Entscheidungsstichwort (Thema)

Störungsbeseitigungsanspruch gegen Nutzer von Wohnungseigentum; Verwirkung. Wohnungseigentumssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wer als Nutzer von Wohnungseigentum auf der dazugehörigen Garten-Sondernutzungsfläche einen Sichtschutzzaun errichtet, kann neben dem Wohnungseigentümer auf Beseitigung gerichtlich in Anspruch genommen werden (Weiterführung von Senat OLGZ 1992, 55 = NJW-RR 1991, 1421 = WE 1991, 328).

2. Die Geltendmachung des Störungsbeseitigungsanspruches kann nach mehr als sechs Jahren unzulässige Rechtsausübung sein.

 

Normenkette

WEG § 15 Abs. 3, § 22 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 72 II 13/95)

LG Berlin (Aktenzeichen 87 T 430/95)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen. Außergerichtliche Kosten dritter Instanz sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 6.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Der Antragsteller betreibt in seiner im Erdgeschoß gelegene Teileigentumseinheit sowie in dem davor zur Straße hin liegenden Garten eine Gaststätte. Als Rechtsnachfolger seiner Eltern ist der Antragsgegner seit 1994 Eigentümer einer daneben im Erdgeschoß liegenden Wohnung. Nach der Teilungserklärung in der geänderten Fassung vom 22. Februar 1980 haben die Beteiligten jeweils Sondernutzungsrechte an den vor ihren Räumen liegenden Gartenteilen. Die Gartenteile der Sondernutzungsfläche sind durch einen etwa 1 m hohen Jägerzaun getrennt. Im April/Mai 1989 wurde auf der jetzt dem Antragsgegner zugeordneten Sondernutzungsfläche hinter dem Jägerzaun insbesondere auch vor den Gaststättenfenstern des Antragstellers ein 1,80 m hoher Holzflechtzaun gesetzt, nach der Behauptung des Antragstellers von dem Antragsgegner selbst, nach dessen Angaben zum Sichtschutz für sich und seine Familie, wobei der Antragsteller sich mit einem Geldbetrag für den Holzzaun zu dessen Weiterführung bis zur Straße hin beteiligt habe. Mit dem Mitte 1995 gegen den Antragsgegner eingeleiteten gerichtlichen Verfahren verlangt der Antragsteller unter anderem die Beseitigung des Flechtzaunes. Mit Beschluß vom 29. August 1995 hat das Amtsgericht diesen Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, daß zwar eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums vorliege, der Antragsteller jedoch nicht über das in § 14 BGB bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werde; im übrigen bestehe die Zaunanlage bereits seit sechs Jahren, ohne daß es in dieser Zeit zu Beanstandungen gekommen sei. Nachdem die Parteien sich in einem Teilvergleich darüber geeinigt haben, daß die am Flechtzaun gesetzten Anpflanzungen einschließlich des entstandenen Wildwuchses regelmäßig zurückgeschnitten werden, hat das Landgericht mit Beschluß vom 15. Juli 1996 im übrigen die Erstbeschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Seine sofortige weitere Beschwerde bleibt erfolglos.

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Insbesondere ist die gemäß § 45 Abs. 1 WEG erforderliche Beschwer wegen der durch die beanstandete bauliche Verändung eingetretenen Beeinträchtigung erreicht. Das Rechtsmittel ist jedoch sachlich nicht gerechtfertigt. Einen Rechtsfehler, auf den die sofortige weitere Beschwerde mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 Abs. 1 FGG), weist der angefochtene Beschluß im Ergebnis nicht auf.

Zutreffend nimmt das Landgericht an, daß der Antragsteller seinen Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums gegen den Antragsgegner ohne Ermächtigung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft geltend machen kann (BGHZ 116, 392 = NJW 1992, 978; Senat NJW-RR 1995, 1228 = WE 1995, 313 = ZMR 1995, 418 = WM 1995, 444).

Ohne Rechtsirrtum sehen die Vorinstanzen in der Errichtung eines 1,80 m hohen Holzflechtzaunes hinter dem 1 m hohen Jägerzaun auf der Trennlinie zwischen den Sondernutzungsflächen eine bauliche Veränderung in Sinne des § 22 Abs. 1 WEG. Unter einer baulichen Veränderung ist nicht nur eine Veränderung vorhandener Gebäudeteile, sondern jede auf Dauer angelegte gegenständliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums zu verstehen, die über die ordnungsmäßige Erstherstellung der Wohnanlage und deren ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung hinausgeht. In diesem Sinne ist eine bauliche Veränderung auch an unbebauten Teilen des gemeinschaftlichen Grundstückes möglich, insbesondere bei der (hier zusätzlichen) Einzäunung von Sondernutzungsflächen gegeben (Senat OLGZ 1994, 273 = WE 1994, 213 = WM 1994, 101 = ZMR 1994, 70 = NJW-RR 1994, 207).

Aus Rechtsgründen ist auch nicht zu beanstanden, wenn das Landgericht sich nicht der Auffassung des Amtsgerichts angeschlossen hat, daß der vor dem Gaststättenfenster errichtete Lamellenzaun sonst unvermeidbare gegenseitige Störungen und Belästigungen ausschließe, somit den Verfahrensbeteiligten erst ein geordnetes Zusammenleben ermögliche, da die unglückliche architektonische Lösung, in einer „grundstücks...

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