Leitsatz (amtlich)
1. Zum äußerungsrechtlichen Unterlassungsanspruch eines Trägers öffentlicher Gewalt (hier: Regierender Bürgermeister von Berlin).
2. Zum Wegfall der Wiederholungsgefahr beim Unterlassungsanspruch nach Richtigstellung.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 15.12.2009; Aktenzeichen 27 O 1158/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde vom 16.12.2009 gegen den Beschluss des LG Berlin vom 15.12.2009 (Az. 27 O 1158/09) wird auf Kosten des Antragstellers bei einem Beschwerdewert von 10.000 EUR zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Er begehrt weiterhin die Untersagung der Veröffentlichung bzw. Verbreitung durch die Antragsgegnerin hinsichtlich der Aussage:
"W. will im Haushalt mehr Geld für seine Dienstreisen"
Das LG hat die Zurückweisung darauf gestützt, dass die "beanstandete Rechtsverletzung nicht geeignet (sei), das Ansehen des Antragstellers, der hier nicht als Privatperson, sondern in seiner Funktion als Bürgermeister betroffen sei, in gravierender Weise zu beeinträchtigen, zumal die Antragsgegnerin eine Richtigstellung verbreitet hat". Es könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Antragsteller den Sachverhalt über seine Pressestelle hätte richtig stellen können und aufgrund der Richtigstellung durch die Antragsgegnerin die "Öffentlichkeit über den richtigen Sachverhalt informiert worden ist".
II. Die nach §§ 567 Abs. 1, 922 Abs. 2, 936 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das LG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Recht zurückgewiesen.
1. Der Vortrag des Antragstellers belegt keine Rechtsverletzung, auf die der Antragsteller einen Unterlassungsanspruch stützen könnte.
a) Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich - unabhängig davon, ob der Staat öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich tätig wird - nicht auf den Grundrechtsschutz berufen (BVerfGE 21, 362 ff. = NJW 1967, 1411 ff. zu Tz. 23 ff.; VerfGH Berlin NJW 2008, 3491 ff. zu Tz. 24; VerfGH Berlin DÖV 2005, 515 ff. zu Tz. 22 ff.). Sie können jedoch den aus § 823 BGB folgenden zivilrechtlichen Ehrenschutz in Anspruch nehmen, soweit sie sich gegen Äußerungen richten, durch die ihr Ruf in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabgesetzt wird. Zwar haben sie weder eine "persönliche" Ehre noch können sie wie eine natürliche Person Träger des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sein; sie genießen jedoch im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben - wie § 194 Abs. 3 S. 2 StGB belegt - strafrechtlichen Ehrenschutz, der über §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff. StGB zivilrechtliche Unterlassungsansprüche begründen kann (BGH NJW 2009, 915 ff. zu Tz. 9). Dabei ist zu beachten, dass eine Behörde gerade in aller Regel nicht annähernd in gleicher Weise wie Privatpersonen mehr oder weniger wehrlos Presseveröffentlichungen ausgesetzt ist und in einem grundsätzlich anderen Spannungsverhältnis zur Institution der Presse im freiheitlich demokratischen Rechtsstaat steht (VerfGH Berlin NJW 2008, 3491 ff. zu Tz. 25).
b) Der Regierende Bürgermeister von Berlin ist als staatliches Organ, das in der Verfassung von Berlin mit eigenen Rechten ausgestattet ist (Art. 55, 58 VvB), selbst Träger hoheitlicher Befugnisse. Die Träger der Staatsgewalt können sich jedoch unabhängig von der konkreten Organisationsform nicht auf Grundrechte als eigene subjektive Rechte berufen (BVerfGE 21, 362 ff. zu Tz. 24; VerfGH Berlin DÖV 2005, 515 ff. zu Tz. 22, 24; Senat vom 13.2.2008 zu 9 W 18/08).
Zutreffend geht das LG von der Erwägung aus, dass der Antragsteller nicht als Privatperson von der Berichterstattung betroffen ist, sondern als Bürgermeister - mithin in Ausübung seiner amtlichen Funktion. Soweit die Beschwerde vorbringt, der Antragsteller sei durch die Berichterstattung als Privatperson - wie "jede andere natürliche Person auch" - von der unzutreffenden Darstellung betroffen, geht dies fehl. Auch juristische Personen handeln - rein körperlich - stets durch ihre Organe. Eine Äußerung über solches amtliches Verhalten betrifft diese jedoch nicht als Privatperson, sondern allein als Amtsträger. Die hier in Rede stehende Berichterstattung bezieht sich auf die Zuweisung von Finanzmitteln im öffentlichen Haushalt (vgl. Art. 85 Abs. 1 S. 1, 86 Abs. 1 und 2 VvB) und betrifft angesichts des angesprochenen Umfangs der Dienstreisen allein die berufliche Sphäre des Antragstellers. Die vom Antragsteller angenommene Unterscheidung zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts wie dem Land Berlin und dem Antragsteller als "Einzelperson" überzeugt nicht.
Inwieweit der Antragsteller über den beruflichen Alltag hinaus überhaupt von der Erklärung betroffen und durch angeblich negative Folgen belastet sein will, bringt die Beschwerde nicht vor. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung spricht folgerichtig auch von einem "Auftrag der Senatskanzlei für den Regierenden Bürgermeister un...