Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 16.07.2013; Aktenzeichen (529) 234 Js 88/13 Ks (9/13)) |
Tenor
Der Haftbefehl des Landgerichts Berlin vom 16. Juli 2013 - (529) 234 Js 88/13 (9/13) - wird aufgehoben, soweit er den Angeklagten F. betrifft.
Gründe
I.
Gegen den Angeklagten ist das Hauptverfahren vor der 29. großen Strafkammer des Landgerichts Berlin - Schwurgericht - anhängig.
Die Staatsanwaltschaft legt ihm zur Last, in Berlin am 24. Januar 2013 den Geschädigten C. in dessen Wohnung gemeinschaftlich mit dem Mitangeklagten K. und mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung körperlich misshandelt und an der Gesundheit beschädigt und dadurch den Tod der verletzten Person verursacht und sich zugleich an einer Schlägerei beteiligt zu haben, durch die der Tod eines Menschen verursacht wurde (§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5, 227 Abs. 1, 231 Abs. 1, 25 Abs. 2, 52 StGB). Beide Angeklagte sollen - nachdem ein heftiger Streit zwischen ihnen und dem 65-jährigen Geschädigten zu einer körperlichen Auseinandersetzung mit wechselseitigen Schlägen geführt hatte, in der sie schließlich die Oberhand gewannen - im bewussten und gewollten Zusammenwirken dem Geschädigten ohne rechtfertigenden Grund mehrfach in Verletzungsabsicht mit den Fäusten gegen Kopf und Oberkörper geschlagen und dies auch dann noch fortgesetzt haben, als der Geschädigte zu Boden gegangen und zu wirksamer Verteidigung nicht mehr in der Lage war. Der bereits zuvor schwer herz- und lungenkranke C. sei infolge der Schläge an einer Blutaspiration in die stark vorgeschädigten Lungen und einer Minderdurchblutung des Herzens mit Infarkt verstorben. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat auf die Anklageschrift vom 31. Mai 2013 Bezug.
Der Angeklagte befindet sich nach seiner vorläufigen Festnahme am Tattag ununterbrochen in Untersuchungshaft, zunächst auf Grund des - wegen des Vorwurfs des gemeinschaftlich begangenen Totschlags erlassenen - Haftbefehls des Amtsgerichts Tiergarten vom 25. Januar 2013 (349 Gs 264/13). Am 16. Juli 2013 hat das zuständige Schwurgericht den vorgenannten Haftbefehl durch einen solchen nach Maßgabe der Anklageschrift ersetzt, der dem Angeklagten am 17. Juli 2013 verkündet worden ist und somit den Gegenstand der besonderen Haftprüfung bildet.
Das Schwurgericht hat die Anklage mit Beschluss vom 2. Juli 2013 unverändert unter Eröffnung des Hauptverfahrens zur Hauptverhandlung zugelassen. Die Hauptverhandlung wird am 23. September 2013 beginnen und am 27. September sowie am 14., 16., 21. und 23. Oktober 2013 fortgesetzt werden.
Das Landgericht hat dem Senat die Akten gemäß §§ 121 Abs. 1, 122 Abs. 1 StPO zur Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft vorgelegt. Der Senat hebt den Haftbefehl auf, soweit er den Angeklagten F. betrifft.
II.
1. Ob der Angeklagte der in dem Haftbefehl bezeichneten Tat dringend verdächtig ist (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO) und der vom Schwurgericht (allein noch) angenommene Haftgrund der Fluchtgefahr vorliegt, kann dahinstehen.
2. Denn die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus ist nicht gerechtfertigt, weil ein wichtiger Grund im Sinne des § 121 Abs. 1 StPO nicht gegeben ist.
a) Maßgeblich für die insoweit vorzunehmende Beurteilung ist, ob die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte alle zumutbaren Maßnahmen getroffen haben, um die Ermittlungen so schnell wie möglich abzuschließen und ein Urteil herbeizuführen. Ein wichtiger Grund für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegt vor, wenn das Verfahren durch Umstände verzögert wird, denen Strafverfolgungsbehörden und Gerichte durch geeignete Maßnahmen nicht haben entgegen wirken können (vgl. Meyer-Goßner, StPO 56. Aufl., § 121 Rdn. 19, 21 m.w.Nachw.).
Die in § 121 Abs. 1 StPO bestimmte Sechs-Monats-Frist stellt hierbei nur eine Höchstgrenze dar. Der Senat hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung aller Senate des Kammergerichts wiederholt (vgl. nur Beschluss vom 13. August 2012 - (4) 141 HEs 63/12 (27/12) - m.w.Nachw.) darauf hingewiesen, dass aus dieser Vorschrift nicht etwa der Schluss gezogen werden kann, dass das Strafverfahren bis zu diesem Zeitpunkt nicht dem Beschleunigungsgebot gemäß geführt werden müsse. Vielmehr verlangt der in Art. 2 Abs. 2 GG verankerte Beschleunigungsgrundsatz, dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte von Anfang an alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfene Tat herbeizuführen. Daher kann eine Verletzung des Beschleunigungsgebots auch schon vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist des § 121 Abs. 1 StPO die Aufhebung des Haftbefehls gebieten, wenn es aufgrund vermeidbarer grober Fehler und Versäumnisse der Justizorgane zu einer erheblichen Verzögerung gekommen ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom 8. Juli 2013 - [4] 141 HEs 35/13 [16/13] - und vom 5. August 2009 - [4] 1 HEs 28/09 [19/09] - m.w.Nachw.). An den zügigen Fortgang des ...