Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.10.2001 – … – wird aufgehoben.
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antrag auf Bestellung zum Notar unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der weiter gehende Antrag wird zurückgewiesen.
2. Die Antragsgegnerin wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, eine der im Amtsblatt für Berlin vom 31.3.2000 (ABl. S. 1091) ausgeschriebenen Notarstellen bis zur Neubescheidung des Antrags freizuhalten.
3. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller 2/3 seiner Auslagen zu erstatten.
4. Der Wert der Hauptsache wird auf 51.129,19 Euro (100.000 DM) festgesetzt, der Wert des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz beträgt 10.225,84 Euro (20.000 DM).
Gründe
A. Der 1962 geborene Antragsteller wurde im September 1990 zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt bei dem AG und LG Freiburg i.Br. zugelassen.
In der Zeit vom 3.8.1992 bis zum 31.12.1995 war der Antragsteller im Rahmen des „Anwaltsprojekts II” des Bundesministeriums für Justiz (Einsatz von Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen zur beschleunigten Abwicklung offener Vermögensfragen bei Landkreisen und kreisfreien Städten in den neuen Ländern) auf der Grundlage von Honorarverträgen beim Landkreis Elbe-Elster in Brandenburg (vormals: Landkreis Finsterwalde) tätig. Im März 1993 hatte der Antragsteller seine im Oktober 1991 begonnene Dissertation zur Begutachtung eingereicht; das Rigorosum fand im März 1994 statt.
Seit Mai 1996 ist der Antragsteller als Rechtsanwalt bei dem LG Berlin und dem Kammergericht zugelassen.
Der Antragsteller hat sich um eine der im Amtsblatt für Berlin vom 31.3.2000 (ABl. S. 1091) ausgeschriebenen 60 Notarstellen beworben. Mit Bescheid vom 25.10.2001 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt sei, die zu besetzenden Notarstellen anderen Bewerbern zu übertragen. Seine fachliche Eignung sei mit 99,65 Punkten zu bewerten, wobei die Tätigkeit beim Landkreis Elbe-Elster in der Zeit von August 1992 bis Dezember 1995 nicht als hauptberufliche Anwaltstätigkeit angerechnet worden sei. Die in der Besetzungsliste auf den Plätzen 1 bis 60 geführten Bewerberinnen und Bewerber hätten Punktzahlen von 123,45 (Rang 1) bis 100,35 (Rang 60) Punkten erreicht.
Gegen diesen, ihm am 29.10.2001 zugestellten Bescheid wendet sich der Antragsteller mit seinem am 10.11.2001 eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung.
Er hält es für rechtsfehlerhaft, dass seine Anwaltstätigkeit im Anstellungsverhältnis in den Jahren 1992 bis 1995 bei der Bewertung seiner fachlichen Eignung unberücksichtigt geblieben ist. Bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 6 BNotO am Maßstab von Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG müsse die Tätigkeit als Syndikusanwalt als hauptberufliche Rechtsanwaltstätigkeit i.S.d. § 6 Abs. 3 BNotO angesehen werden. Er sei für den Landkreis rechtsberatend und -vertretend in einer Weise tätig gewesen, wie sich auch niedergelassene Rechtsanwälte betätigten. Dass diese Berufserfahrung bei der Notarzulassung nur deshalb außer Betracht bleibe, weil sie im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses gewonnen sei, lasse sich nicht nachvollziehbar begründen. Bei einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst, dem der Notarstatus im Übrigen angenähert sei, wirke sich das Anstellungsverhältnis letztlich nur dahin aus, dass ein Gehalt vom Staat bezogen, vor den Gerichten keine Robe getragen und als Adresse diejenige der Behörde genannt werde. Die anwaltliche Unabhängigkeit des Syndikusanwalts sei durch die nach der Rspr. zu § 7 Nr. 8 BRAO erforderliche Arbeitgebererlaubnis gesichert, wonach im Dienstvertrag die Erlaubnis zur weisungsfreien Erledigung anwaltlicher Geschäfte vereinbart sein müsse. Syndikusanwälte könnten für ihren Arbeitgeber als Rechtsanwalt auftreten, und in der Praxis würde ihnen auch bezüglich ihrer Tätigkeit beim Arbeitgeber ein Zeugnisverweigerungs- und Beschlagnahmeprivileg eingeräumt. Tatsächlich sei der finanziell abgesicherte Syndikusanwalt häufig wesentlich freier als mancher niedergelassene Rechtsanwalt. Der Anwaltssenat des BGH habe konsequenterweise seine bisherige Rspr. geändert und es von Verfassungs wegen für erforderlich gehalten, die Tätigkeit als Syndikusanwalt bei der Fachanwaltszulassung zu berücksichtigen. Nichts anderes könne für die Notarzulassung gelten.
Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass er die Tätigkeit im Landkreis Elbe-Elster auf Veranlassung des Bundesjustizministeriums und der Bundesrechtsanwaltskammer ausgeübt habe. Es ginge nicht an, Rechtsanwälte einerseits zu einer Tätigkeit in den Vermögensämtern der neuen Länder aufzufordern und sie andererseits bei der Notarzulassung zu benachteiligen. Richtig wäre es vielmehr gewesen, diejenigen zu privilegieren, die sich den staatlichen Stellen zur Verfügung gestellt hätten.
Schließlich habe er glaubhaft gemacht, dass er neben seiner Vollzeitbeschäftigung in ...