Leitsatz (amtlich)
1. Die Ausschlussfrist nach § 1836 Abs. 2 S. 4 BGB (in der bis zum 30.6.2005 maßgeblichen Fassung des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes vom 25.6.1998) gilt auch für Nachlasspfleger.
2. § 56g Abs. 1 FGG begründet keine Verpflichtung des Gerichts, den berufsmäßig tätigen Nachlasspfleger von Amts wegen vor dem Verfall seines Vergütungsanspruchs nach § 1836 Abs. 2 S. 4 BGB a.F. zu bewahren.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 15.04.2005; Aktenzeichen 87 T 495/02) |
AG Berlin-Hohenschönhausen (Aktenzeichen 161/162-VI 562/93 HS) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Verfahrenswert wird auf 233,58 EUR festgesetzt.
Gründe
1. Die sofortige weitere Beschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung durch das LG statthaft, §§ 75 S. 1, 56g Abs. 7 und 5 S. 2 FGG. Sie ist auch zulässig, insb. ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 29 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 und Abs. 4, 22 Abs. 1FGG.
2. Das Rechtsmittel, mit dem der Beschwerdeführer die Festsetzung einer Vergütung für seine Tätigkeit als Nachlasspfleger in der Zeit vom 1.1.1999 bis zum 25.3.2001 i.H.v. 233,58 EUR aus der Staatskasse erstrebt, ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das LG die Bewilligung einer Vergütung für diesen Zeitraum abgelehnt, weil der Beschwerdeführer den Vergütungsanspruch erst mit Schriftsatz vom 29.7.2002 und damit nach Ablauf der in § 1836 Abs. 2 S. 4 BGB a.F. normierten Ausschlussfrist von 15 Monaten geltend gemacht hat.
Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass sich die Vergütung des Nachlasspflegers gem. § 1915 Abs. 1 BGB nach den in § 1836 BGB in der bis zum 30.6.2005 maßgeblichen Fassung des (Ersten) Betreuungsrechtsänderungsgesetzes enthaltenen Regelungen über die Vergütung eines Vormunds richtet (KG, Beschl. v. 17.9.2002 - 1 W 7298/99). Dabei hat das LG zu Recht auch § 1836 Abs. 2 S. 4 BGB a.F. für entsprechend anwendbar gehalten, wonach der Vergütungsanspruch eines Vormunds erlischt, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung beim VormG geltend gemacht wird. Nach der Rechtsprechung des Senats gilt diese Vorschrift auch für den Nachlasspfleger (KG, Beschl. v. 2.8.2005 - 1 W 433/03; v. 9.8.2005 - 1 W 434/03; v. 16.8.2005 - 1 W 461/03).
Der Standpunkt des Beschwerdeführers, der Gesetzgeber des (Ersten) Betreuungsrechtsänderungsgesetzes habe eine entsprechende Anwendung des § 1836 Abs. 2 S. 4 BGB a.F. auf Nachlasspflegschaften nicht ausdrücklich vorgesehen und daher nicht gewollt, findet in den Gesetzesmaterialien keine Bestätigung. Dagegen spricht die durch das damalige Reformgesetz unverändert gebliebene Gesetzessystematik. Der Gesetzgeber hat nach wie vor die maßgeblichen Regelungen über Aufwendungsersatz und Vergütung von Berufsbetreuern nicht im Betreuungsrecht, sondern im Vormundschaftsrecht getroffen, das über § 1908i Abs. 1 S. 1 BGB auf die Betreuung sinngemäß anzuwenden ist. Hätte der Gesetzgeber ausschließlich das Betreuervergütungsrecht neu regeln wollen, dann wäre es nahe liegend gewesen, abschließende Sondervorschriften im Betreuungsrecht selbst zu treffen. Gerade dies hatte der Gesetzgeber aber nicht im Sinn. Ihm ging es vielmehr ausdrücklich darum, die Vergütung von Vormündern und Betreuern weiterhin einheitlich zu regeln (BT-Drucks. 15/7158, 14 li. Sp.). Dass der Gesetzgeber dabei die Auswirkungen auf das Pflegschaftsrecht übersehen hätte, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Durch das (Erste) Betreuungsrechtsänderungsgesetz wurde § 56g FGG eingefügt, in dem die Verfahrensregelungen für vormundschaftsrechtliche Entscheidungen in Aufwendungsersatz-, Vergütungs- und Regressfragen getroffen werden. Nach § 56g Abs. 7 FGG sind diese Regelungen ausdrücklich auch auf Pflegschaften anzuwenden. Der Gesetzgeber verfolgte damit das Ziel, auch im Verfahrensrecht einen Gleichlauf zwischen Vormundschaft und Pflegschaft zu schaffen, weil sich materiell-rechtlich Aufwendungsersatz und Vergütung über § 1915 Abs. 1 BGB nach §§ 1835 ff. BGB richten (BT-Drucks. 15/7158, 36, li. Sp.). Das gilt insb. auch für die Nachlasspflegschaft, wie sich aus § 75 S. 1 FGG ergibt (BayObLG NJW-RR 2000, 1392 [1393]).
Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers lassen auch Sinn und Zweck von § 1836 Abs. 2 S. 4 BGB a.F. die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf die Nachlasspflegschaft zu. Die Bestimmung ist vor allem im Interesse der Staatskasse geschaffen worden (BT-Drucks. 15/7158, 23, re. Sp.). Der Vormund soll zur zügigen Geltendmachung seiner Ansprüche angehalten werden, um zu verhindern, dass Ansprüche in einer Höhe auflaufen, die die Leistungsfähigkeit des Mündels überfordert, dessen Mittellosigkeit begründet und damit eine Eintrittspflicht der Staatskasse auslöst, die bei rechtzeitiger Inanspruchnahme des Mündels nicht begründet gewesen wäre (BT-Drucks. 13/7158, 27, li. Sp.). Außerdem soll die Vergütung innerhalb eines überschaubaren Zeitraums geltend gemacht werden, um die Abrechnung besser nachvollziehen zu können (Wagenitz in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1836 Rz. 57). Diese Gründe sind grundsätzlich ...