Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltendmachung von Freistellungsansprüchen durch einzelne Wohnungseigentümer
Leitsatz (amtlich)
Persönliche Freistellungs- und Ausgleichsansprüche aus der Verletzung von Gemeinschaftspflichten kann ein Wohnungseigentümer auch ohne vorherigen Gemeinschaftsbeschluß gegen einen anderen Wohnungseigentümer geltend machen (Abgrenzung zu BGH NJW 1985, 912).
Normenkette
WEG § 16 Abs. 2, 4
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 29.07.1987; Aktenzeichen 191 T 190/86 (WEG)) |
AG Berlin-Tiergarten (Aktenzeichen 70 II 48/85 (WEG)) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu befinden hat.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 120.928,92 DM festgesetzt.
Gründe
Die Antrapsgegnerin war Alleineigentümerin der Wohnungseigentumsanlage. Nachdem die von ihr eingesetzte Verwaltung, die B. W. m., im Januar 1983 aus wichtigem Grunde abgewählt worden war, zahlte die Antragsgegnerin kein Wohngeld mehr. Mit dem unangefochten gebliebenen Beschluß vom 22. März 1984 haben die Wohnungseigentümer die Einreichung von Klagen gegen die Antragsgegnerin auf Veräußerung von deren Wohnungen beschlossen. Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller reichte in deren Namen im April 1984 23 Klagen gegen die Antragsgegnerin auf Veräußerung der in deren Eigentum stehenden Wohnungen ein. Die Antragsgegnerin zahlte vor Zustellung der Klagen die rückständigen Wohngelder auf das Gemeinschaftkonto ein. Der Verfahrensbevollmächtigte und damalige Prozeßbevollmächtigte der Antragsteller hat für jede Klage eine 28/10-Gebühr berechnet, ursprünglich den Kaufpreis für die jeweiligen Eigentumswohnungen aus der Preisliste der Antragsgegnerin für 1980 für die Berechnung des Gegehstandswertes zugrunde gelegt und nach Bekanntwerden der Kaufpreise im Jahre 1984 mit einem durchschnittlichen Kaufpreis von 2.029,97 DM pro m² den Gegenstandswert neu berechnet, woraus sich gemäß der Einzelaufstellung Bd. I Bl. 176–179 d.A. eine Gesamtforderung von 120.928,92 DM ergibt. Auf Verlangen der Antragsteller hat das Amtsgericht durch Beschluß vom 19. August 1986 die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Freistellung der Antragsteller von Anwaltskosten aus der Einleitung der gerichtlichen Entziehungsverfahren ausgesprochen. Auf die frist- und formgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Landgericht durch den angefochtenen Beschluß die amtsgerichtliche Entscheidung geändert und die Anträge der Antragsteller zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß haben die Antragsteller frist- und formgerecht sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
Das gemäß §§ 22, 27, 29 FGG, 45 WEG zulässige Rechtsmittel ist in der Sache begründet. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts ist nicht rechtsfehlerfrei (§ 27 FGG).
Keinen rechtlichen Bedenken unterliegt zwar die Annahme der Vorinstanz, daß durch die Rücknahmeerklärung der gewählten Verwaltung B. das vorliegende Verfahren nicht beendet worden sei da das Verfahren von einzelnen Wohnungseigentümern eingeleitet worden ist, diese die Dispositionsbefugnis hinsichtlich dieses Wohnungseigentumsverfahrens behalten und die Mehrheit der Eigentümergemeinschaft durch Eigentümerbeschluß die Dispositionsbefugnis der antragstellenden Wohnungseigentümer nicht zu beschränken vermag. Rechtsirrtumsfrei hat der angefochtene Beschluß auch angenommen, daß die Kosten der gerichtlichen Entziehungsprozesse einer Regelung durch den am 26. November 1985 zu TOP 8 gefaßten Mehrheitsbeschluß nicht zugänglich sind und dadurch das vorliegende Verfahren keine Beendigung gefunden hat.
Aber die weiteren Ausführungen des Landgerichts können keinen rechtlichen Bestand haben. Das Landgericht führt aus: Die Antragsgegnerin habe das Wohngeld für die einzelnen Wohnungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geschuldet. Folgerichtig habe nur gegenüber der Gemeinschaft und nicht gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern Verzug eintreten können. Dabei sei davon auszugehen, daß die Antragsgegnerin für die Zahlung des Wohngeldes vorschußpflichtig sei und Verzug auch ohne Mahnung eingetreten sei. Die Nichtzahlung von Wohngeldern aufgrund eines hier nicht genehmen Verwalterwechsels rechtfertige es jedenfalls nicht, als Mehrheitseigentümerin sämtliche Wohngeldzahlungen einzustellen, zumal sie finanziell die Hauptlast für den Bestand der Wohnungseigentumsanlage trage. Die Antragsteller hätten auch suhstantiiert vorgetragen, daß die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG in der Person der Antragsgegnerin vorgelegen hätten. Diese hätte zumindest ein Wohngeld in der im Wirtschaftsplan festgesetzten Höhe entrichten müssen. Der Beschluß über die Entziehung des Wohnungseigentums vom 22. März 1984 sei mit qualifizierter Mehrheit gefaßt worden und nicht innerhalb der Frist des § 23 Abs. 4 WEG angefochten worden. Klagebefugt sei die Eigentümergemeinschaft mit Ausschluß desjeni...