Entscheidungsstichwort (Thema)

einheitliche Gestaltung des äußeren Erscheinungsbildes. Wohnungseigentumssache betreffend die Wohnungseigentumsanlage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Wohnungseigentümerversammlung kann auch dann durch Mehrheitsbeschluß eine Konzeption zur Wiederherstellung des äußeren Erscheinungsbildes des Gemeinschaftseigentums festlegen, wenn gegen früher erfolgte eigenmächtige bauliche Maßnahmen einzelner keine Beseitigungsansprüche mehr erhoben werden können (hier: eigenmächtige Verfliesung des ursprünglich einheitlich betonierten Eingangsbereichs einer Mehrhausanlage).

2. Solange in diesem Falle noch kein Eigentümerbeschluß gefaßt worden ist, kann auch gegen einen Wohnungseigentümer, der in seinem Bereich nachträglich unbefugt bauliche Veränderungen derselben Art vorgenommen hat, kein Anspruch auf sofortige Rückgängigmachung durchgesetzt werden.

 

Normenkette

WEG § 21 Abs. 2-3, § 22 Abs. 1

 

Beteiligte

weitere Beteiligte wie aus dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 16. November 1990 – 150/191 T 326/89 – ersichtlich

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II 1/89)

LG Berlin (Aktenzeichen 150/191 T 326/89)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Berlin zurückverwiesen, das auch über die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu befinden hat.

Außergerichtliche Kosten dritter Instanz sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 2.500,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind u. a. Miteigentümer der im Rubrum angegebenen Wohnanlage, die aus neun in zwei Zeilen angeordneten Reihenhäusern besteht. Die Antragsteller und die Antragsgegner bewohnen je ein Haus der von der Straße aus gesehen ersten Häuserzeile. Der Zugang zu diesen Häusern führt, über einen schmalen betonierten Weg unmittelbar entlang der Häuser. Die Antragsteller verlangen von den Antragsgegnern Beseitigung der bräunlichen Verfliesung des ursprünglich betonierten Eingangsbereiches des von diesen bewohnten Hauses. Sie berufen sich darauf, daß es sich um eine bauliche Veränderung am gemeinschaftlichen Eigentum handele, die zu erhöhter Unfallgefahr, erhöhtem Haftungsrisiko und erhöhtem Instandhaltungsrisiko führe. Die Antragsgegner haben vorgetragen, die Arbeiten seien auf Veranlassung des Verwalters der Wohnanlage als Instandsetzungsarbeiten durchgeführt worden. Die im Gemeinschaftseigentum stehende Verfläche vor ihrem Haus sei vor Durchführung der Verfliesung aus Beton gegossen und mit einer Stufe zu Eingang hin versehen gewesen. Da die Stufe und die gesamte Fläche im Laufe der Jahre baufällig und brüchig geworden seien, habe der Verwalter eine Fachfirma mit der Sanierung der gesamten Fläche beauftragt. Diese Arbeiten seien im August 1988 ausgeführt worden, jedoch nicht sachgemäß. Die neue Betondecke sei uneben und einige Zentimeter höher gewesen, so daß die Stufe keine Tritthöhe mehr auf gewiesen habe. Angesichts dessen sei mit Zustimmung des Verwalters eine andere Firma mit der Verfliesung der Fläche im Sinne einer dauerhaften und witterungsunabhängigen Lösung bei Tragung der Mehrkosten durch die Antragsgegner beauftragt worden. Die Antragsgegner hätten auch eventuelle Reparaturen der Verfliesung übernommen.

Mit Beschluß vom 21. Juli 1989 hat das Amtsgericht Schöneberg die Antragsgegner verpflichtet, die Verfliesung ihres Eingangsbereiches zu beseitigen. Die hiergegen eingelegt sofortige Beschwerde hat das Landgericht durch den angefochtenen Beschluß zurückgewiesen. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner hat Erfolg.

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig und sachlich begründet. Der angefochtene Beschluß ist nicht rechtsfehlerfrei (§ 27 FGG). Die Sache muß zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen werden.

Der angefochtene Beschluß führt aus: Es könne dahinstehen, ob die bauliche Umgestaltung als modernisierende Instandsetzung einer Regelung durch Mehrheitsentscheidung zugänglich sei, weil ein derartiger Eigentümerbeschluß bisher nicht vorliege. Der Umbau sei nicht von den Antragstellern gemäß §§ 22 Abs. 1 Satz 2, 14 Nr. 1 und 3 WEG hinzunehmen, weil eine optische Veränderung vorliege, die die Einheitlichkeit der Häuserzeile störe, und weil ein erhöhtes Instandhaltungsrisiko bestehe. Eine Duldungspflicht der Antragsteller folge auch nicht daraus, daß bereits einzelne andere Eingänge ebenfalls inzwischen verfliest worden seien. Ein etwaiges Einverständnis des Verwalters mit dem Umbau sei unerheblich, weil dieser keinesfalls befugt gewesen wäre, den baulichen Maßnahmen zuzustimmen. Der Beseitigungsanspruch der Antragsteller sei nicht verwirkt, da sie wenige Monate nach Durchführung der Arbeiten gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen haben. Der Beseitigungsanspruch könne ohne Ermächtigungsbeschluß der Gemeinschaft von jedem Miteigentümer geltend gemacht werden (KG GE 1990, 719).

Rechtlich bedenklich ist ...

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