Leitsatz (amtlich)
Anlass für eine Prüfung und eine Korrektur der vom Sachverständigen angegebenen Stundenzahl für die Erledigung des Gutachtenauftrages besteht dann, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung ganz eindeutig ungewöhnlich hoch erscheint. Der Sachverständige ist gehalten, die Arbeitsschritte so zu differenzieren, dass sich der berechnete Zeitaufwand den einzelnen Leistungen zuordnen und nachvollziehen lässt.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 06.07.2001; Aktenzeichen 3 OH 6/97) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen die Festsetzung seiner Entschädigung als Sachverständiger ist gem. § 16 Abs. 2 ZSEG zulässig. Der Beteiligte zu 1) ist als Sachverständiger beschwerdeberechtigt (§ 16 Abs. 2 S. 2 ZSEG). Er ist durch den angefochtenen Beschluss auch um mehr als 100 DM (§ 16 Abs. 2 S. 1 ZSEG a.F.) beschwert. Ihm wurde statt der beantragten Entschädigung von insgesamt 6.537,34 DM nur eine Entschädigung von 5.950,84 DM für das Gutachten vom 21.11.1997 und das Schreiben vom 9.2.1998 zugesprochen.
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet. Gegenstand des Beschwerde-verfahrens ist die mit dem angefochtenen Festsetzungsbeschluss vorgenommene Kürzung der berechneten Sachverständigenentschädigung des Beteiligten zu 1) um 586,50 DM. In Rahmen dieses Betrages unterliegt die angefochtene Festsetzung der Sachverständigenentschädigung einer vollen Überprüfung, wobei das Beschwerdegericht - entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1) - nicht nur die umstrittenen, sondern sämtliche Rechnungsposten überprüfen und ggf. zum Nachteil des Sachverständigen herabsetzen kann (Meyer/Höver/Bach, Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, 22. Aufl., 2002, § 16 Rz. 15; OLG Schleswig v. 14.9.1984 - 1 Ws 574/84, MDR 1985, 79; KG v. 23.10.2001 - 1 W 2084/00, nicht veröffentlicht). Vorliegend erweist sich die Kürzung der berechneten Entschädigung um 586,50 DM jedoch bereits aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als zutreffend. Zumindest der Zeitaufwand, den der Beteiligte zu 1) für das Aktenstudium berechnet hat, kann nicht in vollem Umfang als erforderlich anerkannt werden.
Die Entschädigung eines Sachverständigen richtet sich nach § 3 Abs. 2 S. 2 ZSEG u.a. nach dem erforderlichen Zeitaufwand. Dies ist nach allgemeiner Auffassung der im konkreten Fall für die Erledigung des Gutachtenauftrages objektiv erforderliche Zeitaufwand. Entscheidend ist nicht die Zeit, die der Sachverständige tatsächlich für die Begutachtung aufgewandt hat, sondern der Zeitaufwand, den ein mit der Materie vertrauter Sachverständiger von durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung benötigt, um die Beweisfrage sachgemäß zu beantworten (KG JurBüro 1984, 1066; BGH v. 4.6.1987 - X ZR 27/86, NJW-RR 1987, 1470 f.). Das Gericht darf und muss daher prüfen, ob der vom Sachverständigen mitgeteilte Zeitaufwand wirklich erforderlich war. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass dem Sachverständigen ein Ermessensspielraum eingeräumt ist: Grundsätzlich bleibt ihm im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens die Entscheidung überlassen, wie viel Zeit für eine ordnungsgemäße Begutachtung notwendig ist. Deswegen ist zunächst von den Zeitangaben des Sachverständigen auszugehen. Anlass für eine Prüfung und eine Korrektur der Stundenzahl besteht nur dann, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung ganz eindeutig ungewöhnlich hoch erscheint (KG JurBüro 1984, 1066; ZSW 82,228; OLG Düsseldorf JurBüro 1996, 43; OLG Hamm v. 23.12.1986 - 23 W 213/85, MDR 1987, 419; OLG Köln v. 23.6.1998 - 4 WF 82/98, OLGReport Köln 1999, 115; Meyer/Höver/Bach, Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, 22. Aufl., 2002, § 3 Rz. 22).
Letzteres ist hier der Fall. Auch bei einer großzügigen Beurteilung des vom Sachverständigen berechneten Zeitaufwandes erscheint die angegebene Zeit von 6 Stunden für das Studium der Akten vor Erstellung des Gutachtens vom 21.11.1997 und von weiteren zwei Stunden für das Schreiben vom 9.2.1998 eindeutig außergewöhnlich hoch. Es ist nicht zu beanstanden, dass das LG den angegebenen Zeitaufwand um 4 Stunden auf die Hälfte der Zeit gekürzt hat.
Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände, insb. von Inhalt und Umfang der Akte sowie der Art des Beweisthemas kann für das Aktenstudium zur Abfassung des Gutachtens vom 21.11.1997 lediglich ein Zeitaufwand von drei Stunden anerkannt werden. Der Beteiligte zu 1) weist zwar zu Recht darauf hin, dass bei der Beurteilung der Höhe des Zeitaufwandes für das Aktenstudium nicht allein auf die reine Leseleistung abgestellt werden darf. Neben der Lektüre der Akten umfasst das Studium der Akten auch deren Aufarbeitung und Auswertung im Hinblick auf die zu beantwortende Beweisfrage (Meyer/Höver/Bach, Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, 22. Aufl., 2002, § 3 Rz. 43. 3). Dieser Umstand wird jedoch entgegen der Auffassung des Sachverständigen nicht vernachläs...