Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit einer Ladenmarkise. Wohnungseigentumssache betreffend die Wohnanlage

 

Leitsatz (amtlich)

Die eigenmächtige Anbringung einer Ladenmarkise stellt eine unzulässige bauliche Veränderung dar, die ein Wohnungseigentümer nicht hinzunehmen braucht, zumal wenn durch den Geschäftsbetrieb auf der Straße die Sicht auf sein Praxisschild verschlechtert wird.

 

Normenkette

WEG § 14 Nr. 1, § 22 Abs. 1

 

Beteiligte

weitere Miteigentümer zu III. 1) bis 11) wie aus dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 7. September 1994 – 87 T 86/94 (WEG) – ersichtlich

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 72 II 85/93)

LG Berlin (Aktenzeichen 87 T 86/94)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

Der Antragsgegner erwarb im Frühjahr 1993 das Teileigentum Nr. 15, in dem er ein Schreibwarengeschäft betreibt. In der Eigentümerversammlung vom 12. Mai 1993 wurde unter TOP 7 (Verschiedenes) über den Plan des Antragsgegners gesprochen, über seinem Ladengeschäft eine Markise anzubringen. Nach der Protokollierung „genehmigten” die anwesenden sechs Miteigentümer (darunter der Antragsteller zu 2)) mit 567,96/1.000 Miteigentumsanteilen diesen Plan, soweit der Gemeinschaft keine Kosten und Folgekosten entstünden; eine Abstimmung hatte zu diesem Tagesordnungspunkt aber nicht stattgefunden. Im Sommer 1993 brachte der Antragsgegner die Markise an. Unter Hinweis darauf, daß ihre an der Fassade angebrachten Hinweisschilder auf die von ihnen in der Wohnanlage betriebenen Praxen aufgrund der Markise von Passanten schlechter wahrgenommen werden könnten, haben die Antragsteller beantragt, den Antragsgegner unter anderem zu verpflichten, die Markise zu entfernen. Diesem Antrag hat das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg mit Beschluß vom 21. Januar 1994 stattgegeben und den Antragsgegner verpflichtet, die vor seinem Ladengeschäft befindlichen Verkaufsstände für Postkarten und sonstige Artikel so aufzustellen, daß die Praxisschilder der Antragsteller nicht verdeckt werden. Gegen seine Verpflichtung zur Beseitigung der Markise hat der Antragsgegner Erstbeschwerde eingelegt. Während das Landgericht den auf Beseitigung der Markise gerichteten Antrag des Antragstellers zu 2) wegen dessen Zustimmung in der Eigentümerversammlung vom 12. Mai 1993 für unbegründet gehalten hat, hat es die Stattgabe des Beseitigungsantrages der Antragsteller in zu 1) bestätigt und die Erstbeschwerde insoweit zurückgewiesen. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners bleibt erfolglos.

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Insbesondere ist die Beschwer gemäß § 45 Abs. 1 WEG erreicht. Angesichts der Beseitigungskosten und der geschäftlichen Nachteile liegt sie für den Rechtsbeschwerdeführer jedenfalls bei 5.000,00 DM und entspricht daher hier dem Geschäftswert.

Die sofortige weitere Beschwerde ist jedoch sachlich nicht gerechtfertigt. Einen Rechtsfehler, auf den das Rechtsmittel mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 Abs. 1 FGG), weist der angefochtene Beschluß zu Lasten des Antragsgegners nicht auf.

Zutreffend bejaht das Landgericht einen der Antragstellerin zu 1) wegen eigener Beeinträchtigung als Miteigentümerin zustehenden Individualanspruch, den sie gerichtlich ohne vorherigen Ermächtigungsbeschluß der Eigentümergemeinschaft geltend machen darf (BGHZ 116, 392 = NJW 1992, 978).

Ohne Rechtsirrtum nimmt der angefochtene Beschluß an, daß der Antragstellerin zu 1) gegen den Antragsgegner ein Anspruch auf Beseitigung der Markise zusteht (§ 1004 BGB, §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG). Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen der Vorinstanzen stellt die Anbringung der das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage erheblich verändernden Markise eine bauliche Veränderung dar, die die Antragstellerin zu 1) über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt (§ 22 Abs. 1 Satz 1 und 2 WEG). Unter einem Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG ist jede nicht ganz unerhebliche konkrete und objektive Beeinträchtigung zu verstehen. Entscheidend ist, ob ein Wohnungseigentümer sich nach der Verkehrsanschauung in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Wie das Landgericht verfahrensfehlerfrei festgestellt hat, geht mit der Anbringung der Markise eine Verschlechterung des optischen Erscheinungsbildes des Gebäudes einher, die auch ein verständiger Wohnungseigentümer als ästhetisch nachteilige Beeinträchtigung empfinden kann.

Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die Antragstellerin zu 1) habe zu keinem Zeitpunkt an dem veränderten optischen Eindruck der Wohnanlage Anstoß genommen, vielmehr gehe es ihr nur darum, daß durch die Beseitigung der Verkaufsstände vor den Schaufenstern für vorbeifahrende Personenkraftwagen ihre Praxisschilder besser zu sehen seien. Demgegenüber ist rechtli...

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