaren betroffen.

Für die sachliche Marktabgrenzung gehe die Beschlussabteilung von einem einheitlichen Markt für den Großhandel mit Tabakwaren aus. Er umfasse – ohne Automaten – sowohl das gesamte Rechnungsgeschäft des Tabakwarenfachgroßhandels als auch den Tabakwarengroßhandel des Lebensmittelhandels – mit Ausnahme des bei entsprechenden Unternehmen mit einem Drittel anzusetzenden Vertriebs über eigene Filialen – und schließe den konventionellen Tabakwarengroßhandel, bestehend in der Belieferung des Tabakwaren-Facheinzelhandels, von Kiosken, Gaststätten etc., ebenso ein wie das Systemkundengeschäft, die auf Rahmenverträgen beruhende bundesweite oder regionenübergreifende Belieferung der Verkaufsstellen von Großkunden (z.B. Mineralölgesellschaften, Handelsunternehmen oder Hotelketten).

Bei der räumlichen Marktabgrenzung würden jeweils zehn einem oder mehreren Bundesländern entsprechende Regionalmärkte zu Grunde gelegt, nämlich Schleswig-Holstein, Niedersachsen/Hamburg/Bremen, Berlin/Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt/Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz/Saarland, Baden-Württemberg und Bayern. So abzugrenzen sei ein Mittelweg zwischen den verschiedenen möglichen Ansätzen zur Marktabgrenzung und erleichtere die Ermittlung des für die wettbewerbliche Beurteilung erforderlichen Zahlenmaterials.

Auf dem Regionalmarkt Berlin/Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern werde L & T nach dem Zusammenschluss einen Marktanteil erlangen, der erheblich über der Vermutung für die Einzelmarktbeherrschung gem. § 19 Abs. 3 S. 1 GWB liege und nicht nur absolut hoch sei, sondern auch einen deutlichen Vorsprung vor den marktanteilmäßig unter 10 % liegenden Wettbewerbern begründe. Für die Entstehung einer überragenden Marktstellung und damit eines unkontrollierten Verhaltensspielraums der L & T sprächen zudem weitere Strukturmerkmale. Unter den erteilten Auflagen sei das Zusammenschlussvorhaben nach § 40 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 3 S. 1 GWB gleichwohl freizugeben. Sie seien geeignet und erforderlich, die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB entfallen zu lassen – der Marktanteil in Berlin/Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern werde unter die Vermutungsschwelle des § 19 Abs. 3 GWB sinken und der Vorsprung vor den Wettbewerbern erheblich verringert –, dabei unterstellten sie die Unternehmen aber auch keiner laufenden Verhaltenskontrolle.

Auch auf den übrigen Regionalmärkten werde L & T über starke Marktstellungen mit teilweise hohen Marktanteilen verfügen. Der höchste neben Niedersachsen/Hamburg/Bremen werde mit 32,7 % der in Nordrhein-Westfalen sein. Dort nehme t. bereits eine starke Marktstellung ein. Doch werde sie durch den Umsatzzuwachs von L. in Höhe eines Marktanteils von rund 1 % allenfalls unerheblich verstärkt. Es seien dort überdies noch zahlreiche Tabakwaren-Fachg...

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