Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 29.06.2017; Aktenzeichen (302 OWi) 3024 Js-OWi 248/17 (25/17)) |
Tenor
Auf den Antrag des Betroffenen wird die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 29. Juni 2017 zugelassen.
Auf die Rechtsbeschwerde wird das vorgenannte Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Tiergarten zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Polizeipräsident in Berlin hat gegen den Betroffenen durch Bußgeldbescheid vom 24. Oktober 2016 wegen fahrlässigen Parkens vor einer Grundstücksein- und -ausfahrt - mit Behinderung der Ein- und Ausfahrenden - eine Geldbuße von 15,- Euro verhängt. Der Betroffene hat hiergegen form- und fristgerecht Einspruch eingelegt. Nach Abgabe durch die Amtsanwaltschaft Berlin hat das Amtsgericht Tiergarten in Berlin unter Ladung des Betroffenen Termin zur Hauptverhandlung für den 29. Juni 2017 anberaumt, woraufhin der Betroffene mit bei Gericht am Vormittag des Hauptverhandlungstages eingegangenem Schriftsatz die Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung beantragt hat. Zur Begründung hat er ausgeführt, er werde in der Hauptverhandlung keine Angaben zur Sache tätigen. In der Hauptverhandlung hat das Gericht den Entbindungsantrag des Betroffenen mit der Begründung abgelehnt, seine Anwesenheit erscheine zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhaltes, nämlich zur Klärung der Frage der Fahrereigenschaft des Betroffenen, erforderlich. Nachdem zum Hauptverhandlungstermin weder der Betroffene noch für ihn ein Verteidiger erschienen war, hat das Amtsgericht den Einspruch des Betroffenen mit dem angefochtenen Urteil gemäß § 74 Abs. 2 OWiG mit der Begründung verworfen, der Betroffene sei trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne genügende Entschuldigung der Hauptverhandlung ferngeblieben. Das Urteil hat das Amtsgericht dem Betroffenen am 14. Juli 2017 zugestellt. Mit beim Amtsgericht am 20. Juli 2017 eingegangenen Schriftsatz hat der Betroffenen ein als "Rekurs" bezeichneten Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt. Mit unterzeichnetem Verteidigerschriftsatz, eingegangen beim Amtsgericht am 21. August 2017, hat der Betroffene das Rechtsmittel begründet und die Verletzung formellen sowie materiellen Rechts gerügt, wobei er insbesondere auf die Versagung rechtlichen Gehörs abstellt. Er hat in dem Begründungsschriftsatz beantragt, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, das angefochtene Urteil mitsamt seinen Feststellungen aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Hilfsweise hat er ferner beantragt, ihm "Wiedereinsetzung in die Versäumung der Hauptverhandlung" zu gewähren. Mit Beschluss vom 5. September 2017 hat das Amtsgericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet verworfen. Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht Berlin diesen Beschluss am 5. Oktober 2017 aufgehoben. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat beantragt, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, auf die Rechtsbeschwerde das angefochtene Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Tiergarten zurückzuverweisen.
Der Zulassungsantrag und die Rechtsbeschwerde haben (vorläufigen) Erfolg.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG zuzulassen, weil es geboten ist, das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Entsprechend kann der Rechtsbeschwerde der (vorläufige) Erfolg nicht versagt werden.
a) Die Verfahrensrüge, das Amtsgericht habe dem Antrag des Betroffenen, ihn gemäß § 73 Abs. 2 OWiG von der gesetzlichen Pflicht zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden, zu Unrecht nicht entsprochen und daher durch die Verwerfung seines Einspruchs gemäß § 74 Abs. 2 OWiG seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, ist zulässig und insbesondere ordnungsgemäß ausgeführt.
Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist mit der Verfahrensrüge geltend zu machen. Nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 80 Abs. 3 Satz 3, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG muss die Rechtsmittelbegründung die den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen angeben, sodass das Gericht allein aufgrund der Beschwerdeschrift prüfen kann, ob für den Fall, dass das Beschwerdevorbringen zutrifft, ein Verfahrensmangel vorliegt (vgl. OLG Hamm NZV 2010, 214; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 60. Aufl., § 344 Rn. 20, 21). Es muss in der Begründungsschrift durch entsprechenden Tatsachenvortrag schlüssig dargelegt werden, aus welchen Gründen das Amtsgericht dem Entbindungsantrag nach § 73 Abs. 2 OWiG hätte stattgeben müssen, wobei grundsätzlich eine genaue Darlegung der Einzelumstände erforderlich ist (vgl. Seitz/Bauer in Göhler, OWiG 17. Aufl., § 74 Rn. 48b).
Die Rechtmittelbegründungsschrift enthält die notwendigen Darlegungen. So hat der Betroffene insbesonde...