Leitsatz (amtlich)
Der Bevollmächtigte wird durch die Bewilligung der öffentlichen Zustellung einer Kraftloserklärung des Vollmachtgebers nicht in subjektiven Rechten betroffen und ist deshalb nicht befugt, im eigenen Namen gegen die Entscheidung des AG Beschwerde zu erheben.
Normenkette
BGB §§ 176, 1896; FamFG § 59
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 15.09.2014; Aktenzeichen 70 II 25/14) |
Tenor
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligte zu 1 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens bei einem Wert von 5.000 EUR zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Am 6.2.2013 erteilte der Beteiligte zu 2 u.a. der Beteiligten zu 1 zur UR-Nr. .../2...des Notars R.F.in B.eine jederzeit widerrufliche Generalvollmacht als Vorsorgevollmacht. Die Beteiligte zu 1 erhielt eine Ausfertigung der Urkunde.
Unter dem 7.4.2014 widerrief der Beteiligte zu 2 die der Beteiligten zu 1 erteilte Vollmacht.
Unter dem 5.6.2014 hat der Beteiligte zu 2 durch seinen Verfahrensbevollmächtigten die Bewilligung der Veröffentlichung der Kraftloserklärung beantragt. Dem hat das AG durch der Beteiligten zu 1 am 18.9.2014 zugestelltem Beschluss vom 15.9.2014 entsprochen. Der Beschluss und der Widerruf der Vollmacht sind am 17.9.2014 an die Gerichtstafel des AG angeheftet und dort am 21.10.2014 wieder abgenommen worden.
Mit am 8.10.2014 bei dem AG eingegangenem Schriftsatz vom 6.10.2014 hat die Beteiligte zu 1 Beschwerde erhoben und beantragt, den auf die Bewilligung der öffentlichen Bekanntmachung gerichteten Antrag zurückzuweisen. Zur Begründung hat sie vortragen lassen, der Beteiligte zu 2 sei nicht geschäftsfähig. Das AG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 1.12.2014 nicht abgeholfen.
II.1. Die Beschwerde ist statthaft, weil es sich bei dem angefochtenen Beschluss des AG um eine Endentscheidung in einer Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt, § 58 Abs. 1 FamFG.
Gemäß § 176 Abs. 1 S. 1 HS. 1 BGB kann der Vollmachtgeber eine Vollmachtsurkunde durch öffentliche Bekanntmachung für kraftlos erklären lassen. Die Kraftloserklärung als solche ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung des Vollmachtgebers (Schilken in Staudinger, BGB, 2014, § 176 Rz. 2; Schramm, in MünchKomm, 6. Aufl., § 176 Rz. 2). Sie bedarf der öffentlichen Zustellung durch das AG. Der hierauf gerichtete Antrag leitet ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ein (KG, Beschl. v. 17.3.1933 - 1a X 275/33 - HRR 1934 Nr. 2; Schilken, a.a.O., Rz. 6; Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 176 Rz. 1; Maier-Reimer, in: Erman, BGB, 14. Aufl., § 176 Rz. 3). Über die Bewilligung der öffentlichen Zustellung entscheidet das AG durch Beschluss, § 38 Abs. 1 S. 1 FamFG.
2. Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung, weil der Sachverhalt hinreichend geklärt ist und eine mündliche Erörterung mit den Beteiligten nicht sachdienlich erscheint, § 32 Abs. 1 FamFG. Einer persönlichen Anhörung der Beteiligten zu 1 bedarf es nicht. Weder ist dies zur Gewährung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör erforderlich noch gesetzlich vorgeschrieben, § 34 Abs. 1 FamFG. Aus Art. 103 Abs. 1 GG kann die Beteiligte zu 1 keinen Anspruch auf eine bestimmte Art der Gehörsgewährung herleiten (BVerfG NJW 1982, 1579, 1582). Sie hatte Gelegenheit, sich im Beschwerdeverfahren schriftlich zu äußern und hat dies über ihren Verfahrensbevollmächtigten getan.
3. Die Beschwerde ist nicht zulässig.
a) Die Beteiligte zu 1 ist zur Erhebung des Rechtsmittels nicht befugt. Die Beschwerde steht nur demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist, § 59 Abs. 1 FamFG. Erforderlich ist die Betroffenheit in einem dem Beschwerdeführer zustehenden subjektiven Recht (BGH, NJW 2002, 3240; 3242; Meyer-Holz, in: Keidel, FamFG, 18. Aufl., § 59 Rz. 6). Ein solches Recht der Beteiligten zu 1 wird durch den angefochtenen Beschluss nicht betroffen (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 6.12.2010 - 16 Wx 96/10 - juris; Meyer-Holz, a.a.O., Rz. 76. Gehrlein/Weinland in: jurisPK/BGB, 7. Aufl. 2014, § 176 Rz. 6; a.A. OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.1.2014 - 20 W 145/13 - juris).
War die Vollmacht noch nicht widerrufen, enthält die Kraftloserklärung des Vollmachtgebers zugleich den schlüssigen Widerruf der Vollmacht. Mit Wirksamwerden der Kraftloserklärung - einschließlich eines darin enthaltenen Widerrufs (Schilken in Staudinger, BGB, 2014, § 176 Rz. 4) - entfällt der von der Vollmachtsurkunde ausgehende Rechtsschein, § 172 Abs. 2 BGB (Valenthin, in BeckOK, BGB, 2003, § 176 Rz. 5). Der Bevollmächtigte ist zur wirksamen Vertretung nicht mehr in der Lage. Weitergehende Wirkungen sind damit jedoch nicht verbunden.
Die Vertretungsmacht allein ist kein subjektives Recht des Bevollmächtigten (Schramm in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 164 Rz. 69; Schilken, a.a.O., Vorbem. zu §§ 164ff, Rz. 16; Maier-Reimer, a.a.O., § 164 Rz. 17). Mit Erteilung der Vollmacht erhält der Bevollmächtigte keine eigene, sondern lediglich eine aus dem Recht des Vollmachtgebers abgeleitete Rechtsstellung (OLG Köln, Bes...