Leitsatz (amtlich)
1. Die Hinzuziehung von Gehilfen ist zulässig, wenn die Gesamtverantwortlichkeit des Sachverständigen nicht in Frage gestellt wird.
2. Die Mitarbeit ist dem Gericht anzuzeigen. Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht führt nicht zwangsläufig zum Verlust des Vergütungsanspruchs.
Normenkette
ZPO § 407a
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 13.04.2010; Aktenzeichen 6 O 6/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Sachverständigen Prof. Dr. Mohr wird der Beschluss des LG Berlin vom 13.4.2010 - 6 O 6/09 - aufgehoben.
Gründe
I. Das LG hat den Sachverständigen, welcher Direktor der Klinik für Herzchirurgie/Universität Leipzig Herzzentrum ist, durch Beschluss vom 26.6.2009 (Bl. 81 d.A.) mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt.
Das Gutachten vom 20.9.2009 (Bl. 87 d.A.) sowie die Ergänzung des Gutachtens vom 29.10.2009 sind von der Fachärztin für Herzchirurgie/Intensivmedizin Dr. S. und dem Sachverständigen unterzeichnet worden.
Das LG hatte den Sachverständigen bereits mit Verfügung vom 12.10.2009 (Bl. 113 d.A.) folgenden Hinweis erteilt:
"Im Übrigen ist das Gutachten auch von Frau Dr. S. unterschrieben Der Gutachtenauftrag ist ihnen persönlich übertragen worden. Wie Sie dem Begleitschreiben zu Beauftragung vom 26.6.2009 entnehmen können, ist bei Mitarbeit dritter Personen im Gutachten Angaben zum Umfang und zur Person der mitarbeitenden Person zu machen. Daran fehlt es. Wir bitten dies zusammen mit der Ergänzung nachzuholen."
Der Sachverständige hat hierzu im Rahmen der Ergänzung des Gutachtens vom 20.9.2009 u.a. mitgeteilt, dass das Gutachten "nach Diskussion ... mit mir" von Frau Dr. S. erstellt worden sei. "Der Teil über die Technik der Katheteruntersuchung und der möglichen Komplikationen dieses Eingriffs, sowie der Detektion derselben, wurde schwerpunktmäßig meinerseits mitbearbeitet, insbesondere aber auch mit praktizierenden Fachkollegen der Klinik für Kardiologie des Herzzentrums Leipzig unter Wahrung der Schweigepflicht theoretisch besprochen", da " Frau Dr. S. selbst keine Linksherzkatheterdiagnostik durchführt, jedoch langjährig als Herzchirurgin und tätige Fachärztin und Oberärztin in der kardiochirurgischen Ambulanz mit Komplikationen nach Herzkatheterdiagnostik vertraut ist."
Weitere Ausführungen über das Vorgehen bei der Erstellung der streitgegenständlichen Gutachten und von sonstigen Gutachten hat der Sachverständige in seinem Schreiben vom 9.2.2010 (Bl. 160 d.A.) gemacht.
Durch Beschluss vom 13.4.2010 (Bl. 161 d.A.), welcher dem Sachverständigen Prof. Dr. M. am 22.4.2010 zugestellt worden ist, hat das LG dem Sachverständigen den Vergütungsanspruch für sein Gutachten vom 2.10.2009 entzogen.
Hiergegen hat sich der Sachverständige mit Schreiben vom 23.4.2010 gewandt.
Das LG hat der in dem Schreiben vom 23.4.2010 enthaltenen Beschwerde des Sachverständigen nicht abgeholfen (Nichtabhilfebeschluss vom 20.5.2010, Bl. 170 d.A.) und die Akten dem KG zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist nach § 4 Abs. 1, 3, 4 JVEG i.V.m. § 413 ZPO zulässig (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 413 Rz. 8.
Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Eine Entziehung des Vergütungsanspruchs wegen Nichtverwertbarkeit des Gutachtens ist nach Auffassung des Senats nicht gerechtfertigt.
Nach § 407a Abs. 2 ZPO bestimmt und beauftragt ausschließlich das Gericht den Sachverständigen. Eine Vertretung ist ausgeschlossen, da dieses die Aufgabe des Gerichts, eine nach ihrer Persönlichkeit und Qualifikation geeignet erscheinende Person auszuwählen, illusorisch machen würde.
Der Sachverständige darf daher den ihm erteilten Auftrag nicht auf einen anderen übertragen. Auch die verdeckte (dem Gericht und den Parteien verschwiegene) Hinzuziehung eines anderen Gutachters oder Mitarbeiters durch den ernannten Sachverständigen führt zur Unverwertbarkeit des Gutachtens (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 407a Rz. 2; § 404 Rz. 1a) - was aber keine praktischen Auswirkungen hat, da der besagte Umstand ja nicht erkannt wird.
Zulässig ist dagegen die Hinzuziehung von Gehilfen durch den Sachverständigen, wenn und solange hierdurch die Gesamtverantwortlichkeit des beauftragten Sachverständigen nicht in Frage gestellt wird (Zöller, a.a.O., § 404 Rz. 1a). Allerdings muss der Sachverständige nach § 407a Abs. 2 Satz 2 ZPO dieses dem Gericht gegenüber mitteilen, wenn es sich nicht um Hilfsdienste von untergeordneter Bedeutung handelt.
Das Gutachten vom 20.9.2009 sowie die Ergänzung hierzu vom 29.10.2009 sind zwar sowohl von Frau Dr. S. als auch vom Sachverständigen Prof. Dr. M. unterzeichnen worden, was formaljuristisch zunächst dafür spricht, dass jeder von beiden die Gesamtverantwortung für die Begutachtung übernommen hat. Allerdings ist dieser Umstand - bei Prof. Dr. M. und Frau Dr. S. handelt es sich um Nichtjuristen - auch unter Berücksichtigung der Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. M. über die Art und Weise der Zusammenarbeit und der Erstellung des Gutachtens z...