Leitsatz (amtlich)
1. Die für eine Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch erforderliche Trennbarkeit von Schuld- und Straffrage ist gegeben, wenn das Amtsgericht das Regelbeispiel des gewerbsmäßigen Handeltreibens angenommen, zu der die Gewerbsmäßigkeit begründenden Absicht des Angeklagten, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen, aber keine Feststellungen getroffen hat. Fehlen entsprechende Feststellungen vollständig, besteht keine Gefahr von Widersprüchen, wenn die Feststellungen durch das Berufungsgericht getroffen werden und das engere Tatgeschehen nicht verändert wird.
2. Von genaueren Feststellungen zum Wirkstoffgehalt eines Betäubungsmittels darf ausnahmsweise dann abgesehen werden, wenn tatbestandliche Voraussetzungen - wie das Vorliegen einer nicht geringen Menge im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG - nicht in Frage stehen und wenn es ausgeschlossen ist, dass eine genaue Angabe des Wirkstoffgehaltes das Strafmaß zugunsten des Angeklagten beeinflussen kann (vergleiche BGH, Urteil vom 25. April 1990, 3 StR 57/90, juris Rn. 4; OLG Hamburg, Urteile vom 12. Juni 2002, II-19/02 - 1 Ss 25/02, juris Rn. 11 und 23. März 2007, 3 - 4/07 (REV) - 1 Ss 5/07, juris Rn. 19). Hier: Besitz von 6,079 g und Handeltreiben mit 2,607 g Marihuana.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 06.09.2016; Aktenzeichen (564) 273 Js 6393/15 Ns (57/15)) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 6. September 2016 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben
a) im Rechtsfolgenausspruch im Fall I. 3. der Urteilsgründe,
b) im Gesamtstrafenausspruch,
c) im Ausspruch über den erweiterten Verfall (des Wertersatzes); diese Anordnung entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt (Einzelstrafen: Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10,00 Euro, Freiheitsstrafen von sechs Monaten und einem Jahr) sowie den Verfall von 10 Euro als Wertersatz und den erweiterten Verfall von 30 Euro angeordnet. Hiergegen hat der Angeklagte Berufung eingelegt, die er auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat.
Das Landgericht ist von einer wirksamen Berufungsbeschränkung ausgegangen und hat die Berufung verworfen.
Gegen das landgerichtliche Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner zulässigen Revision und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg.
1. Das Landgericht ist zutreffend von einer wirksamen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch (§ 318 Satz 1 StPO) ausgegangen, was das Revisionsgericht auf die Sachrüge von Amts wegen und ohne Bindung an die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts prüft (vgl. BGH, Beschluss vom 30. November 1976 - 1 StR 319/76 -, BGHSt 27, 70-73, juris Rn. 7; KG, Urteil vom 18. Februar 2013 - [4] 1 Ss 281/12 [341/12] -, juris Rn. 4; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 59. Auflage, § 318 Rn. 33, § 352 Rn. 4).
a) Die dem Rechtsmittelberechtigten in § 318 Satz 1 StPO eingeräumte Verfügungsmacht über den Umfang der Anfechtung gebietet es, den in den Rechtsmittelerklärungen zum Ausdruck kommenden Gestaltungswillen im Rahmen des rechtlich Möglichen zu respektieren (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2001 - 4 StR 306/00 -, BGHSt 47, 32-39, juris Rn. 19; KG, Beschluss vom 4. Januar 2012 - [4] 1 Ss 466/11 [322/11] -, juris Rn. 10). Bilden die tatrichterlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils eine (noch) hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung, so ist die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch daher wirksam (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 59. Auflage, § 318 Rn. 16 m. w. N.). Somit führt nicht jeder Mangel des infolge der Beschränkung grundsätzlich in Rechtskraft erwachsenden Teils des Urteils, insbesondere auch nicht jede Lücke in den Schuldfeststellungen, zur Unwirksamkeit der Beschränkung. Das gilt auch, wenn infolge der Unvollständigkeit die Feststellungen für die erneut vorzunehmende Strafzumessung zu ergänzen sind, solange die neu zu treffenden Feststellungen den bindend gewordenen nicht widersprechen und der Schuldspruch als solcher davon nicht betroffen sein kann (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 18. März 2013 - 2 Ss 150/12 -, juris Rn. 23; KG, Beschlüsse vom 21. Februar 2012 - [4] 121 Ss 32/12 [45/12] -, juris Rn. 7, und 27. August 2013 - [4] 161 Ss 101/13 [116/13] -, juris Rn. 4). Nach diesen Grundsätzen ist die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam.
b) Dem steht nicht entgegen, dass das angefochtene Urteil keine Angaben zum Wirkstoffg...