Leitsatz (amtlich)

Wird die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückgewiesen, so sind die Kosten einer gem. § 524 Abs. 4 ZPO dadurch wirkungslos gewordenen Anschlussberufung nicht - wie im Rahmen des § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO (vgl. dazu BGH NJW-RR 2006, 1147 - 1148) - dem Berufungskläger, sondern in entsprechender Anwendung des § 96 ZPO dem Berufungsbeklagten (=Anschlussberufungskläger) aufzuerlegen, so dass gem. § 92 Abs. 1 ZPO eine Quote zu bilden ist.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 05.08.2009; Aktenzeichen 7 O 549/07)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin vom 3.9.2009 gegen das am 28.7.2009 verkündete und am 5.8.2009 zugestellte Urteil des LG Berlin - 7 O 549/07 - wird gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 81 % und die Beklagte 19 % zu tragen.

Der Berufungswert wird auf 15.833,33 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

Wegen der Begründung im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Ausführungen in dem Hinweisbeschluss des Senats vom 13.4.2010, denen die Klägerin nicht mehr entgegen getreten ist.

Auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO sind erfüllt. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 96 ZPO in entsprechender Anwendung, 92 Abs. 1 ZPO.

Die Frage, welche Partei im Falle einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO die Kosten der dadurch gem. § 524 Abs. 4 ZPO wirkungslos gewordenen Anschlussberufung zu tragen hat, ist in der Rechtsprechung der OLG umstritten; der BGH hat die Entscheidung dieser Frage bis dato offen gelassen (z.B. NJW-RR 2006, 1147 - 1148).

Ein, teilweise (vgl. OLG Schleswig MDR 2009, 532; OLG Köln FamRZ 2010, 224 - 225) als herrschende Meinung bezeichneter Teil der OLG vertritt unter Bezugnahme auf die -allerdings zu den Kosten einer wegen Nichtannahme der Revision wirkungslos gewordenen Anschlussrevision ergangene- Entscheidung des großen Senats für Zivilrecht beim BGH vom 11.3.1981 (BGHZ 80, 146 - 153) die Ansicht, im Fall der Zurückweisung der Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO seien die Kosten des Berufungsverfahrens im Verhältnis des Wertes von Berufung und Anschlussberufung zu quoteln (so z.B. OLG Celle MDR 2005, 1017 - 1018; NJW 2003, 2755 - 2756; OLG Stuttgart MDR 2009, 585; OLG Köln, a.a.O.; OLG Schleswig, a.a.O.; KG, 7. Zivilsenat, Beschluss vom 26.2.2010 zu 7 U 100/09, zitiert nach juris).

Ein anderer Teil der OLG legt dagegen im Falle der Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO dem Berufungskläger die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Anschlussberufung auf, wobei teilweise auf die Vergleichbarkeit mit dem Fall der Berufungsrücknahme (OLG Frankfurt - OLGReport Frankfurt 2006, 1095 - 1096; OLG Köln - OLGReport Köln 2009, 496; KG, Beschluss vom 28.7.2009 zu 12 U 169/08, zitiert nach juris; OLG Zweibrücken FamRZ 2010, 399 - 400) und teilweise darauf abgestellt wird, dass die Anschlussberufung sich nicht als eigenständiges Rechtsmittel i.S.d. § 97 ZPO darstelle (OLG Bremen MDR 2008, 1306 - 1307; KG, Beschluss vom 21.9.2009 zu 23 U 8/09, zitiert nach juris).

Der Senat schließt sich der erstgenannten Auffassung an, da sich nur diese mit den geltenden Kostenregelungen vereinbaren lässt.

Auf eine Vergleichbarkeit der Zurückweisung der Berufung durch Beschluss mit einer Zurück-nahme der Berufung kann schon deshalb nicht abgestellt werden, weil die Kostenfolge für die Fälle der Berufungsrücknahme in § 516 Abs. 3 ZPO eine eigenständige Regelung erfahren hat. Diese Sonderregelung kann jedoch im Rahmen einer Entscheidung über die Berufung nach

§ 522 Abs. 2 ZPO keine, auch keine entsprechende Anwendung finden; dass der Bundesge-richtshof (BGH NJW-RR 2006, 1147 - 1148) für den Anwendungsbereich des § 516 Abs. 3 ZPO entschieden hat, dass die durch den Berufungskläger zu tragenden Kosten des Berufungsver-fahrens auch die einer durch die Zurücknahme der Berufung unwirksam gewordenen Anschluss-berufung einschließen, vermag daran nichts zu ändern.

Somit bleibt es im Rahmen einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO bei der Anwendbarkeit der allgemeinen Regelungen zur Kostentragung im Zivilprozess (§§ 91 ff. ZPO). Nach diesen Normen haben die Parteien die Kosten des Berufungsverfahrens anteilig nach ihrem Obsiegen und Unterliegen zu tragen; gem. § 96 ZPO trägt derjenige, der erfolglos ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht hat, die dadurch verursachten Kosten.

Die Anschlussberufung ist, obwohl sie gem. § 524 Abs. 4 ZPO von dem Bestand der Hauptberufung abhängig ist, ein eigenständiges Angriffsmittel. Wenn auch der Berufungsbeklagte mit seiner Anschließung kein Rechtsmittel im eigentlichen Sinne einlegt, sondern lediglich von der ihm gesetzlich eingeräumten Befugnis Gebrauch macht, in dem durch das Hauptrech...

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