Entscheidungsstichwort (Thema)

Abänderung gem. § 36 Abs. 1 EGZPO bei langer Ehedauer und langjähriger Unterhaltszahlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Keine Entscheidung im Prozesskostenhilfeverfahren über Gleichrangigkeit von Ehefrauen aufgrund langer Ehe (hier 21 und 12 Jahre).

2. Auch bei langer Ehedauer und langjähriger Unterhaltszahlung kann Abänderung gem. § 36 Abs. 1 EGZPO grundsätzlich zumutbar sein.

 

Normenkette

EGZPO § 36 Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 01.04.2008; Aktenzeichen 150 F 2985/08)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 1.4.2008 geändert:

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit er in Abänderung des Urteils des KG vom 26.1.2001 eine Reduzierung der Unterhaltszahlung an die Antragsgegnerin auf 200 EUR monatlich ab Rechtshängigkeit der Klage begehrt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Dem Antragsteller wird im Umfang der Prozesskostenhilfebewilligung Rechtsanwalt ... beigeordnet. Im Hinblick auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse werden monatliche Raten von 95 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine Abänderungsklage, mit dem Ziel festzustellen, dass er der Antragsgegnerin ab dem 1.2.2008 keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet.

Der am 17.1.1930 geborene Antragsteller und die am 8.5.1937 geborene Antragsgegnerin schlossen im Februar 1957 die Ehe. Die Ehe wurde im November 1979 geschieden, die Scheidung ist seit dem 7.3.1980 rechtskräftig. Der Antragsteller hat fortlaufend nachehelichen Unterhalt gezahlt. Zuletzt ist durch Urteil des KG vom 26.1.2001 ein am 11.1.1996 vor dem OLG Bamberg geschlossener Vergleich dahingehend geändert worden, dass der hiesige Antragsteller ab Juli 1999 einen monatlichen Unterhalt von 751,39 DM (= 384,18 EUR) zu zahlen hat. Grundlage dieser Unterhaltsverpflichtung waren die Rentenbezüge des Antragstellers (BfA (jetzt DRVB) und VBL) sowie die Rente der Antragsgegnerin, die um gesetzliche Rentensteigerungen erhöht worden ist, sowie eine weitere fiktive Rente von 100 DM berechnet auf das Jahr 1996, die ebenfalls angepasst worden ist. Ferner wurde auf Seiten der Antragsgegnerin ein Wohnwertvorteil von 800 DM berücksichtigt. Der Antragsteller ist seit 8.11.1996 erneut verheiratet.

Mit einer Abänderungsklage vom 12.10.2004 (AG Tempelhof-Kreuzberg - 150 F 15014/04) begehrte der Antragsteller die Feststellung, dass er in Abänderung des Urteils des KG keinen Unterhalt mehr schulde. In diesem Verfahren machte der Antragsteller geltend, dass er nach der Ehescheidung einen Karrieresprung gemacht habe, weil er im Juni 1983 von der Gehaltsgruppe BAT IVb in BAT III eingruppiert worden sei, und daher seine Rente nicht in vollem Umfang bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt werden könne. Mit Urteil des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 2.11.2005 ist die Abänderungsklage abgewiesen worden. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Einwand des Karrieresprungs präkludiert sei, eine mögliche Unterhaltspflicht der zweiten Ehefrau nicht berücksichtigt werden könne, da diese nachrangig sei und eine Berechnung der Einkommensdifferenz einen rechnerischen Unterhaltsanspruch von nur noch 314 EUR ergebe, aber auch auf Seiten des hiesigen Antragstellers nunmehr ein Wohnwertvorteil zu berücksichtigen sei, so dass er in jedem Fall den titulierten Unterhalt zu leisten habe. Dieses Urteil ist nach Rücknahme der Berufung rechtskräftig geworden.

Nunmehr begründet der Antragsteller seine Abänderungsklage damit, dass die Antragsgegnerin aufgrund der in § 1569 BGB n.F. normierten Eigenverantwortung für ihren Unterhalt selbst zu sorgen habe. Ehebedingte Nachteile seien durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen worden, weitere ehebedingte Nachteile seien nicht gegeben. Zudem sei aufgrund der Gesetzesänderung der nicht eheprägende Karrieresprung nunmehr zu berücksichtigen. Ferner sei seine Ehefrau mit der Antragsgegnerin gleichrangig. Diese habe ebenfalls einen Unterhaltsanspruch, weil sie ohne Einkommen sei, noch nicht das Rentenalter erreicht habe und wegen des Einkommens des Antragstellers keine staatlichen Transferleistungen beziehe. Die Antragsgegnerin verfüge mit der Unterhaltsleistung über ein höheres Einkommen als er, der davon noch die Ehefrau zu unterhalten habe. Im Übrigen sei der Unterhaltsanspruch gem. § 1578b BGB wegen Unbilligkeit herabzusetzen und zeitlich zu begrenzen.

Die Antragsgegnerin ist der beabsichtigten Klage entgegengetreten und behauptet, dass sie an den Folgen einer Krebserkrankung leide. Ein Wohnwert könne nicht mehr auf ihrer Seite einkommenserhöhend berücksichtigt werden, da das Haus in den 50iger Jahren vom Antragsteller in Eigenleistung errichtet worden sei und die nicht fachmännische Ausführung nicht mehr zu sanieren sei. Das Haus sei aufgrund diverser Mängel nicht mehr vermietbar.

Mit Beschluss vom 1.4.2008 hat das AG Tempelhof-Kreuzberg Prozesskos-tenhilfe mangels Erfolgsaussicht für die Klage...

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