Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeitsvoraussetzungen für die gerichtliche Ersetzung der Jahresabrechnung und des Wirtschaftsplans. Wohnungseigentumssache
Leitsatz (amtlich)
1. Auch im Falle einer fehlerhaften Einberufung der Eigentümerversammlung kann die Nichterreichbarkeit der Zustimmung der Wohnungseigentümer zu der vom Verwalter vorgelegten Jahresabrechnung festgestellt werden, wenn bei der die Jahresabrechnung ablehnenden Beschlußfassung sämtliche Wohnungseigentümer mitgewirkt haben.
2.
- Kommt eine zeitgerechte Beschlußfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft über den Wirtschaftsplan nicht zustande, kann jeder Wohnungseigentümer zur Abwendung unabschätzbarer Schadensrisiken vor Ablauf der Wirtschaftsperiode die gerichtliche Erstfestsetzung des Wirtschaftsplans und die sofortige Fälligstellung der sich daraus ergebenden Vorschußansprüche durch einstweilige Anordnung auch dann verlangen, wenn eine vorgängige Abstimmung über die Wirtschaftsplanung in einer ordnungsgemäß einberufenen Eigentümerversammlung noch nicht stattgefunden hat.
- Auch bei der gerichtlichen Ersetzung des Wirtschaftsplans ist es gerechtfertigt, zugleich die Fortgeltung des Wirtschaftsplans bis zur Beschlußfassung über den nächsten Wirtschaftsplan anzuordnen.
Normenkette
WEG § 21 Abs. 5 Nr. 5, § 28 Abs. 1, 5, § 43 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Berlin-Spandau (Aktenzeichen 70 II 157/90 (WEG)) |
LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 77/91 (WEG)) |
LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 73/91) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird teilweise aufgehoben.
Die Erstbeschwerden der Beteiligten zu 2. bis 11. gegen die Schlußentscheidung des Amtsgerichts Spandau vom 17. April 1991 – 70 II 157/90 (WEG) – (ersetzende Aufstellung des Wirtschaftsplans für die Zeit vom 1. Mai 1990 bis zum 30. April 1991) werden zurückgewiesen.
Hinsichtlich des Antrags des Antragstellers auf gerichtliche Festlegung der Jahresabrechnung 1989/1990 wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.
Im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.
Über die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat das Landgericht zu befinden. Außergerichtliche Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert wird für die zweite und dritte Instanz auf 25.000,– DM festgesetzt.
Gründe
I.
In der Eigentümerversammlung vom 23. November 1990 lehnten die Wohnungseigentümer die Beschlußanträge zu TOP 1 (Verabschiedung der Jahresabrechnung 1989/1990), zu TOP 2 (Entlastung des Verwalters) und zu TOP 3 (Verabschiedung des vom früheren Verwalter vorgeschlagenen Wirtschaftsplans für die Wirtschaftsperiode vom 1. Mai 1990 bis zum 30. April 1991) mehrheitlich ab. Außerdem lehnten sie es zu TOP 8 a, TOP 10 a und TOP 12 a mit Mehrheit ab, bestimmten im einzelnen genannten Miteigentümern eine Klageermächtigung für bestimmte, bereits anhängig gemachte Wohngeldverfahren zu erteilen.
Die Eigentümerversammlung, in der sämtliche Wohnungseigentümer anwesend bzw. vertreten waren, hatte der frühere Verwalter Alefs einberufen, der zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Verwalter war, weil die Beteiligte zu 9. bereits in der Eigentümerversammlung vom 31. Mai 1990 zur neuen Verwalterin bestellt worden war.
Mit seinem am 11. Dezember 1990 bei Gericht eingegangenen Antrag hat der Antragsteller unter anderem beantragt, die Eigentümergemeinschaft zu verpflichten, den mehrheitlich abgelehnten Beschlußanträgen zu TOP 1 (Verabschiedung der Jahresabrechnung 1989/1990), zu TOP 2 (Entlastung des Verwalters) und zu TOP 3 (Verabschiedung des Wirtschaftsplans für die Zeit vom 1. Mai 1990 bis zum 30. April 1991) sowie den Beschlußvorlagen hinsichtlich der Klageermächtigungen (TOP 8 a, 10 a und 12 a) zuzustimmen. Hilfsweise hat er beantragt, einen Wirtschaftsplan für die Wirtschaftsperiode vom 1. Mai 1990 bis zum 30. April 1991 aufzustellen, aus welchem sich die Zahlungsverpflichtungen für die Wohnungseigentümer ergeben. Mit Teilbeschluß vom 28. Februar 1991 hat das Amtsgericht die Verpflichtungsanträge hinsichtlich der Beschlußvorlagen zu TOP 1 und TOP 2 zurückgewiesen und den Verpflichtungsanträgen hinsichtlich der Zustimmung zu den Klageermächtigungen stattgegeben. Durch Schlußentscheidung vom 17. April 1991 hat das Amtsgericht unter Zurückweisung der Anträge im übrigen auf den Hilfsantrag des Antragstellers für die Wirtschaftsperiode vom 1. Mai 1990 bis zum 30. April 1991 einen detaillierten Gesamtwirtschaftsplan sowie detaillierte Einzelwirtschaftspläne für die einzelnen Wohneinheiten ausgearbeitet, diesen Wirtschaftsplan über den 30. April 1991 hinaus bis zu einer Abänderung durch Eigentümerbeschluß oder Gerichtsbeschluß in Kraft gesetzt und im Wege einstweiliger Anordnung die sofortige Wirksamkeit seines Beschlusses bestimmt.
Durch Beschluß vom 25. Februar 1992 hat das Landgericht die gegen den Teilbeschluß des Amtsgerichts rechtzeitig eingelegte Erstbeschwerde des Antragstellers zurückgewiesen und auf die rechtzeitigen Erstbeschwerden der Beteiligten zu 2. bis 11. d...