Entscheidungsstichwort (Thema)
Freigabeverfahren nach § 246a AktG
Normenkette
AktG § 245 Nr. 1, §§ 246a, 293 f. Abs. 1 Nr. 2, § 294 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die sofortigen Beschwerden der Antragsgegner zu 1., 3.-6., 8.-16., 18., 19., 22., 23., 25., 26. und 28.-40. gegen den Beschluss des LG Berlin vom 3.5.2007 - 93 O 187/06 - werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die genannten Antragsgegner und der Antragsgegner zu 21. zu je 1/34 zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Gegenstand des vorliegenden Freigabeverfahrens nach § 246a AktG ist der in der Hauptversammlung der - seinerzeit unter S. AG firmierenden - Antragstellerin am 13.9.2006 mit 99,67 % der abgegebenen Stimmen gefasste Beschluss zum TOP 1, mit dem die Hauptversammlung dem am 31.7.2006 zwischen der Antragstellerin und der B. GmbH (damals: D. GmbH - im Folgenden nur: "GmbH" -) geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (im Folgenden: "BGAV") gem. § 293 Abs. 1 AktG zugestimmt hat. Gegen den Beschluss haben 40 Aktionäre der Antragstellerin, die von den 194 Mio. Aktien an der Antragstellerin zwischen einer und 47.501 Aktien halten, Anfechtungsklagen erhoben Diese sind nach Verbindung unter dem führenden Aktenzeichen 93 O 137/06 mit Urteil des LG Berlin vom 3.5.2007 abgewiesen worden. Die Berufungen sind unter dem Aktenzeichen 14 U 98/07 anhängig.
Das Bestehen des BGAV ist am 27.10.2006 in das Handelsregister des AG Charlottenburg eingetragen worden.
Das LG hat im Freigabeverfahren mit Beschluss vom 3.5.2007 festgestellt, dass die Erhebung der Klagen der Antragsgegner gegen den bezeichneten Hauptversammlungsbeschluss der Antragstellerin vom 13.9.2006 der Eintragung nicht entgegensteht und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen, und dies damit begründet, dass die Anfechtungsklagen offensichtlich unbegründet seien.
Hiergegen haben die aus dem Rubrum ersichtlichen Antragsgegner jeweils sofortige Beschwerde eingelegt. Der Antragsgegner zu 21. hat seine Beschwerde am 11.9.2007 zurückgenommen. Das LG hat den Beschwerden mit Beschluss vom 17.7.2007 nicht abgeholfen.
Die Antragsgegner wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen und machen zum Teil geltend, dass für das Verfahren nach § 246a AktG nach erfolgter Eintragung des Unternehmensvertrags in das Handelsregister ein Rechtsschutzinteresse fehle. In der Sache machen sie insbesondere geltend, dass die GmbH als bloße Holding von der B. AG missbräuchlich zur Vertragspartei des BGAV gemacht worden sei, womit auch das Recht auf Abfindung in eigenen Aktien nach § 305 Abs. 2 Nr. 1 AktG umgangen worden sei, und dass der BGAV auch sonst in Bezug auf die Kündigungsregelung zugunsten der GmbH und die Ausgleichs- und Abfindungsregelung nicht rechtmäßig ausgestaltet sei. Sie rügen eine Verletzung der Informationsansprüche der Aktionäre vor und in der Hauptversammlung. Der Antragsgegner zu 12. sei zu Unrecht durch Saalverweis und Hausverbot von der weiteren Teilnahme an der Hauptversammlung ausgeschlossen worden. Die GmbH sei nach § 28 WpHG und § 59 WpÜG an der Teilnahme und Stimmabgabe in der Hauptversammlung am 13.9.2006 gehindert gewesen.
In der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 24.5.2007 ist mit 99,80 % der abgegebenen Stimmen ein Bestätigungsbeschluss (§ 244 AktG) in Bezug auf den von den Antragsgegnern angefochtenen Zustimmungsbeschluss vom 13.9.2006 gefasst worden. Gegen diesen sind ebenfalls Anfechtungsklagen anhängig (LG Berlin, 95 O 63/07).
Die Antragstellerin meint, etwaige formelle Mängel des Beschlusses vom 13.9.2006 seien durch den Bestätigungsbeschluss vom 24.5.2007 ungeachtet seiner Anfechtung in dem Sinne geheilt, dass die Rüge formeller Mängel "offensichtlich unbegründet" i.S.v. § 246a AktG sei. Unabhängig von der offensichtlichen Unbegründetheit der Klagen sei jedenfalls ein vorrangiges Vollzugs- und Bestandsschutzinteresse der Antragstellerin und ihrer Aktionäre gegeben, welches die Freigabe rechtfertige. Nach neueren Erkenntnissen seien die vom Bestand des BGAV abhängigen ("nachvertraglichen") Synergieeffekte größer als zunächst angenommen. Ab dem Jahr 2009 seien nachvertragliche Synergien von 676 Mio. EUR und nicht nur 576 Mio. EUR zu erwarten; für 2007 betrage der Synergieeffekt (insgesamt) 300 Mio. EUR anstatt 260 Mio. EUR und für 2008 640 Mio. EUR anstatt 485 Mio. EUR (so Schriftsatz vom 29.8.2007, S. 70 ff.).
B.I. Der Senat entscheidet über die sofortigen Beschwerden ohne mündliche Verhandlung. Nach §§ 572 Abs. 4, 128 Abs. 4 ZPO können Beschlüsse grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung ergehen. Die hiervon abweichende Regelung des § 246a Abs. 3 S. 1 AktG, wonach mit Ausnahme von dringenden Fällen eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat, gilt nur für das erstinstanzliche Freigabeverfahren, nicht jedoch für den Beschwerderechtszug (vgl. OLG Karlsruhe WM 2007, 650; OLG Jena WM 2006, 2258, ...